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Akademiereport 2-06.pmd - Akademie für Politische Bildung Tutzing

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Forum <strong>Politische</strong> <strong>Bildung</strong>:<br />

In der Verschiedenheit die Normalität entdecken<br />

Ansätze <strong>für</strong> politische <strong>Bildung</strong> und Pädagogik<br />

in der Einwanderungsgesellschaft<br />

Die Fernsehbilder von brennenden Autos und Gebäuden in französischen<br />

Vorstädten haben auch hierzulande die Frage nach der geglückten<br />

oder missglückten Integration von Migranten wieder „brennend“<br />

aktuell werden lassen. Und der Konflikt um die „Karikierbarkeit“<br />

des Propheten Mohammed führte zu hitzigen Debatten und<br />

gewaltsamen Auseinandersetzungen in Teilen der islamischen Welt.<br />

Ist unser Einwanderungsland vor solchen Exzessen der Gewalt gefeit?<br />

Droht jetzt der „Kampf der Kulturen“, wie ihn Samuel Huntington<br />

schon vor Jahren prophezeite? Entwickeln sich auch in<br />

Deutschland Parallelgesellschaften am Rande oder außerhalb unserer<br />

Werte und Normen? Entsteht ein soziales Pulverfass, dessen<br />

brisante Mischung aus <strong>Bildung</strong>snotstand, Armut und Kriminalität<br />

nur einen Funken braucht zur Explosion?<br />

Im Rahmen unseres „Forums <strong>Politische</strong><br />

<strong>Bildung</strong>“ fragten wir nach<br />

den Möglichkeiten, Chancen und<br />

Grenzen politischer <strong>Bildung</strong>sarbeit mit<br />

und <strong>für</strong> Migranten. Mit welchen Themen<br />

und Methoden kann politische<br />

<strong>Bildung</strong> einen Beitrag zur Integration<br />

leisten? Veronika Fischer, Professorin<br />

an der FH Düsseldorf, hat sich als Erziehungswissenschaftlerin<br />

seit langem<br />

mit dem interkulturellen Dialog beschäftigt.<br />

Sie betonte, es sei wichtig,<br />

sich im interkulturellen Dialog immer<br />

auf eine individuelle Beziehung einzulassen,<br />

den anderen Menschen zu akzeptieren,<br />

offen <strong>für</strong> sein Anderssein zu<br />

sein: „Dialoge nivellieren keine Unterschiede,<br />

sondern lassen ihr unterschiedliches<br />

Profil offen zu Tage treten.“<br />

Sie sind ergebnisoffen und prozesshaft,<br />

weil sich erst im Zuge des<br />

wechselseitigen Austauschens Resultate<br />

und Lösungen herauskristallisieren<br />

lassen.<br />

Fischer beschrieb Voraussetzungen <strong>für</strong><br />

das Gelingen politischer <strong>Bildung</strong> im<br />

Dialog:<br />

• einfühlsames Verstehen<br />

• das Aushalten von Enttäuschungen<br />

• die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel<br />

• das Aushalten von Meinungen,<br />

die den eigenen widersprechen und<br />

• kommunikative Kompetenz und<br />

Respekt.<br />

<strong>Akademie</strong>-Report 2/2006<br />

Fischer forderte eine selbstreflexive<br />

Haltung, die die ethnozentrischen Haltungen<br />

und Selbstgewissheiten hinterfragt,<br />

die das Eigene zum Maßstab <strong>für</strong><br />

Veronika Fischer: „Einforderung<br />

gleicher Rechte setzt einen Wertekonsens<br />

voraus.“<br />

Fotos: Schröder<br />

die so genannte Normalität werden ließen:<br />

„Es gilt eine Haltung zu entwickeln,<br />

die in der Heterogenität der Lebensentwürfe<br />

die Normalität entdeckt.“<br />

<strong>Politische</strong> <strong>Bildung</strong> müsse Vorurteile<br />

bearbeiten und Fremdenfeindlichkeit<br />

sowie Rassismus vorbeugen.<br />

Konkret nannte sie Programme, die<br />

sich als Erinnerungskultur mit Rassismus,<br />

Fremdenfeindlichkeit, Antisemi-<br />

tismus und anderen Formen von Menschenrechtsverletzungen<br />

beschäftigen,<br />

und darüber hinaus Konzepte, die sich<br />

mit gegenwärtigen Tendenzen einer<br />

„gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“<br />

auseinandersetzen. Auch eine<br />

interkulturelle Konfliktmediation, die<br />

Regeln und Strategien anbietet, wie auf<br />

friedliche Weise ein Streit beizulegen<br />

ist, der Menschen einer anderen Ethnie<br />

herabwürdigt, habe hier ihren Platz.<br />

Wichtig sei eine Pädagogik der Anerkennung,<br />

die den interkulturellen Dialog<br />

pflegt und politische Tugenden<br />

vermittelt, die Sensibilität gegenüber<br />

Diskriminierung, Respekt und Akzeptanz<br />

beinhalten.<br />

Migration und<br />

Globalisierung<br />

Die vorhandenen Asymmetrien in der<br />

Gesellschaft hat eine politische <strong>Bildung</strong><br />

im interkulturellen Dialog aufzugreifen.<br />

Sie thematisiert zum Beispiel<br />

Migration als ein Phänomen von Globalisierung<br />

und impliziert daher globales<br />

Lernen. Sie hat darüber hinaus<br />

Einsicht in die bestehenden Machtund<br />

Herrschaftsstrukturen zu vermitteln,<br />

die in der Beziehung zwischen<br />

Majorität und den Minoritäten bestehen.<br />

Das Lernziel laute: solidarisch <strong>für</strong><br />

die gesellschaftlich Benachteiligten<br />

einzutreten und gleiche Rechte <strong>für</strong> sie<br />

einzufordern.<br />

Allerdings setze die Einforderung gleicher<br />

Rechte einen Wertekonsens voraus.<br />

Fischer schlug vor, die Menschenrechte<br />

als Basis zu nehmen, weil sie<br />

universelle Geltung besitzen und zunehmend<br />

Anerkennung im internationalen<br />

Rahmen finden. Sie favorisiert<br />

„<strong>Politische</strong> <strong>Bildung</strong> als Menschenrechtsbildung“.<br />

Am Ende stehe eine<br />

von allen akzeptierte Gesellschaft, in<br />

der die Differenz zur Normalität werde.<br />

Die Referentin sieht aber auch die<br />

Grenzen des interkulturellen Dialogs<br />

und damit der Chancen von politischer<br />

�<br />

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