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Martin Skadow, Bootsbauer<br />
Sein geld verdient er mit <strong>de</strong>r reparatur und einlagerung von booten während <strong>de</strong>r Wintermonate.<br />
Doch seine lei<strong>de</strong>nschaft gehört <strong>de</strong>m traditionellen bootsbau. Seit an<strong>de</strong>rthalb Jahren arbeitet martin<br />
Skadow an seiner Segelyacht nach Vorbild englischer lotsenkutter aus <strong>de</strong>m 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt.<br />
text: nicoline haas Fotografie: Klaus nather<br />
Wir wollen keine „Wegwerfgesellschaft“ mehr sein und sehnen<br />
uns nach authentischen Produkten von soli<strong>de</strong>r Qualität<br />
und zeitlosem Stil. Aber nur wenige Menschen können sich<br />
so etwas Gutes leisten, während die Masse auf Industrieware<br />
angewiesen ist. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite haben viele Handwerker<br />
kaum noch Ahnung von <strong>de</strong>m Produkt, das sie herstellen,<br />
weil sie auf einen Teilprozess spezialisiert sind <strong>o<strong>de</strong>r</strong> nur<br />
Maschinen bedienen. Traditionelle Handwerkskunst ist eine<br />
Rarität. Drei Werkstattberichte aus <strong>de</strong>r Metropolregion über<br />
Betriebe, in <strong>de</strong>nen altes Handwerk noch lebendig ist – und<br />
je<strong>de</strong>s Stück ein Unikat:<br />
Als Martin Skadow <strong>de</strong>n Hobel ansetzt, dass die Späne<br />
in die Sonne fliegen, ist er in seinem Element. Der 45-jährige<br />
Bootsbaumeister mag es, mit lebendigem Material zu<br />
arbeiten – und nach <strong>gut</strong>er alter Handwerkstradition. Sein<br />
Geld verdient er mit Reparaturarbeiten und <strong>de</strong>r Einlagerung<br />
von Booten im Winter, doch seine Lei<strong>de</strong>nschaft gehört <strong>de</strong>m<br />
Bau klassischer Holzboote. Seit an<strong>de</strong>rthalb Jahren, immer<br />
dann, wenn etwas Luft ist, werkeln er und seine Frau Anke<br />
auf ihrer kleinen Werft im nie<strong>de</strong>rsächsischen Neuhaus an<br />
<strong>de</strong>r Oste an einer neuen Segelyacht. Vorbild für <strong>de</strong>n 9,65-<br />
Meter-Langkieler sind die englischen Lotsenkutter <strong>de</strong>s ausgehen<strong>de</strong>n<br />
19. Jahrhun<strong>de</strong>rts. Vom eleganten Linienriss <strong>de</strong>s<br />
„Pilot Cutter“ bis zum Stapellauf ist es ein weiter, mühsamer<br />
Weg, was sich am Beispiel <strong>de</strong>s Rumpfes erklären lässt: Nach<strong>de</strong>m<br />
das Gerippe aus verleimten Spanten steht, geht es an<br />
das Anfertigen <strong>de</strong>r Außenhaut-Beplankung aus massivem<br />
Kambala (einem stabilen Holz, das wenig „arbeitet“). Je<strong>de</strong><br />
metropolregion hamburg wirtschaft 27<br />
einzelne Planke wird ausgeschnitten, gehobelt, mit Schmiegen<br />
versehen und mit Hilfe von Wasserdampf in die richtige<br />
Form gebracht.<br />
Bei dieser Arbeit sind nicht nur Geschick und <strong>gut</strong>e<br />
Mathe-Kenntnisse gefragt: „Ein Bootsbauer braucht Auge<br />
und Hand für fließen<strong>de</strong> Formen. Die Linien müssen straken,<br />
also eine harmonische Verbindung mehrerer Punkte<br />
ergeben“, erklärt Martin Skadow. Auch zum Abdichten<br />
<strong>de</strong>s Schiffs setzt er auf eine althergebrachte Technik: Beim<br />
„Kalfaten“ mit speziellen meißelförmigen Werkzeugen wird<br />
Baumwolle in die Fugen <strong>de</strong>r Planken geschlagen. Sie dichtet,<br />
in<strong>de</strong>m sie sich mit Wasser vollsaugt und aufquillt. Dazu<br />
verleiht sie <strong>de</strong>m Rumpf eine gleichmäßige Spannung und<br />
Stabilität. Die Ausbauten für fünf Kojen, Pantry und Navi-<br />
Ecke fertigt <strong>de</strong>r Bootsbauer aus massiver Eiche an, das Deck<br />
aus Teak. Doch bis sein Werk fertig ist, wird noch viel Wasser<br />
die Oste hinabfließen. Auch einen Käufer hat er noch nicht.<br />
„Aufträge im traditionellen Bootsbau sind in <strong>de</strong>r gesamten<br />
Region rar“, bedauert Skadow. Auch sein Kollege Jürgen<br />
Hattecke in Freiburg an <strong>de</strong>r Elbe <strong>de</strong>nke wehmütig an die<br />
Zeiten zurück, als er <strong>unter</strong> an<strong>de</strong>rem beauftragt war, die<br />
schweren Tuckerboote <strong>de</strong>r Helgolän<strong>de</strong>r Dampfer-Börte zu<br />
bauen. „Heute sind fast nur noch Kunststoffboote gefragt,<br />
die in hoher Auflage industriell gefertigt wer<strong>de</strong>n – quasi am<br />
Fließband“, sagt Skadow. Ein Gutes aber habe <strong>de</strong>r Fortschritt<br />
gebracht: „Dank dieser erschwinglichen, pflegeleichten und<br />
einfach zu han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Kunststoffboote konnte Segeln zum<br />
Volkssport wer<strong>de</strong>n.“