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Akademiereport 2-06.pmd - Akademie für Politische Bildung Tutzing

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Die Vortragsreihe eröffnete der<br />

Kieler Professor Jost Delbrück<br />

mit einem Rückblick auf die<br />

Geschichte der Internationalen Gerichtsbarkeit.<br />

Ein erster historischer<br />

Beleg <strong>für</strong> die Verbindung eines Gewaltverbots<br />

und der Eröffnung gerichtlicher<br />

Streitbeilegung ist die<br />

Verkündung des „Ewigen<br />

Landfriedens“ und die Errichtung<br />

des Reichskammergerichts<br />

während des Wormser<br />

Reichstages von 1495. Neben<br />

zivilgesellschaftlichen Friedensbewegungen<br />

ist auf zwischenstaatlicher<br />

Ebene in der<br />

zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

eine zunehmende Bereitschaft<br />

der Staaten zu erkennen,<br />

internationale Konflikte<br />

mittels schiedsgerichtlicher<br />

und anderer Streitbeilegungsmechanismen<br />

zu lösen. Die<br />

Haager Konferenzen von 1899<br />

und 1907, die zwischen den<br />

damals wichtigsten Mächten<br />

geschlossen wurden, erzielten<br />

mit ihren kriegsvölkerrechtlichen<br />

Regelungen deutliche Erfolge<br />

auf dem Gebiet der friedlichen<br />

Streitbeilegung und bilden<br />

bis heute einen wichtigen<br />

Teil des humanitären Völkerrechts.<br />

Eine obligatorische<br />

Streitgerichtsbarkeit scheiterte<br />

indes unter anderem am Veto<br />

Deutschlands. Der „Haager<br />

Schiedsgerichtshof“ entschied<br />

bis heute lediglich 25 Fälle.<br />

<strong>Akademie</strong>-Report 2/2006<br />

Gerechtigkeit global<br />

Tagung fächert Facetten internationaler Gerichtsbarkeit auf<br />

„Justice is going global“, sagte Richter William Sekule aus Tansania<br />

bei der Verurteilung des Ex-Premierministers von Ruanda,<br />

Jean Kambanda. Dieser wurde vom UN-Ruanda-Tribunal<br />

im tansanischen Arusha 1998 wegen aktiver Beteiligung am Völkermord<br />

zu lebenslanger Haft verurteilt. Die <strong>Akademie</strong> untersuchte<br />

in ihrer Tagung die Frage, inwieweit Gerechtigkeit und<br />

internationale Gerichtsbarkeit 60 Jahre nach den Nürnberger<br />

Prozessen globalisiert sind. Immerhin gibt es etwa 120 internationale<br />

Gerichte – sechs herausragende wurden in dem Seminar<br />

vorgestellt.<br />

Schließlich ging der Internationale<br />

Gerichtshof, als höchstes Rechtssprechungsorgan<br />

der Vereinten Nationen,<br />

aus dem von 1922 bis 1946 bestehenden<br />

Ständigen Internationalen Gerichtshof<br />

hervor, der auf den Internationalen<br />

(Haager) Schiedsgerichtshof<br />

Vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den<br />

Haag werden Völkermord, Verbrechen gegen die<br />

Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verhandelt.<br />

aufbaute. Wie fragil dieser Fortschritt<br />

in eine rechtlich verfasste, internationale<br />

Gemeinschaft ist, zeigt sich nicht<br />

nur an den Widerständen gegen eine<br />

obligatorische internationale Gerichtsbarkeit,<br />

sondern auch an Rückfällen in<br />

zwischenstaatliche und innerstaatliche<br />

Gewalt.<br />

Karin Oellers-Frahm vom Max-<br />

Planck-Institut <strong>für</strong> ausländisches Recht<br />

und Völkerrecht referierte über den Internationalen<br />

Gerichtshof (IGH). Sie<br />

betonte, dass als Partei vor den IGH<br />

nur Staaten treten können, die sowohl<br />

die UN-Charta als auch das Statut des<br />

IGH anerkennen. Eine weitere Schwierigkeit<br />

ist die Durchsetzung der internationalen<br />

Urteile, da es ein übergeordnetes<br />

Durchsetzungsorgan nicht<br />

gibt. Letztlich liege der Erfolg<br />

und Misserfolg des Gerichts in<br />

der Art und Bedeutung der Fälle,<br />

die es beurteilt.<br />

Unterschiedliche<br />

Rechtskreise<br />

Waltraud Hakenberg, Kanzlerin<br />

des Gerichts <strong>für</strong> den Öffentlichen<br />

Dienst der EU, berichtete<br />

aus eigener langjähriger Praxis<br />

über die Arbeit am Europäischen<br />

Gerichtshof (EuGH) in<br />

Luxemburg. Es sei faszinierend<br />

zu beobachten, wie es Juristen<br />

aus 25 verschiedenen Ländern<br />

schaffen, zu gemeinsamen Urteilen<br />

zu kommen. Die Erfahrungen<br />

aus ganz unterschiedlichen<br />

Rechtskreisen fließen in die europäische<br />

Rechtspraxis ein. Beachtlich<br />

sei auch die enge Verknüpfung<br />

zwischen nationaler<br />

und europäischer Rechtsprechung.<br />

Insgesamt prägen die<br />

EuGH-Urteile stark die europäische<br />

Rechtsordnung, <strong>für</strong> manchen<br />

gehe der Einfluss der Luxemburger<br />

Richter auf die Politik<br />

schon zu weit.<br />

�<br />

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