Ausg. 35 - apr
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der Zweibadfällung die Wirkung von Alkoholen<br />
ausfalle, worauf Fink den belangreichen<br />
Hinweis gab, daß sich Methanol so ähnlich<br />
wie Wasser verhalte – was man bei einem<br />
500-Mio.-DM-Versuch schon in Kelheim feststellen<br />
konnte (Aquasolv-Verfahren!). Schurz<br />
erkundigte sich nach Flüssigkristallen, die<br />
neben kleinwinkelaktiven Gelteilchen aber<br />
wohl nicht erkannt werden können. Auch<br />
hier wußte Fink Rat: bereits in den Lösungen<br />
gibt es vorgeordnete Bereiche! Man kann vermuten,<br />
daß solche „Kristallite“ aus etwa 120<br />
Ketten bestehen könnten (was im festen Zustand<br />
Elementarfibrillen von 4 nm Dicke hinterlassen<br />
dürfte!).<br />
Bei diesem Stand der Diskussion wurde es<br />
von einigen Insidern schon als Manko empfunden,<br />
daß die führenden Köpfe in der<br />
MMO-Verfahrenstechnik der produzierenden<br />
Anwender (Courtaulds, Akzo-Nobel und<br />
Lenzing) beim RG in Baden-Baden wie auch<br />
schon zuvor in Rudolstadt durch Abwesenheit<br />
auffielen. Vielleicht gab es dazu innerbetriebliche<br />
Maulkorberlasse, weshalb auch<br />
keine Namen genannt werden können. Wer<br />
aber durch diese Zeilen neugierig wurde, dem<br />
sei die Herbsttagung der Gesellschaft Deutscher<br />
Chemiker in Wien vom 7. bis 11. September<br />
empfohlen (kurz vor dem Streichereisymposium<br />
in München), auf der ein Vortrag<br />
aus Heiligenkreuz (erster Produktionsort für<br />
MMO-Filamente im Burgenland) über einen<br />
Meilenstein in der Faserentwicklung zu<br />
hören sein wird. Der Sprecher wurde bisher<br />
aber noch nicht als RG-Teilnehmer gemeldet.<br />
Abschließend wies Schurz noch auf die<br />
Polyhydroxy-Buttersäure hin, die ebenfalls<br />
bioabbaubar und ein brauchbares Surrogat<br />
für die resistenten Standardkunststoffe sei.<br />
In der anschließenden Pause von 20 Minuten<br />
konnte man den Sauerstoffbedarf des Cerebrums<br />
nur mäßig auffrischen, und auch für<br />
einen Doppelespresso hatte man kaum Zeit.<br />
Es standen nämlich noch drei weitere Titel<br />
an, von denen man zunächst R. Dönges,<br />
Hoechst-AG, Wiesbaden, hörte:<br />
Entwicklungen in der<br />
Herstellung und Anwendung<br />
von Celluloseethern<br />
die seit gut 60 Jahren industriell hergestellt<br />
werden, um vorzugsweise Cellulose wasser-<br />
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PAPIERERZEUGUNG<br />
löslich zu machen. Dazu überwindet man die<br />
inhärente Kohäsion zwischen Celluloseketten<br />
im Gitter durch Einbau von Gitterdefekten<br />
mittels Derivatisierung wie z. B. durch<br />
Veretherung. Die grundlegenden Erfindungen<br />
reichen fast 80 Jahre zurück, denn das<br />
CMC wurde schon 1918 von Jansen angemeldet.<br />
Hubert folgte 1920 mit dem MEC<br />
(Hydroxyethylcellulose). Letztere produziert<br />
man seit 1945 in Schweden mit einem<br />
Methyletheranteil (heute MHEC abgekürzt).<br />
In freier und gut nachvollziehbarer Rede<br />
schilderte Dönges sodann die Prinzipien der<br />
Veretherung, die mit einer Alkalibehandlung<br />
beginnt, wobei NaOH-Konzentrationen bis<br />
zu 40% zum Einsatz kommen. Diese relativ<br />
aufwendige Stufe verbietet die Recyclierung<br />
der Preßlauge, weil sie Hemisubstanzen enthält,<br />
während die Tauchlauge sehr wohl recyclierbar<br />
ist. Die Alkalicellulose läßt man<br />
anschließend mit dem jeweiligen Reaktant<br />
reagieren, wie z. B mit<br />
� Chloressigsäure oder deren Natriumsalz,<br />
um anionische Carboxymethylcellulose zu<br />
erhalten (CMC wird in der Industrie bereits<br />
kontinuierlich hergestellt);<br />
� Ethylenoxid liefert die nichtionische Hydroxyethylcellulose;<br />
analog bildet Propylenoxid<br />
die Hydroxypropylcellulose (HEC<br />
und HPC);<br />
� Methylchlorid erzeugt die hydrophobe Methylcellulose<br />
(MC), bei der durch Mischveretherung<br />
mit Ethylen – oder Propylenoxid<br />
erst ihre volle Wasserlöslichkeit erhalten<br />
wird.<br />
Alsdann erfolgt die Neutralisation und die<br />
Entfernung von Nebenprodukten (Reinigung),<br />
der sich die Trocknung anschließt. Zur<br />
Verbesserung des verkaufsfähigen Produktes<br />
folgen noch die Mahlung bzw. Siebung sowie<br />
die maßgeschneiderte Abmischung.<br />
HEC und CMC werden bevorzugt nach<br />
dem Rührkesselverfahren hergestellt, wobei<br />
man Substitutionsgrade um 1,6 anstrebt,<br />
wobei die molare Substitution sehr wohl auch<br />
Pegel um MS = 3,6 erreichen kann. Die Zugabe<br />
von Methylchlorid und Ethylenoxid gebiert<br />
ein MHEC, das bevorzugt aus einem<br />
Gasumlaufverfahren hervorgeht (auch kontinuierliches<br />
Verfahren genannt). Der<br />
Flockungspunkt ab ca. 75 °C solcher Mischether<br />
hängt sowohl vom Substitutionsgrad<br />
(DS) der Methylgruppen wie auch von<br />
der molaren Substitution (MS) der Hydoxyethylglieder<br />
ab.<br />
Die Hauptumsatzgebiete der Celluloseether<br />
wurden kurz angeritzt:<br />
� CMC wandert in Reinform überwiegend in<br />
die Textilindustrie, ein kleiner Teil dient<br />
als Gelatineersatz für eine Pseudo-Rote-<br />
Grütze (die echte basiert auf Kollagen)<br />
oder als Zusatz zu Speiseeis.<br />
� CMC technisch gehört zu den Ingredienzen<br />
der Waschmittel, um deren Schmutztragevermögen<br />
zu erhöhen.<br />
� MC findet zu 75% Anwendung in Rezepturen<br />
für Tapetenkleister bzw. in sonstigen<br />
Klebern oder Putzen, zu denen auch die<br />
sog. Trockenmörtel gehören. MC-Pulver<br />
findet man aber auch in Fliesenmörteln,<br />
die zu den sog. Dünnbrettmörteln gezählt<br />
werden und die man im Hausbau bereits<br />
in vielen Funktionen antrifft.<br />
� HEC und MHEC dienen in der Erdölindustrie<br />
dank der hohen Viskosität ihrer Lösungen<br />
als Füller bzw. Verdränger von partiell<br />
ausgebeuteten Erdöllagern. Da bei<br />
solchen oder ähnlichen Anwendungen Enzymkontakte<br />
unvermeidbar sind, stellt<br />
sich die Frage der Enzymstabilität solcher<br />
Mischether, die sich als Funktion der integralen<br />
Substitution herausstellte, wobei<br />
sich eine Relation von (MS/DS) von<br />
(4,6/2,3) besonders bewährte.<br />
Noch ohne großen Markt produziert man<br />
hydrophob modifizierte HEC mit etlichen Alkylseitenketten<br />
(dazu keine quantitativen<br />
Angaben), die sich für Paradeanwendungen<br />
mit hoher Wertsteigerung besonders eignen<br />
sollten. – Schade nur, daß ein Festkörperphysiker<br />
mit einigen Jahren Praxis in der<br />
Prüfung von Textilien nicht anwesend war,<br />
der dazu hätte Einsatzvorschläge machen<br />
können, möchte man bemerken. Dieser Umstand<br />
darf freilich nicht überraschen, denn<br />
wer verirrt sich schon als Physiker in ein RG<br />
der Cellulosechemiker. Vielleicht käme es sogar<br />
zu einem Niveausprung, wenn man anläßlich<br />
des 40. RG 1998 eine Umbenennung<br />
in „RG für Cellulosechemiker und -rheologen“<br />
vornehmen könnte, denn ohne komplementäre<br />
Physik stößt ja jede Polymerchemie<br />
sehr schnell an ihre Grenzen! Speziell in der<br />
Anwendung!<br />
Den erhellenden 34 Minuten des freien<br />
und souveränen Vortrags folgten nur sechs<br />
Minuten der Diskussion, die obendrein nicht<br />
besonders tiefschürfend ausfiel. Dönges bemerkte<br />
noch, daß Know-how für MC-Lösungen<br />
oder Mischungen kaum käuflich sei –<br />
kein Wunder angesichts der Tatsache, daß