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VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...

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202 Albrecht Götz von Olenhusen<br />

Parteikanzlei" nach mehrfachen Mahnungen durch das REM schließlich am<br />

22. April 1943 mitgeteilt worden war, „Mischlinge zweiten Grades" seien regelmäßig<br />

zuzulassen und die erforderlichen politischen Beurteilungen beschleunigt<br />

abzugeben 156 , verweigerten von Anfang an nahezu alle meist nach langer Verschleppungstaktik<br />

ihre Zustimmung. Bei den in Freiburg ersichtlichen Fällen gaben<br />

sie nur ein einziges Mal eine positive politische Beurteilung ab. Anfangs unterzog<br />

man sich noch der Mühe, offensichtliche Scheinbegründungen wie „undeutsches<br />

Benehmen und jüdisches Aussehen" oder „einer Ausnahmebehandlung nicht würdiges<br />

Gesamtverhalten" anzuführen. Während das Gaupersonalamt in Straßburg<br />

ab 1943 aber überhaupt auf die Angabe von Gründen verzichtete, leitete die Gauleitung<br />

Berlin die politische Unzuverlässigkeit des Bewerbers daraus ab, daß er<br />

„Mischling zweiten Grades" war 157 , lehnte die Bearbeitung der Universitätsanfragen<br />

generell ab (weil im Krieg die Rechte jüdischer „Mischlinge" von untergeordneter<br />

Bedeutung und die „Mischlingsfrage" noch nicht endgültig geklärt sei) oder<br />

versagte die Zulassung mangels „besonderer Verdienste um die Bewegung" 168 .<br />

Und es ist gewiß Ausdruck des mit Bormanns Aufstieg seit 1941 wieder erheblich<br />

verstärkten Einflusses der Partei, wenn entgegen den zwischen Rusts politisch<br />

wenig gewichtigem REM und der Parteikanzlei getroffenen Vereinbarungen die<br />

Gauleitungen die „völlig kompromißlose Haltung" der NSDAP und ihre grundsätzliche<br />

Ablehnung des Studiums von „Mischlingen zweiten Grades" sogar ganz<br />

offen aussprachen 159 . Ministerium und Universität dienten damit jetzt nur noch als<br />

Fassaden, hinter denen die eigentliche Entscheidung bei der Partei fiel, auf die<br />

faktisch die Zulassungskompetenz übergegangen war. Das ursprünglich als weltanschauliche<br />

Kontrollinstanz angelegte Organ war zu einem Mittel radikaler Durchsetzung<br />

ideologischer Ziele gegen die höchsten Amtsträger des Staates geworden 160 .<br />

156<br />

Vertrauliche Mitteilungen der Parteikanzlei, 1943, Folge 18 (<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Zeitgeschichte,<br />

München). Vgl. auch BA-R 21/448, 45, REM a. d. Rektor d. Univ. Berlin, 22. 9. 1943.<br />

157<br />

FUA XIV/2, 18, Schr. d. Gauleitungen a. d. Rektor d. Univ. Freiburg aus den Jahren<br />

19453 u. 1944.<br />

158<br />

Geh. StAB 879, 338, 342, 347, 350, 355, 356, Vermerke v. RegDir. Kock, Mai 1943:<br />

„Vorgelegt, weil Gauleitung Berlin allgemein Bearbeitung ablehnt und deshalb keine Stellungnahme<br />

abgibt. Ich habe deswegen an Parteikanzlei (Landrat Looft) geschrieben."; 879, 209,<br />

Gauleitung Berlin a. d. Rektor d. Wirtschaftshochschule Berlin, 15. 2. 1943; 876, 424, Gauleitung<br />

Berlin a. d. Rektor d. TH Berlin, 6. 7. 1944. In Sachsen erhob Gauleiter Mutschmann<br />

mit Erfolg „grundsätzliche Bedenken" gegen die Zulassung von „Mischlingen 2. Gr.", Geh.<br />

StAB 876, 184, d. Rektor d. Univ. Leipzig an REM, 11. 11. 1943.<br />

159<br />

Zu Rust vgl. A. Krebs, Tendenzen und Gestalten der NSDAP, Stuttgart 1959, S. 229;<br />

ferner die <strong>für</strong> seine Einschätzung seitens der anderen Minister Hitlers typischen abwertenden<br />

Bemerkungen Goebbels' und Rosenbergs bei H. G. Seraphim (Hrsg.), Das politische Tagebuch<br />

Alfred Rosenbergs 1934/35 und 1939/40, München 1964, S. 105, 115; L. P. Lochner (ed.),<br />

The Goebbels Diaries 1942-1943, New York 1948, S. 361, 375, 378. - FUA XIV/2, 21, Gauleitung<br />

Straßburg a. d. Rektor d. Univ. Freiburg, 23. 12. 1943; Geh. StAB 879, 461, 114f.,<br />

d. Rektor d. Univ. Heidelberg an REM, 4. 1. 1943; REM an Parteikanzlei, 10. 2. 1943;<br />

879, 268, Gauleitung Weser-Ems an Rektor d. Wirtschaftshochschule Berlin, 11. 2. 1943.<br />

160<br />

Zur Kontrollfunktion der NSDAP vgl. W. Schäfer, NSDAP, Entwicklung und Struktur<br />

der Staatspartei des Dritten Reiches, Hannover, Frankfurt/M. 1957, S. 82.

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