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Frankl wollte die Zuhörer mit rationalen Argumenten von der Sinnhaftigkeit des Lebens<br />
überzeugen (vgl. Längle, 1998, S. 145). Dies führt den Menschen in eine Beobachterposition - weg<br />
von sich selbst und vom emotionalen Verweilen bei sich selbst – hin zur Welt und ihrer<br />
Sinnhaftigkeit (vgl. Längle, 1998, S. 146). Gerade daraus hatte Frankl eine Stärke gemacht und<br />
stößt damit gleichzeitig an eine Grenze, wo die psychotherapeutische Arbeit oft beginnt: um das<br />
Bergen der Emotionalität als wesentlichen Aspekt und Orientierungspunkt des menschlichen<br />
Lebens. Aus Frankls Werk spricht viel Lebensweisheit und Lebenserfahrung, die Menschen, die<br />
leiden oder eine Sinn suchen, wertvolle Anregungen geben können. In der Psychotherapie geht es<br />
nicht darum, Menschen von einer bestimmten Lebenseinstellung zu überzeugen, auch wenn sie<br />
noch so hilfreich sein mag. Dann würde die Psychotherapie zu einer Ideologie. Dabei sind natürlich<br />
unsere Grundannahmen, die wir als Psychotherapeuten haben oder in bestimmten Schulen teilen,<br />
immer auch prägend für unsere Arbeit und es ist wichtig, diese möglichst bewusst zu haben und<br />
kritisch zu reflektieren. Allerdings ist es ein Mangel an Offenheit, andere von einer bestimmten<br />
Sichtweise des Lebens überzeugen zu wollen.<br />
2.3.2 Die Weiterentwicklung der Existenzanalyse durch Alfried Längle<br />
Alfried Längle (geb. 1951) hat die Existenzanalyse als in Österreich und anderen Ländern<br />
anerkannte, psychotherapeutische Schule ausgebaut, die über eine Anthropologie und eine klinische<br />
Theorie verfügt und eigene Behandlungsmethoden entwickelt hat. Stumm und Wirth (1991, S. 152)<br />
schreiben über die Existenzanalyse: "In keinem anderen psychotherapeutischen Ansatz ist die Rolle<br />
der Philosophie so deklariert wie hier. (...) Der Ansatz basiert auf Phänomenologie und<br />
Existenzphilosophie, in deren Zentrum der Begriff der Existenz steht." Die Rolle der Philosophie in<br />
der Existenzanalyse zeigt sich, abgesehen von der Phänomenologie, nicht so sehr in der<br />
psychotherapeutischen Praxis, sondern finden sich in den starken Wurzeln, die die differenzierte<br />
existenzanalytische Anthropologie in der Philosophie hat. Alfried Längle (1991, S. 157) beschreibt<br />
das Vorgehen der Existenzanalyse als "phämomenologisch (d.h. von der Aussage des Patienten<br />
geleitet, nicht deutend, sondern verstehend) und dialogisch (den Patienten in Austausch mit seiner<br />
Welt bringend)".<br />
Im Folgenden sollen nur jene Konzepte der Existenzanalyse in aller Kürze beschrieben werden, die<br />
für den praktischen Teil wichtig sind.<br />
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