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Akademiereport 2-06.pmd - Akademie für Politische Bildung Tutzing

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Der PISA-Schock sitzt den<br />

<strong>Bildung</strong>spolitikern noch<br />

immer tief in den Knochen.<br />

Seit im Dezember 2001<br />

zum ersten Mal die schlechten<br />

Noten <strong>für</strong> Deutschlands Schulwesen<br />

bekannt wurden, steht<br />

das gesamte System auf dem<br />

Prüfstand. Die Hiobs-Botschaften<br />

neuerer Studien reißen nicht<br />

ab: So wirft die OECD deutschen<br />

Lehrern vor, sie seien<br />

überaltert, schlecht ausgebildet,<br />

häufig überfordert und ausgebrannt.<br />

Laut neuester PISA-Stu-<br />

Der deutsche PISA-Koordinator Manfred<br />

Prenzel von der Universität Kiel<br />

rief die zentralen Ergebnisse der ersten<br />

beiden Studien in Erinnerung: Die<br />

Leistungen der Schüler aus Deutschland<br />

lagen 2003 in Mathematik, Lesen<br />

und Problemlösung im internationalen<br />

OECD-Durchschnitt. Die Befunde <strong>für</strong><br />

Deutschland lassen relative Stärken<br />

und Schwächen der mathematischen<br />

Kompetenz erkennen. Zwischen den<br />

Bundesländern gibt es einen Abstand<br />

von 60 Punkten zwischen dem Schlusslicht<br />

Bremen und dem Spitzenreiter<br />

Bayern. Das entspricht 18 Monaten<br />

Schulzeit. Prenzel sagte, es gäbe ausgeprägte<br />

Schwächen und zu wenig entwickelte<br />

Stärken: „Aber es ist vom Jahr<br />

2000 bis zum Jahr 2003 in Mathematik<br />

und Naturwissenschaften besser<br />

geworden.“ Die Zuwächse seien statistisch<br />

und praktisch bedeutsam. Ein<br />

hoher Anteil an Gymnasiasten sichere<br />

noch keine mathematische Kompetenz:<br />

Bayern hat einen relativ geringen<br />

Anteil (26,5 Prozent), aber die höchste<br />

Kompetenz; dagegen findet man die<br />

niedrigste Kompetenz in Bremen, Berlin<br />

und Hamburg mit jeweils 31, 34<br />

bzw. 33 Prozent Gymnasiastenanteil<br />

eines Jahrgangs.<br />

Bei der Lesekompetenz sind dagegen<br />

recht wenige Fortschritte gemacht<br />

worden zwischen den beiden Studien;<br />

auch nicht an den Gymnasien.<br />

<strong>Akademie</strong>-Report 2/2006<br />

Schulpolitik: mangelhaft?<br />

Lernen aus dem PISA-Schock<br />

die haben Kinder aus sozial benachteiligten<br />

Schichten deutlich<br />

geringere Chancen auf eine gute<br />

Schulbildung. Die Förderung<br />

und Differenzierung benachteiligter<br />

Schüler ist unzureichend.<br />

In Deutschland wird deutlich<br />

weniger Geld <strong>für</strong> <strong>Bildung</strong> ausgegeben<br />

als in vergleichbaren Industrieländern<br />

und gerade in die<br />

Schularten mit den größten Problemen<br />

wird zu wenig investiert.<br />

Schüler in Deutschland erhalten<br />

deutlich weniger Unterricht und<br />

Deutschland erreicht 491 Punkte, den<br />

Spitzenplatz hält Finnland mit 543<br />

Punkten. Deutsche Jungen seien besonders<br />

schlecht. Nur im Problemlösen<br />

liegen deutsche Schüler mit 13<br />

Punkten signifikant über dem Durchschnitt.<br />

Risikogruppen<br />

In Mathematik sind 21,6 Prozent der<br />

15-jährigen Schülerinnen und Schüler<br />

in Deutschland in den beiden untersten<br />

Kompetenzstufen und stellen damit<br />

eine Risikogruppe dar, mit schlechten<br />

Aussichten <strong>für</strong> die weitere Schullaufbahn<br />

und berufliche Ausbildung.<br />

Im Bereich Lesen sind sogar 22,3 Prozent<br />

in dieser Risikogruppe. Hier ticke<br />

eine soziale Zeitbombe, denn „das<br />

beste Mittel gegen sozialen Abstieg<br />

sind kleine Anteile schwacher Schüler“,<br />

so Prenzel.<br />

Der internationale Vergleich zeigt interessante<br />

Beispiele: Es gibt nur eine<br />

schwache Kopplung zwischen Herkunft<br />

und Kompetenz, wenn im unteren<br />

Leistungsbereich konsequent gefördert<br />

wird.<br />

Der Zusammenhang zwischen der sozialen<br />

Herkunft und der schulischen<br />

Kompetenz ist in Deutschland relativ<br />

eng. Die Chancen ein Gymnasium zu<br />

besuchen, sind <strong>für</strong> die verschiedenen<br />

sozialen Schichten ungleich verteilt.<br />

Dem Erlernen der deutschen Sprache<br />

die Klassen sind größer als in den<br />

meisten anderen Industrienationen.<br />

Unsere Fachtagung „Schulpolitik:<br />

mangelhaft?“ unter Leitung<br />

von Heinrich Oberreuter und<br />

Michael Schröder versammelte<br />

namhafte Experten aus Wissenschaft,<br />

Politik und Schulpraxis.<br />

Die sehr große Teilnehmerzahl<br />

bewies, dass mit dem Thema offenkundig<br />

der Nerv der aktuellen<br />

Debatten rund um die Schule<br />

getroffen wurde.<br />

Manfred Prenzel beobachtet ausgeprägte<br />

Schwächen und zu wenig<br />

entwickelte Stärken bei deutschen<br />

Schülern.<br />

weist Prenzel eine Schlüsselrolle zu:<br />

die Schulleistung ist eindeutig abhängig<br />

vom Beherrschen der deutschen<br />

Sprache. Er sieht die zentrale Herausforderung<br />

darin, den derzeitigen hohen<br />

Anteil von Schülern mit einer Risikoprognose<br />

deutlich zu verringern. Eine<br />

entsprechende Förderung dürfe jedoch<br />

nicht zu Lasten weiterer Bemühungen<br />

um die oberen Leistungsstufen liegen.<br />

Die Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund<br />

muss keineswegs<br />

mit Leistungseinbußen erkauft werden,<br />

wie der internationale Vergleich zeigt.<br />

�<br />

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