Akademiereport 2-06.pmd - Akademie für Politische Bildung Tutzing
Akademiereport 2-06.pmd - Akademie für Politische Bildung Tutzing
Akademiereport 2-06.pmd - Akademie für Politische Bildung Tutzing
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Streit um Kombi- und<br />
Mindestlöhne<br />
Der Volkswirtschaftler Joachim Möller<br />
stellte die Frage, ob Mindest- oder<br />
Kombilöhne einen Ausweg aus der Beschäftigungskrise<br />
weisen. Theorie und<br />
Empirie geben keine eindeutigen Antworten.<br />
Nach einem klassischen Wettbewerbsmodell<br />
des Arbeitsmarktes begrenzen<br />
Mindestlöhne die Beschäftigung<br />
im Niedriglohnbereich. In einem<br />
anderen Modell, in dem Unternehmen<br />
durch Marktmacht die Löhne bestimmen<br />
können (Monopson-Modell), ist<br />
sogar bei Einführung von Mindestlöhnen<br />
ein gleichzeitiger Anstieg von Beschäftigung<br />
und Löhnen möglich.<br />
Erstaunlich ist, dass selbst die empirischen<br />
Arbeiten renommierter Arbeitsmarktforscher<br />
konträre Ergebnisse aufweisen.<br />
Verschiedene Datensätze sind<br />
ein Erklärungsansatz, aber in den Sozialwissenschaften<br />
beeinflusse selbst<br />
bei jeweilig methodisch sauberem Vorgehen<br />
die Grundorientierung des Wissenschaftlers<br />
auch die Forschungsergebnisse.<br />
Während Möller in den USA<br />
und Großbritannien negative Wirkungen<br />
der Mindestlöhne auf die Beschäftigung<br />
<strong>für</strong> wenig wahrscheinlich hält,<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 2/2006<br />
bewertet er die Ergebnisse <strong>für</strong> Frankreich<br />
(insbesondere <strong>für</strong> Jugendliche)<br />
eindeutig negativ. Hier<strong>für</strong> macht er<br />
verschiedene institutionelle Rahmenbedingungen<br />
auf den Arbeitsmärkten<br />
Joachim Möller: Mindestlöhne dringend<br />
differienzieren.<br />
verantwortlich. Da der deutsche Arbeitsmarkt<br />
dem französischen ähnlicher<br />
sei als dem angelsächsischen, rät<br />
er unseren Politikern zu äußerster Vorsicht.<br />
Wenn allerdings die Einführung<br />
von Mindestlöhnen – wie er vermutet<br />
– politisch gewollt sei, dann wäre<br />
eine regionale und branchenbezogene<br />
Differenzierung dringend anzuraten.<br />
Bezüglich der Kombilöhne gab er zu<br />
bedenken, dass nennenswerte Beschäftigungseffekte<br />
nur zu erwarten seien,<br />
wenn es eine substanzielle Aufstockung<br />
der Niedriglöhne gäbe. Werden<br />
diese Kosten über die Beitragszahler<br />
der Sozialkassen finanziert, fallen die<br />
Effekte <strong>für</strong> den Arbeitsmarkt per Saldo<br />
eher negativ aus. Sinnvoller wäre<br />
dann eine stärkere Steuerfinanzierung,<br />
doch müsse man mit negativen Effekten<br />
<strong>für</strong> die Konjunktur rechnen. Auch<br />
sei die Gefahr von Mitnahmeeffekten<br />
zu bedenken, da Unternehmen die Subventionen<br />
einkalkulieren und niedrigere<br />
Löhne anbieten. Diesem Effekt wäre<br />
nur bei gleichzeitiger Einführung von<br />
Mindestlöhnen zu begegnen, die allerdings<br />
eine stärkere Lohnspreizung verhindern.<br />
Dies kann sozialpolitisch gewollt<br />
sein, doch die Beschäftigung in<br />
den weniger qualifizierten Bereichen<br />
wird dadurch nicht gefördert.<br />
Dies alles zeige, dass man zu wohlüberlegten<br />
und differenzierten Lösungen<br />
kommen müsse. Dabei sollte man<br />
durchaus erst einmal nur regional experimentieren,<br />
bevor schwer revidierbare<br />
und kostenintensive Gesamtlösungen<br />
flächendeckend eingeführt<br />
würden, so Möllers Meinung.<br />
�<br />
Karikatur: Stuttmann<br />
5