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Herunterladen als PDF - Walter Peter Gerlach, Forschungsprojekte

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estätigendes Einverständnis oder ebenso vehemente Abwehr von Fremdbestimmung, aber<br />

immer Eindeutigkeit, wenn’s ums die moralische Seite ginge. Sie sind repräsentativ: <strong>als</strong>o<br />

öffentlich gerade in ihrem Anschein von Intimität.<br />

Öffentlich wie die Bildnisse der Neuen Sachlichkeit (Christian Schad: 1927 / 1929), auf die<br />

hervorragend eine Stelle aus einem Roman von Hans Steguweit aus dem Jahre 1931 paßt.<br />

In seinem Roman “Jünglinge am Feuerofen” berichtet der Ich-Erzähler Manes Himmerod<br />

eine von ihm <strong>als</strong> repräsentativ verstandene Momentaufnahme der jungen Frauengeneration.<br />

Während einer Zugfahrt kommt ein “junges Mädel” ins Abteil “das nicht mal guten Abend<br />

sagt.”<br />

“Dafür ließ sich die Puppe ins Plüsch fallen, schleuderte die seidenen Beine übereinander<br />

und zündete sich eine Navy-Cut an, die nach Honig und Opium roch. Die kaum<br />

Sechszehnjährige hatte rasierte Augenbrauen und zog sich die Lippenbogen mit einem<br />

Rotstift nach. [...] Ich wußte jetzt, wie ich mir ungefähr die mondäne Fortschrittsjugend<br />

vorzustellen hatte, zumal die Tante in einer Zeitschrift studierte, die sich “Edle Nacktheit”<br />

nannte. Gewiß, die Jungfrau fürchtete sich mehr vor dem Kochherd <strong>als</strong> vor dem Bett. Und<br />

sie würde wohl Gitte, Lo oder Resi heißen, obzwar sie auf Brigitte, Charlotte oder Therese<br />

Namenstag feierte.” (274)<br />

Dagegen stehen die intimen Bildnisse expressionistischer Maler. Und hier weisen diese<br />

Gesichts-Landschaften auf einen völlig anderen Text zurück, nicht wie zuvor auf einen Jung-<br />

Mädchen Roman, sondern auf einen wissenschaftlichen Text von 1913, in dem es um<br />

psychologische Anthropologie geht, weil ich finde, daß darin einige Überlegungen<br />

vorgetragen werden, die erstaunlich gut Aspekte und Probleme expressionistischer Kunst -<br />

ohne von dieser überhaupt nur zu sprechen - vorgetragen werden, noch dazu, wo<br />

zumindest die deutschen expressionistischen Künstler Ansätze von Theorie oder gar<br />

programmatische Manifeste nicht hinterlassen haben. Einer der einschlägigen Autoren ist<br />

eben Ludwig Klages (1923, 3. Aufl., S. 163).<br />

"Man redet heute viel von "Gesichten", glaubt Kunstwerke ausnehmend zu lobpreisen, wenn<br />

man sie für "Visionen" erklärt, schmeichelt dem Künstler oder wähnt, es zu tun, mit dem<br />

Namen des "Visionärs". Nun können zwar Künstler daneben noch Visionäre sein, ganz sicher<br />

aber nicht darin liegt ihre Künstlerschaft. Ja, man darf mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

behaupten: wären alle Künstler von Rang ebenso große Visionäre gewesen, wie sie<br />

tatsächlich bedeutende Künstler waren, so gäbe es gar keine Kunst! Weil nämlich echte

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