Akademiereport 2-06.pmd - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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zeitungsecho+medienstimmen+pressesplitter<br />
40<br />
<strong>Akademie</strong>-Arbeit und Veranstaltungen im Spiegel der Medien<br />
Markus Jox berichtet in der ABENDZEITUNG vom 27. März 2006:<br />
Der Vizekanzler ließ die Bombe wie<br />
nebenbei platzen. Im Plauderton referierte<br />
Franz Müntefering am Samstag<br />
vor Teilnehmern einer Tagung der <strong>Politische</strong>n<br />
<strong>Akademie</strong> <strong>Tutzing</strong>. Das Thema<br />
des Genossen: die Arbeitsmarktpolitik<br />
der großen Koalition. Der sozialdemokratische<br />
Arbeits- und Sozialminister<br />
erzählte Anekdoten aus der<br />
„Volksschule Sauerland“ und klopfte<br />
ein paar seiner besten Wahlkampf-<br />
Sprüche. Als er nach einer halben Stunde<br />
beim Thema Kündigungsschutz angekommen<br />
war, verfinsterte sich Münteferings<br />
Miene. Er drückte sein Kreuz<br />
durch und sagte: „Ich weiß nicht, ob<br />
Sie das schon mitbekommen haben:<br />
Aber in dem Bereich habe ich die Arbeit<br />
an einem Gesetzentwurf vorerst<br />
gestoppt.“<br />
Mit dem Gesetzentwurf meinte der<br />
Minister die während der Koalitionsverhandlungen<br />
von Schwarzen und<br />
Roten vereinbarte Verlängerung der<br />
Probezeit <strong>für</strong> alle Neueingestellten von<br />
derzeit sechs Monate auf 24 Monate –<br />
der Kündigungsschutz sollte also erst<br />
nach zwei Jahren Betriebszugehörigkeit<br />
greifen. Er habe in den letzten<br />
Wochen von Verbänden, aber „auch<br />
vom Koalitionspartner aus diesem<br />
schönen Land“ – damit war natürlich<br />
die CSU in Bayern gemeint – vernommen,<br />
„dass die das gar nicht wollen“,<br />
fuhr Müntefering fort, um schließlich<br />
zum finalen Hieb anzusetzen: „Dann<br />
kann ich nur sagen: Ich hab’ das auch<br />
nicht gewollt. Dann machen wir halt<br />
nichts an der Stelle. Ich hab’ wirklich<br />
keine Lust drauf, mich da zu verkämpfen.“<br />
Diese Äußerung des Ministers zu just<br />
dem Thema, das in Frankreich derzeit<br />
Schüler und Studenten auf die Barrikaden<br />
treibt, war nicht einfach so<br />
dahingesagt, sondern sorgfältig ge-<br />
Müntefering legt Reform auf Eis<br />
Der Arbeitsminister teilt in <strong>Tutzing</strong> mit, dass er keine Lust mehr auf eine längere Probezeit hat<br />
plant: Unmittelbar nach seiner <strong>Tutzing</strong>er<br />
Rede wiederholte Müntefering den<br />
Kündigungsschutz-Passus vor dem<br />
Hörfunk-Mikrofon des Bayerischen<br />
Rundfunks. Was die in der Koalition<br />
umstrittene Einführung von Kombiund<br />
Mindestlöhnen angeht, zeigte sich<br />
Franz Müntefering gesprächsbereit:<br />
„Wir haben uns in Deutschland angewöhnt,<br />
uns ideologisch über Instrumente<br />
zu verhaken“, kritisierte er.<br />
Dabei seien Kombi- und Mindestlohn<br />
lediglich Mittel zum Zweck: „Das sind<br />
Instrumente – darüber kann man handeln<br />
mit mir.“ Ziel müsse sein, „mehr<br />
Franz Müntefering: „Lebensabschnittspartnerschaft“<br />
mit Angela<br />
Merkel“ Fotos: khw<br />
Menschen die Chance auf Arbeit zu<br />
geben“. Keinesfalls mit sich reden lassen<br />
will der Minister dagegen bei den<br />
von der Union geforderten betrieblichen<br />
Bündnissen. Flächentarifverträge<br />
und die damit verbundene Macht der<br />
Gewerkschaften sind dem Sozialdemokraten<br />
heilig.<br />
Das Verhältnis zwischen SPD und<br />
Union, aber auch zwischen Müntefering<br />
und CDU-Chefin Angela Merkel<br />
persönlich habe sich ja während der<br />
Koalitionsverhandlungen „von Eises-<br />
kälte zu einem turtelhaften Honeymoon“<br />
entwickelt, staunte schließlich<br />
<strong>Akademie</strong>leiter Heinrich Oberreuter.<br />
„Ach, das ist eine Lebensabschnittpartnerschaft“<br />
konterte Müntefering. „Die<br />
werden wir schon zu Ende kriegen,<br />
machen Sie sich da mal keine Sorgen.“<br />
Und goss das Ganze in eine seiner berüchtigten<br />
Fußballmetaphern: „Wenn<br />
ein Junge aus Schalke und einer aus<br />
Dortmund zusammen in der Nationalmannschaft<br />
spielen und sich vertragen,<br />
dann ist das ein größeres Wunder als<br />
eine gute Zusammenarbeit in der großen<br />
Koalition.“<br />
Gerhard Summer schreibt in<br />
der STARNBERGER SZ vom<br />
27. März 2006 u.a.:<br />
... Sein „Kombattant“ auf dem Podium,<br />
wie <strong>Akademie</strong>direktor Heinrich<br />
Oberreuter das nennt, ist Hermann<br />
Gegenrede kam von Hermann<br />
Otto Solms<br />
Otto Solms von der FDP. Solms stimmt<br />
Müntefering vorwiegend zu, von<br />
Kampf kann keine Rede sein, eher von<br />
einem Solo <strong>für</strong> den Vizekanzler. Zweieinhalb<br />
Stunden lang analysiert vor<br />
allem Müntefering die komplexe Ma-<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 2/2006