Juni 2007 - Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs
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fachbericht<br />
Mag. Heidi Reber<br />
heidi.reber@sol.at<br />
Schnell, schneller muss die Mahlzeit<br />
auf den Tisch, und viele Fertiggerichte<br />
schmecken gut: also ab<br />
in die Mikrowelle o<strong>der</strong> ins kochende<br />
Wasser, gleich in <strong>der</strong> Verpackung;<br />
weniger Abwasch hat<br />
man auch. Beim Einkauf drückt die<br />
Zeit nicht weniger – da sind Käseportionen<br />
und Wurstwaren aus<br />
dem Kühlregal mit einem Griff zu<br />
haben. Wer steht schon gerne bei<br />
<strong>der</strong> Feinkost an? Getränke in PET-<br />
Flaschen kommen in den Einkaufswagen, Milch im Tetrapack,<br />
Joghurts, Sauerrahm und Margarine in den praktischen Bechern.<br />
ÖsterreicherInnen als Weltmeister <strong>der</strong> Mülltrennung denken zwar<br />
an die Umwelt und sammeln die angehäuften leeren Packungen<br />
brav im gelben Sack, aber fragen sie sich auch, ob die<br />
bunten Verpackungen ihre Gesundheit gefährden? <strong>Ernährungswissenschafter</strong>Innen<br />
interessiert das schon eher. Wie steht es eigentlich<br />
um die Sicherheit <strong>der</strong> Lebensmittelverpackungen?<br />
Aktuelle EU-Gesetzgebung kann Sicherheit <strong>der</strong> Verpackung nicht garantieren<br />
Die jetzige EU-Gesetzgebung ist laut Dr. Roland Franz, Chemiker<br />
und Toxikologe am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und<br />
Verpackung in Freising (D), in dieser Hinsicht unzureichend. Für<br />
Verpackungsmaterialien gilt die EU-Rahmenverordnung<br />
1935/2004:<br />
„Die Bedarfsgegenstände müssen gemäß dem redlichen<br />
Herstellerbrauch so hergestellt werden, dass sie unter den bestimmungsgemäßen<br />
o<strong>der</strong> vorhersehbaren Bedingungen ihrer<br />
Verwendung an die Lebensmittel keine Bestandteile in einer<br />
Menge abgeben, die geeignet ist,<br />
– die menschliche Gesundheit zu gefährden o<strong>der</strong><br />
– eine unvertretbare Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zusammensetzung o<strong>der</strong><br />
eine Beeinträchtigung <strong>der</strong> organoleptischen Eigenschaften <strong>der</strong><br />
Lebensmittel herbeizuführen.“<br />
Diese Rahmenverordnung wird mit Hilfe von spezifischen europäischen<br />
Richtlinien bzw. Verordnungen umgesetzt. So beruhigend<br />
das klingen mag: Von den tausenden Verbindungen, die in <strong>der</strong><br />
Verpackungsherstellung verwendet werden, so Dr. Franz, ist aber<br />
nur ein kleiner Teil toxikologisch bewertet und spezifisch geregelt.<br />
Chemikalien wan<strong>der</strong>n ein:<br />
Migration von Verpackungskomponenten<br />
Chemisch-analytische Untersuchungen: aufwendig und teuer<br />
Alle Verpackung/Lebensmittel-Kombinationen im Labor zu untersuchen<br />
wäre vom Aufwand und von den Kosten her so gut<br />
wie unmöglich. Labortests werden deshalb meist nicht mit realen<br />
Lebensmitteln, son<strong>der</strong>n mit Simulantien durchgeführt. So wird<br />
z. B. die Migration eines Stoffes in Olivenöl gemessen und aus<br />
den Ergebnissen mittels vorgeschriebener Korrelationsfaktoren<br />
nach EU-RL 85/572/EWG auf das Migrationsverhalten <strong>der</strong> Verpackungskomponenten<br />
in diverse fetthaltige Lebensmittel geschlossen.<br />
Das Simulantien-System kann zu Fehleinschätzungen<br />
führen<br />
Das mit den Korrelationsfaktoren<br />
erhaltene Ergebnis stimmt häufig<br />
nicht mit <strong>der</strong> tatsächlichen Belastung<br />
des Lebensmittels überein.<br />
Eine Studie des Fraunhofer -nstituts<br />
zeigte z. B., dass die Einwan<strong>der</strong>ung<br />
von DPBD (Dimethyl-p-phenylendiamin),<br />
aus einer Folie bei<br />
Salami, Schokolade und Mayonnaise<br />
mit dem für diese Produkte verwendeten Korrelationsfaktor,<br />
<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Migration in Olivenöl basiert, weit unterschätzt<br />
wurde. Weitere Studien zeigten ähnliche Diskrepanzen zwischen<br />
<strong>der</strong> durch die Berechnung vorhergesagten und <strong>der</strong> tatsächlichen<br />
Belastung des Lebensmittels auf.<br />
Ein weiteres Beispiel: Die beiden wässrigen Simulantien Wasser<br />
und 10 % Ethanol sind durch eine zu niedrige Löslichkeit für viele<br />
Migranten gekennzeichnet und daher nicht in <strong>der</strong> Lage, die entsprechenden<br />
Stoffübergänge in wässrige Produkte, z. B. Fruchtsäfte,<br />
realistisch vorherzusagen. Auch hier wird die Migration<br />
weit unterschätzt.<br />
Das Projekt FOOD-MIGROSURE wird Abhilfe schaffen<br />
Das Fraunhofer-Institut hat sich mit 8 weiteren Partnern aus<br />
7 europäischen Län<strong>der</strong>n 1 im Rahmen des FOOD-MIGROSURE-<br />
Projekts dieser Problematik gewidmet und ein Instrumentarium<br />
Lesen Sie weiter auf Seite 11.<br />
einblicke 02/07. Zeitschrift des <strong>Verband</strong>es <strong>der</strong> <strong>Ernährungswissenschafter</strong> <strong>Österreichs</strong> 10