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Akademiereport 2-06.pmd - Akademie für Politische Bildung Tutzing

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Prenzels Fazit: „In den letzten Jahren<br />

ist viel geschehen, aber es bleibt auch<br />

noch viel zu tun.“<br />

„Der Kragen platzt“ dem Präsidenten<br />

des Deutschen Lehrerverbands, Josef<br />

Kraus, angesichts des „PISA-Schwindels“<br />

(so sein Buchtitel). Nach seinem<br />

Urteil sind deutsche Schüler besser als<br />

ihr Ruf. Wir dokumentieren seinen<br />

Vortrag im Rahmen des Berichts über<br />

das <strong>Akademie</strong>gespräch auf Seite 18.<br />

Positives Selbstkonzept<br />

Über den neuen Stellenwert frühkindlicher<br />

Erziehung und Förderung sprach<br />

Wassilios E. Fthenakis. Der langjährige<br />

Leiter des Bayerischen Staatsinstituts<br />

<strong>für</strong> Frühpädagogik und Verfasser<br />

einschlägiger Studien kritisierte zunächst<br />

die Mängel des bisherigen <strong>Bildung</strong>ssystems:<br />

ein auf das Individuum<br />

zentriertes und de-kontextuelles <strong>Bildung</strong>sverständnis.<br />

International gibt es<br />

seit mehr als zehn Jahren eine Reformdiskussion,<br />

in Deutschland setzte sie<br />

langsam und verspätet ein – nach<br />

Fthenakis’ Meinung mit Sicherheit<br />

auch ein Grund <strong>für</strong> die unbefriedigende<br />

PISA-Platzierung. Im Mai 2004<br />

wurde von den zuständigen Landesministern<br />

ein Rahmenplan verabschiedet.<br />

Erste Bundesländer wie Hessen und<br />

Bayern haben inzwischen konkrete<br />

<strong>Bildung</strong>s- und Erziehungspläne <strong>für</strong> den<br />

Kindergarten auf den Weg gebracht.<br />

Die Ziele sind konsistent:<br />

• Starke Kinder (Gesundheit, Sport,<br />

Emotionalität)<br />

• Kommunikationsfreudige und medienkompetente<br />

Kinder (Sprache, Literatur,<br />

Medien)<br />

• Kinder als kreative und phantasievolle<br />

Künstler (Kunst, Musik und<br />

Tanz)<br />

• Kinder als aktive Lerner, Forscher<br />

und Entdecker (Mathematik, Naturwissenschaften,<br />

Technik)<br />

• Verantwortungsvoll und wertorientiert<br />

handelnde Kinder (Demokratie,<br />

Werteorientierung, Umwelt, Gesellschaft,<br />

Wirtschaft und Kultur).<br />

10<br />

Für Fthenakis gehört unbedingt die<br />

Stärkung kindlicher Basiskompetenzen<br />

und Ressourcen dazu. Die Stärkung eines<br />

positiven Selbstwertgefühls und<br />

die Entwicklung eines positives Selbstkonzeptes<br />

sind <strong>für</strong> ihn wichtige und unentbehrliche<br />

Grundlagen all dieser<br />

Bemühungen. Er sieht tief greifende<br />

Veränderungen unseres elementaren<br />

<strong>Bildung</strong>ssystems mit einer Verbindlichkeit<br />

<strong>für</strong> alle und einer demokratischen<br />

Zielentwicklung von unten nach<br />

Wassilios E. Fthenakis forderte das<br />

neue Profil eines Kinderpädagogen<br />

<strong>für</strong> Kinder von 0 bis zu 10 oder 12<br />

Jahren mit einheitlicher akademischer<br />

Ausbildung.<br />

oben. Fthenakis forderte das neue Profil<br />

eines Kinderpädagogen <strong>für</strong> die <strong>Bildung</strong><br />

und Erziehung von Kindern von<br />

0 bis zu 10 oder 12 Jahren mit einheitlicher<br />

akademischer Ausbildung einschließlich<br />

gleicher Bezahlung und<br />

Wertschätzung – allerdings nicht auf<br />

dem Niveau heutiger Kindergärtnerinnen,<br />

wie Heinrich Oberreuter be<strong>für</strong>chtete.<br />

Die Bamberger Grundschulpädagogin<br />

Gabriele Faust ergänzte das Kapitel<br />

„Pädagogische Notwendigkeiten“<br />

noch um das Stichwort „Differenzierung“.<br />

Faust sieht auf diesem Feld Verbesserungsbedarf<br />

– nicht zuletzt wegen<br />

zunehmender Heterogenität durch<br />

Migrantenkinder in den Schulen: „Differenzierung<br />

findet zu wenig statt und<br />

wenn überhaupt, dann in wenig wirksamer<br />

Qualität.“ Es gebe eine zu große<br />

Gruppe von Risikoschülern am un-<br />

teren Ende, eine zu schmale Spitze und<br />

Hinweise auf diagnostischen Nachholbedarf<br />

bei den Lehrerinnen und Lehrern.<br />

Ihre Untersuchungsergebnisse<br />

zeigen, dass eine hohe Diagnosekompetenz<br />

beim Lehrpersonal verbunden<br />

mit viel Strukturierung und Differen-<br />

Gabriele Faust: „Differenzierung<br />

findet zu wenig statt und wenn<br />

überhaupt, dann in wenig wirksamer<br />

Qualität.“<br />

zierung des Unterrichts zu einem hohen<br />

Lernerfolg führt. Man müsse Abschied<br />

nehmen vom Trugbild der Homogenität<br />

eines Jahrgangs und den damit<br />

verbundenen Jahrgangsklassen. In<br />

den Niederlanden gebe es durchaus 8-<br />

Jährige in der vierten Klasse. Dort habe<br />

man eine bessere Lesekompetenz und<br />

kleinere Risikogruppen.<br />

Eine weitere Forderung an die Schulpolitiker:<br />

ein jahrgangsübergreifender<br />

Schulanfang und halbjährliche Einschulungstermine.<br />

Ferner forderte die<br />

Pädagogin eine Berichtspflicht <strong>für</strong><br />

Schulen mit vielen Wiederholern und<br />

Belohnungen <strong>für</strong> Schulen mit wenigen<br />

Wiederholern.<br />

Sozialer Sprengstoff<br />

Für Ludwig Eckinger, den Vorsitzenden<br />

des Verbandes <strong>Bildung</strong> und Erziehung<br />

(VBE) und Vizepräsidenten des<br />

Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes<br />

(BLLV), stehen unausweichliche<br />

Kurskorrekturen in der<br />

�<br />

<strong>Akademie</strong>-Report 2/2006

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