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Peter Gerlach, Idylle<br />

entwickelten sich aus den neulateinischen Eklogen der Humanisten, wie Petrarca und Boccaccio,<br />

volkstümliche Schäferromane am Ende des 15. Jahrhunderts in italienischer Sprache. In ihnen wurde ein<br />

durchaus zeitgenössisches politisches Problem angesprochen. Schon die Verwendung des Italienischen <strong>als</strong><br />

Schriftsprache war eine Neuerung. Die anspielungsreiche Klage über den Verlust der Heimat konnten die<br />

Zeitgenossen <strong>als</strong> aktuelle Klage über die kaiserliche-deutsche Fremdherrschaft verstehen. Dagegen konnte<br />

durch den Verlust der imperialen Rolle zu Zeiten der römischen Antike <strong>als</strong> sehnsuchtsvoll erwarteter Inhalt<br />

einer Erneuerung formuliert werden. Von dort fand das Arkadien-Motiv Eingang in das Schäferspiel oder die<br />

Schäferoper auf der Bühne und <strong>als</strong> arkadische Landschaft in die Malerei. In der Gartenarchitektur kam das<br />

gleiche Konzept <strong>als</strong> Meierei oder Hameau (Versailles, Park) zum Vorschein, bis es im Englischen Garten<br />

schließlich gar <strong>als</strong> ganze Landschaft gestaltet, umgesetzt wurde. Dem Motiv vom Arkadien liegt schließlich<br />

noch die Vorstellung vom edlen Wilden zugrunde, den die Literatur seit dem späten 18. Jahrhundert in<br />

entfernten Gegenden der kolonialen Welt oder auch in der germanisch-keltischen Vergangenheit auf dem<br />

eigenen Kontinent behauptete gefunden zu haben. In der Malerei wurden vergleichbare Schritte zu Beginn<br />

des 16. Jahrhunderts sichtbarlich beschritten. Realistische, Besitztum markierende<br />

Landschaftsdarstellungen (Ambrogio Lorenzetti, Buon Governo, 1340, Siena, Palazzo Publico) waren eine<br />

der Voraussetzung in der Geschichte der italienischen Malerei, die dann für ganz Europa vorbildlich wurde.<br />

In Venedig nun gestalteten auf dieser Grundlage u.a. Giorgione, Tizian, Campagnola die phantastische<br />

Landschaft, die durch ihr Personal – Schäfer, Schafe, Satyrn und Nymphen, selbst Philosophen – <strong>als</strong><br />

arkadische auch durch die Wahl des Repertoires kenntlich wurde. Ein vergleichbares Landschaftsrepertoire<br />

konnte ebenso für unterschiedliche biblische Motive gewählt werden – etwa von Annibale Carracci (Hl.<br />

Familie auf der Flucht nach Ägypten, 1604), dessen Stimmungsgehalt wesentlich von der Wahl der<br />

inszenierten Jahres- und Tageszeit bestimmt wird: Ruhiges, sonniges Wetter und üppige Vegetation ließen<br />

die Personen fast zur Nebensache werden. Zum reinen Stimmungsbild vollendete Claude Lorrain (1600 –<br />

1682) die arkadische Landschaft durch eine Lichtregie, die die sanfte Stille dieses Ortes entscheidend<br />

charakterisierte. Eine zeitliche Dimension signalisieren die von ihm eingefügten antiken Ruinen, die Arkadien<br />

<strong>als</strong> eine heroische, sichtlich längst vergangene Zeit markieren.<br />

Dem musikalischen Modus hatten die Griechen höchste Aufmerksamkeit geschenkt, einen breiten<br />

Variationsbereich ausgearbeitet, dessen Fülle indessen bei den Theoretikern zumeist auf wenig Gegenliebe<br />

stieß: bis auf zwei Modi wurden die übrigen schlicht <strong>als</strong> überflüssig erachtet. Die Übertragung des<br />

musikalischen auf den malerischen Modus verdanken wir neben vielen Vorbereitern wohl dem aus<br />

Frankreich stammenden, meist aber in Rom lebenden Maler Nicolas Poussin (1594/1665). Bekannt wurde<br />

seine Analogie von musikalischem und malerischem Modus durch einen viel zitierten Brief von 1647 an<br />

einen Sammler seiner Gemälde, Paul Fréart de Chantelou. 4 In diesem Brief belehrte er ihn über die<br />

angemessene Betrachtungsweise seiner Gemälde, was darauf hinweist, dass die von ihm gewünschte<br />

Lesart durchaus nicht selbstverständlich schon Allgemeingut der Gebildeten gewesen sein dürfte. Horaz<br />

hatte den Satz geprägt: „Ut pictura poesis.“ Die Malerei solle solche Differenzen beachten, wie sie in der<br />

4 Brief Nicolas Poussins an Paul Fréart de Chantelou, Rom 24. 11. 1647. In: Wilhelm Messerer, Die "Modi"<br />

im Werk von Poussin, Festschrift für Leo Dussler, München 1972, S. 349 f, Anm. 1; Jan Bialostocki, Das<br />

Modusproblem in den bildenden Künsten , in: ders., Stil und Ikonographie - Studien zur<br />

Kunstwissenschaft, 2.Aufl., (Dresden 1966), Köln 1981 S. 36 f, Anm. 45; dt. Otto Grautoff, Nicolas<br />

Poussin, München 1914, Bd. I, S. 452 f, Anm. 227; Ernst Guhl, Künstlerbriefe, Berlin 1913, Bd. II, Nr.93,<br />

245 - 248.<br />

http://www.kunstserviceg.de/gerlach 3 von 15

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