Die Malerei hörte auf naturalistisch zu sein und wurde gegenstandslos. Man wandte sich innerhalb <strong>der</strong> Kunst praktischen und gesellschaftlichen Fragen des Hier und Jetzt zu. Es ging darum, die Welt von Grund auf neu zu entwerfen. Die Architektur gewann im Konstruktivismus eine neue Bedeutung innerhalb <strong>der</strong> Kunst. Aus dieser Richtung kommen Derridas Gedanken zu Kunst und Ästhetik, welche in dieser Arbeit aber nicht weiter untersucht werden sollen. Der russische Formalismus in <strong>der</strong> Literaturtheorie um 1915 gilt „als frühe Ausprägung des von Ferdinand de Saussure begründeten Strukturalismus“(wiki 2009) Diesen nutzt Derrida als Ausgang seiner Arbeit und entwickelt ihn weiter. Den Dekonstruktivismus in <strong>der</strong> Architektur beschreibt Mark Wigley als aus dem Konstruktivisms schöpfend und ihn radikal umwandelnd. (vgl. Wigley 1988 16) Wigley organisierte 1988 mit Philip Johnson die Ausstellung Dekonstruktivistische Architektur in New York, was für die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Architektur und <strong>der</strong> architekturtheoretischen Diskussion bedeutend war. Eisenman war als Architekt an <strong>der</strong> Ausstellung beteiligt. Keiner <strong>der</strong> ausgestellten Architekten war <strong>der</strong> Ansicht, Vertreter einer neuen Stilrichtung o<strong>der</strong> Epoche zu sein. Alle sind sehr verschieden, gemein ist ihnen aber eine neue, offene Art des Entwerfens und des Verständnisses für Architektur. Eisenman hat sich seit den1980er Jahren mit den Schriften Derridas beschäftigt, was seine philosophische <strong>Architekturtheorie</strong> beinflusst hat. Der Architekt Bernard Tschumi läd 1985 Jaques Derrida ein, an dem Projekt Parc de la Villette in Paris mitzuarbeiten. Auf dieses Projekt bezieht sich das Essay Derridas: Am Nullpunkt <strong>der</strong> Verrücktheit - Jetzt die Architektur. (Derrida 1988a) Er artikuliert darin „das vielschichtige Verhältnis zwischen einer bestimmten Art des Denkens und einer bestimmten Art von Raum“.(Wigley 1994 13) Derrida und Eisenman arbeiten gemeinsam im Auftrag von Tschumi an diesem Projekt. Daraus entsteht ein Buch: Chora L Works (Derrida, Eisenman 1991). Darin sind Arbeitsgespräche, Gedanken Derridas über chora und ein Briefwechsel <strong>der</strong> beiden, Skizzen und Modellfotos veröffentlicht. Außerdem ist ein späteres Gespräch Derridas und Eisenmans in Eisenmans Aura und Exzess (Eisenman 1995 295,ff) zu finden. Der Inhalt dieser literarischen Quellen und die heterogene Diskussion über <strong>Dekonstruktion</strong> in <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> und <strong>Architekturtheorie</strong> werden in <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit erörtert. Es ist <strong>der</strong> Versuch, sich von beiden Seiten, aus philosophischer und aus architekturtheoretischer Sicht, ihren Überschneidungen und Grenzen zu nähern. Dabei wird im ersten Teil das Verständnis von <strong>Dekonstruktion</strong>, wie Derrida es erläutert hat, dargelegt. Daran schließt sich eine Betrachtung von dekonstruktivistischer Architektur und <strong>der</strong> <strong>Architekturtheorie</strong> Eisenmans an. Der dritte Teil widmet sich dem Hauptthema: Derridas <strong>Dekonstruktion</strong>en <strong>der</strong> Architektur, den Problemen im Dialog und in <strong>der</strong> Zusammenarbeit von Eisenman und Derrida, sowie <strong>der</strong> Diskussion in <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> und <strong>Architekturtheorie</strong> über Postmo<strong>der</strong>ne und <strong>Dekonstruktion</strong>. Daraus ergibt sich am Ende die Darstellung <strong>der</strong> gegenwärtigen architekturtheoretischen Debatte über die Bedeutung <strong>der</strong> dekonstruktivistischen Bemühungen vor 20 Jahren für die heutige Architektur und <strong>Architekturtheorie</strong>. Die Kritik <strong>der</strong> <strong>Dekonstruktion</strong> auf philosophischer Seite, wie sie zum Beispiel Jürgen Habermas o<strong>der</strong> Peter V. Zima hervorbringen, wird im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter thematisiert. Beide sehen das Problem <strong>der</strong> <strong>Dekonstruktion</strong> in ihrer Kritik einer unvollendeten Mo<strong>der</strong>ne. Sie werfen Derrida vor, daß seine <strong>Dekonstruktion</strong> in <strong>der</strong> Grenzüberschreitung <strong>der</strong> Wissenschaften zu unseriösen Äußerungen führt, <strong>der</strong>en Sinn aus <strong>der</strong> fachlicher Sicht nicht haltbar ist. In Bezug auf die Derridas Behandlung sozialer und wirtschaftlicher Vorgänge sagt Zima: „Denn Derridas Darstellung <strong>der</strong> zeitgenössischen Problematik erreicht nicht einmal das Niveau eines gründlichen journalistischen Kommentars und hat wenig mit <strong>Dekonstruktion</strong> zu tun.“ ( Zima 200) Für Zima hört die <strong>Dekonstruktion</strong> auf, <strong>Dekonstruktion</strong> zu sein, sobald sie es versucht. Ihr Sinn, außerhalb ihres eigenen philosophischen Diskurses, ist für ihn nicht ersichtlich, sie bleibt abstrakt und auf an<strong>der</strong>e Bereiche unanwendbar. Die Hauptfage zum Thema <strong>Dekonstruktion</strong> scheint sich in allen Diskussionen um ein Verständnis zu bemühen,was <strong>Dekonstruktion</strong> sein kann.