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VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...

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124 Klaus Schwabe<br />

ohne Schwierigkeiten <strong>für</strong> das Amt des Vorsitzenden eines vorbereitenden Ausschusses<br />

werben ließ. Seeberg, bei dem sich ein hegelianisch gefärbter Konservativismus<br />

harmonisch mit orthodox-lutherischer Theologie verband, stand den alldeutschen<br />

Bestrebungen von Haus aus sympathisch gegenüber, wie schon seine Freundschaft<br />

mit F. Lezius zeigte 81 . Ganz besonders aber fühlte er sich als Baltendeutscher von<br />

dem alldeutschen Kriegszielprogramm, angesprochen 82 .<br />

Damit war ein zugkräftiger Name <strong>für</strong> das alldeutsche Unternehmen gefunden.<br />

Trotzdem schien es sich zunächst nicht verheißungsvoll anzulassen. Vietinghoff<br />

hatte Seeberg von vornherein davon unterrichtet,<br />

„daß die großen Industriellen sehr <strong>für</strong> das Nehmen sind, wogegen die Akademiker<br />

flau sind . . ," 83 ,<br />

und das bestätigten Seebergs eigene Eindrücke von der Berliner Universität 84 .<br />

Bei der am 26. März 1915 stattfindenden ersten vorbereitenden Sitzung, an der<br />

neben den beiden Genannten auch noch Hugenberg und Wangenheim (<strong>für</strong> die<br />

Landwirtschaft) teilnahmen,<br />

„herrschte völlige Übereinstimmung über energische Forderungen . . . " 85 .<br />

Dagegen schienen die Intellektuellen den Kanzler zu unterstützen, der nur koloniale<br />

Ziele anstrebte — wie Seeberg dies erklärte, weniger aus dem Gefühl der Saturiertheit<br />

heraus als aus falsch verstandener „Anständigkeit", zu der sich gerade die Liberalen<br />

in ihrer moralischen Empörung über England verpflichtet fühlten 86 . Doch<br />

auch die Militärs, so stellte man fest, waren vorsichtig.<br />

„Die Stimmung war gedrückt . . . " 87 .<br />

An den weiteren Sitzungen beteiligten sich noch Kirdorff, der schon erwähnte<br />

F. Lezius, H. Schumacher 88 und H. v. Liebig, Dozent an der Universität Gießen,<br />

ein fanatischer Gegner des Systems „B" (= Bethmann) und einer der wenigen<br />

akademischen Anhänger der damals aufkommenden sozialen Rassentheorien 89 . Es<br />

scheint nicht ganz einfach gewesen zu sein, die östlichen und westlichen Kriegszielforderungen<br />

auf einen Nenner zu bringen, und Seeberg glaubte den schließlichen<br />

Erfolg u. a. seiner eigenen Vermittlungstätigkeit zuschreiben zu dürfen, gerade wie<br />

das Schumacher wenige Monate vorher auch getan hatte 90 . Die Redaktion der Ein-<br />

81<br />

Lezius an Kropatschek, o. D., Mai 1913 [?], SK.<br />

82<br />

Seeberg an Bonwetsch, 5. V. 1915, SK.<br />

83<br />

Seeberg an Lezius, 12. III. 1915, SK.<br />

8<br />

* Schon am 14. II. 1915 an Lezius: . . . „Niemand von den Notablen will reden, weil keiner<br />

später Unrecht haben will. Aber im Ganzen herrscht die Stimmung: nicht zu viel ..." SK.<br />

85<br />

Seeberg an Lezius, 26. III. 1915, SK.<br />

86<br />

Ebd., und Seeberg an Lezius, 14. IL 1915, SK.<br />

87<br />

Ds. an Lezius, 26. III. 1915, SK.<br />

88<br />

A. Gildemeister an Seeberg, 26. V. 1915, SK.<br />

89<br />

H. v. Liebig, Die Politik v. Bethmann Hollwegs, als Manuskript gedruckt 1915, publiziert<br />

1919, vgl. Kruck, a.a.O., S. 91.<br />

90<br />

Seeberg an Pester, 5. IX. 1915, FK: . . . „Es hielt damals sehr schwer, zwischen den<br />

Gruppen zu vermitteln, deren eine nur Osten, deren andere nur Westen rief ..."

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