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Michael Wittkamp, Bildgießer<br />

Das handwerk <strong>de</strong>s Zieseleurmeisters stammt noch aus <strong>de</strong>r bronzezeit,<br />

ist also rund 4.000 Jahre alt. um gebrauchsgegenstän<strong>de</strong>,<br />

Schmuck <strong>o<strong>de</strong>r</strong> Skulpturen aus einer Kupfer­Zinn­legierung herzustellen,<br />

wur<strong>de</strong> das so genannte Wachsausschmelzverfahren angewandt<br />

– mit <strong>de</strong>rselben metho<strong>de</strong> arbeitet Wittkamp heute.<br />

Laufsohle und <strong>de</strong>r Absatz angefertigt, verklebt und vernäht<br />

wer<strong>de</strong>n. In rund 30 Stun<strong>de</strong>n, Maßnehmen und Leistenbau<br />

ausgenommen, ist das Paar fertig – und seine 1.500 Euro<br />

aufwärts wert. Manche Kun<strong>de</strong>n setzen auf Extravaganz:<br />

Statt Kalbsle<strong>de</strong>r, das Klemann „Brot und Butter“ nennt, tragen<br />

sie lieber Krokodil, Strauß <strong>o<strong>de</strong>r</strong> Elefant an <strong>de</strong>n Füßen.<br />

Und dann zieht <strong>de</strong>r Schuhmacher noch einen echten Schatz<br />

<strong>unter</strong> <strong>de</strong>n Tierhäuten hervor: Das russische Juchtenle<strong>de</strong>r, das<br />

er vom Duchy of Cornwall erwarb, ist geborgenes Fracht<strong>gut</strong><br />

eines 1786 vor Plymouth gesunkenen Schiffs. Als er es in die<br />

Hand nimmt und darüberstreicht, muss er lächeln – wohl<br />

wissend, was man Schönes daraus machen kann.<br />

Michael Wittkamp hat täglich mit kostbarstem Gut zu<br />

tun: In seiner Bildgießerei in Elmenhorst nahe Schwarzenbek<br />

fertigt <strong>de</strong>r 42-jährige Ziseleurmeister Bronzen nach <strong>de</strong>n<br />

Entwürfen seiner Kun<strong>de</strong>n an, <strong>unter</strong> <strong>de</strong>nen viele namhafte<br />

Künstler sind. Gera<strong>de</strong> hat <strong>de</strong>r Hamburger Maler und Bildhauer<br />

Paul Wun<strong>de</strong>rlich zwei majestätische Figuren gießen<br />

lassen, die das neue Rathaus von Eberswal<strong>de</strong> zieren sollen.<br />

Und auch Manfred Sihle-Wissel schaut mal wie<strong>de</strong>r vorbei,<br />

im Kofferraum ein neuer Auftrag für Wittkamp und seine<br />

sieben Mitarbeiter: Mit geschultem Blick prüft <strong>de</strong>r Gießer die<br />

Form <strong>de</strong>r abstrakten tönernen Skulptur, nimmt per Zollstock<br />

Maß und nennt dann eine Zahl, die seinem Kun<strong>de</strong>n nicht<br />

gefällt. „Das Kilo Metall kostet ja nicht die Welt, aber die<br />

Arbeitskraft ist so furchtbar teuer gewor<strong>de</strong>n“, beklagt sich<br />

<strong>de</strong>r Künstler. Das komplizierte Handwerk stammt noch aus<br />

<strong>de</strong>r Bronzezeit, ist also um 4.000 Jahre alt. Um Gebrauchs-<br />

metropolregion hamburg wirtschaft 31<br />

gegenstän<strong>de</strong> und Schmuck aus <strong>de</strong>r Kupfer-Zinn-Legierung<br />

herzustellen, erfand man das Wachsausschmelzverfahren,<br />

das in <strong>de</strong>r Elmenhorster Bildgießerei noch heute praktiziert<br />

wird: „Was <strong>gut</strong> ist, sollte man nicht än<strong>de</strong>rn“, fin<strong>de</strong>t<br />

Wittkamp. Von je<strong>de</strong>m Mo<strong>de</strong>ll wird eine Negativ-Form aus<br />

Silikon mit einem stabilisieren<strong>de</strong>n Gipsmantel erstellt. Diese<br />

wird in einer Stärke von vier Millimetern, <strong>de</strong>r späteren<br />

handwerk ist hier immer wie<strong>de</strong>r eine Kunst, das ausfüllen <strong>de</strong>r<br />

Form mit flüssiger bronze ein archaisches Schauspiel.<br />

Metallstärke, mit flüssigem Wachs ausgepinselt. Das erkaltete<br />

hohle Wachsmo<strong>de</strong>ll entspricht dann als zweites Positiv <strong>de</strong>m<br />

Entwurf <strong>de</strong>s Künstlers. Zur Herstellung <strong>de</strong>r Gussform wird<br />

es mit flüssig angerührter Gips-Schamott-Masse gefüllt und<br />

darin eingebettet. Während vier Tagen bei 600 Grad trocknet<br />

sie durch und alles Wachs fließt aus. In <strong>de</strong>n entstan<strong>de</strong>nen<br />

Hohlraum kann nun die 1.150 Grad glühen<strong>de</strong>, flüssige Bronze<br />

gefüllt wer<strong>de</strong>n: ein archaisches Schauspiel. Wittkamp und<br />

seine Männer tragen dabei hitzebeständige Schuhe, Handschuhe<br />

und Schürzen, Helme und sogar Atemmasken. Ist die<br />

Bronze aus <strong>de</strong>r Form geschlagen, kann die feinere Arbeit <strong>de</strong>r<br />

Ziseleure beginnen: Einguss- und Entlüftungslöcher wer<strong>de</strong>n<br />

entfernt, Einzelteile zusammen geschweißt, die Nähte entfernt,<br />

die Oberflächen bearbeitet und schließlich patiniert.<br />

Zwar stammt die I<strong>de</strong>e und die Formgebung einer Arbeit<br />

immer vom Bildhauer, doch in <strong>de</strong>r Bildgießerei Wittkamp<br />

ist Handwerk noch eine Kunst.

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