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Zeitschrift Heft 06/08

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Wirtschaftlichkeit contra Hygiene?<br />

Regenwassernutzung im Krankenhaus<br />

Von Klaus W. König, Überlingen<br />

Tarifabschluss mit steigenden Löhnen für Klinikärzte, abnehmende<br />

Leistungen der Krankenkassen, abnehmende<br />

Belegungszahlen und zunehmende Investitionen für medizinisches<br />

Gerät – der Kostendruck, dem Krankenhäuser ausgesetzt<br />

sind, wächst stetig. Ob kommunal oder privat, die Träger<br />

beleuchten vorrangig Betriebskosten, speziell für Energie und<br />

Wasser. Regenwassernutzung birgt meist ein doppeltes Einsparpotential.<br />

Mit Inkrafttreten der aktuellen Trinkwasserverordnung am<br />

01.01.2003, die übereinstimmend mit der DIN 1989-1 vom<br />

April 2002 die Regenwassernutzung im Gebäude für Toilettenspülung,<br />

Wäschewaschen und Garten zulässt, ist auch die<br />

Hygienediskussion verebbt. „Als das Thema in den 90er Jahren<br />

noch in aller Munde war, die Anwendung im Haus noch<br />

umstritten, haben wir nicht viel weniger Anlagen verkauft als<br />

heute“, stellt Klaus Kissel von der WISY AG in Kefenrod fest.<br />

Weitere Gründe für die starke Nachfrage waren sicher-lich<br />

auch, dass noch ein Vielfaches an Eigenheimen erstellt wurde<br />

und dass das Land Hessen, vor der Ära Koch, von 1992 bis<br />

1996 Regenwassernutzung landesweit bezuschusst hat.<br />

Priv. Doz. Dr. rer. nat.<br />

Reinhard Holländer<br />

Als Mikrobiologe und Hygieniker<br />

war er Direktor des Institutes für<br />

Allgemeine Hygiene, Krankenhaushygiene<br />

und Umwelthygiene<br />

am Klinikum Bremen Mitte. Sowohl<br />

aus persönlichem Interesse als<br />

auch aus beruflichen Gründen liegen<br />

ihm Fragen zur Hygiene bei der<br />

Nutzung von Regenwasser nahe, die er in verschiedenen<br />

Publikationen [2] und zahlreichen Vorträgen zu beantworten<br />

versuchte. PD Dr. Holländer wurde 1976 promoviert und<br />

1984 für das Fach Mikrobiologie habilitiert.<br />

Regenwassernutzung und Hygiene<br />

„In unserer High-Tec-Gesellschaft scheint die Nutzung<br />

von Regenwasser ein Anachronismus zu sein. Doch es<br />

gibt eine Vielzahl von Gründen, die Technologie, die vielerorts<br />

in Vergessenheit geraten ist, wieder aufleben zu<br />

lassen und die natürlichen Wasserressourcen zu nutzen.<br />

Dabei werden oft die Argumente einer hygienischen Bedenklichkeit<br />

bei solcher Nutzung geäußert, aus der historischen<br />

Furcht vor der Verbreitung wasserbedingter Seuchen,<br />

die mit Typhus, Cholera oder Ruhr verknüpft wird.<br />

Sicherlich werden solche Argumente auch vorgeschoben,<br />

um gewisse kommerzielle Interessen zu wahren. Wasserbedingte<br />

Seuchen aber, wie sie bei uns aus vergangenen<br />

Jahrhunderten bekannt sind, sind in der von hohem Hygienestandard<br />

geprägten heutigen Gesellschaft wegen der<br />

strikten Trennung unseres Trinkwasser- und Abwassersystems,<br />

nicht zu befürchten. Bei sachgemäßer Installation<br />

und Nutzung einer Regenwassersammelanlage nach DIN<br />

1989 sind die Befürchtungen eines gesundheitlichen Risikos<br />

nicht begründet, wie uns auch Tausende von Anlagen<br />

und deren Nutzer täglich beweisen.“ [3]<br />

Klinikum Bad Hersfeld<br />

Das Klinikum hat im Jahr 1995, damals noch als Kreiskrankenhaus,<br />

von der hessischen Landesförderung profitiert und<br />

in einem 1. Bauabschnitt eine Regenwassernutzungsanlage<br />

eingebaut, die 2001 und 20<strong>08</strong> erweitert wurde. Heute sind<br />

unter einem Dach 15 Kliniken zusammengefasst. Die Technik-<br />

Abteilung, nicht nur für die Beschaffung und Instandhaltung<br />

zuständig, zeichnet auch verantwortlich für die bereits zum<br />

6. Mal veröffentlichte Umwelterklärung. [1]<br />

Wasserbedarf<br />

Umweltmanagementbeauftragter des Klinikums Bad Hersfeld<br />

ist Heiko Kohlrenken: „Unser Gesamtwasserverbrauch<br />

ist in den letzten 5 Jahren von 3,18 m³ pro Fall (stationär untergebrachter<br />

Patient) auf 2,67 m³ gesunken.“ Bereits 1995<br />

wurde in einem ersten Bauabschnitt das Regenwasser für<br />

die Bewässerung der Außenanlagen genutzt. Darüber hinaus<br />

werden ein Springbrunnen und ein Teich mit dem Wasser aus<br />

den Zisternen versorgt. Seit 2001 sind 71 Toiletten an Regenwasser<br />

angeschlossen. Im laufenden Jahr 20<strong>08</strong> sollen nochmals<br />

40 Toiletten für 140 Betten im südlichen Bettenhaus mit<br />

Regenwasser versorgt werden. Das bringt weitere 1.613 m³<br />

Einsparung pro Jahr. Kalkuliert sind pro Bett 4 Spülungen am<br />

Tag mit 8 Liter an 360 Tagen im Jahr.<br />

Besonders effektiv, ohne die Einsparung auf den Euro genau<br />

beziffern zu können, ist laut Kohlrenken die Kühlung von Vakuumpumpen<br />

für die Sterilisation. Im geschlossenen Kreislauf<br />

wird das Kühlwasser über die Zisternen geschickt, dabei wird<br />

regelmäßig 20 % des Kühlwassers erneuert. So können 11-<br />

12 m³ Trinkwasser täglich, bzw. 4.000 m³ jährlich einschließlich<br />

Enthärtung gespart werden durch den Einsatz von ca.<br />

1.107 m³ weichem Regenwasser. Für 20<strong>08</strong> werden Teich und<br />

Bewässerung mit 40 m³ und die Toilettenspülung mit 1801 m³<br />

jährlichem Bedarf veranschlagt. Dann hat die Regenwassernutzung<br />

ein Volumen von 2.948 m³. Gemessen wurden 2.564<br />

m³ im Jahr 2007. Bei 384 m³ Trinkwasser-Nachspeisung in<br />

Trockenzeiten bleiben 2.180 m³ genutzter Regenertrag.<br />

Gegenüber dem Trinkwasserbedarf 1992 mit ca. 80.000 m³<br />

sind aktuell nur noch ca. 60.000 m³ in den damals betrach-<br />

Bakterien haben keine Chance<br />

Die vorgesehene Art der Verwendung bestimmt den Anspruch,<br />

der an die Betriebswasserqualität zu stellen ist. Für<br />

Gartenbewässerung, Toilettenspülung und das Waschen<br />

der Wäsche gibt es keine Grenzwerte. Die Qualität des<br />

Zisternenwassers ist ausreichend, wenn die Anlage nach<br />

dem Stand der Technik gemäß DIN 1989 gebaut wurde.<br />

Dort ist auch die absolute Trennung von Trink- und Regenwasserinstallation<br />

vorgeschrieben. Eine Aufbereitung oder<br />

Desinfektion von gesammeltem Regenwasser ist aus ökologischen<br />

und ökonomischen Gründen nicht wünschenswert<br />

und im Normalfall auch nicht erforderlich. Natürliche<br />

Prozesse und ein geringes Nährstoffangebot führen dazu,<br />

dass eingespülte Bakterien nur kurzzeitig in Zisternen vorhanden<br />

sind.<br />

Die festgestellte Konzentration lag deutlich unter den zulässigen<br />

Werten für Badegewässer. [4]<br />

Kommunalwirtschaft <strong>06</strong>/20<strong>08</strong> 413

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