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VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...

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Der Nationalsozialismus und die Danziger Opposition 171<br />

Am 21. Oktober sagte Forster in einer „Belegschaftsversammlung" der Städtischen<br />

Sparkasse: „Nachdem die SPD verboten worden ist, muß mit allen Mitteln<br />

versucht werden, die bisherigen Anhänger der Sozialdemokratie in die nationalsozialistischen<br />

Organisationen einzugliedern. Wer nicht zu gewinnen ist, muß vernichtet<br />

werden." 88 Mit einem ironischen Hinweis auf die Schwäche des Völkerbundes<br />

sagte er weiter: „Noch vor einem halben Jahr hätte die Regierung nicht<br />

wagen können, Parteien aufzulösen."<br />

Die Begleitmusik zu dem Vorgehen gegen die SPD bildeten Terrorakte gegen<br />

Sozialdemokraten, besonders in den Landgebieten, und ein Überfall auf eine Mitgliederversammlung<br />

der Zentrumspartei am 14. Oktober. Kurz nach Beginn der<br />

Rede des Zentrumsabgeordneten Wawer stürmten geschlossene Trupps von Nationalsozialisten<br />

in den Saal und schlugen blindlings auf die wehrlosen Versammlungsteilnehmer<br />

mit Stahlruten, Gummiknüppeln und andern Waffen ein. Vier Versammlungsteilnehmer<br />

wurden so schwer verletzt, daß sie ins Krankenhaus überführt<br />

werden mußten. Die Polizei griff nicht ein.<br />

Da die Zentrumspartei sich nicht, wie von Forster erhofft, selbst auflöste, kündigte<br />

er mehrfach ihr bevorstehendes Verbot an. Zunächst aber erteilte im Dezember<br />

1936 die nationalsozialistische Mehrheit des Danziger Volkstages die Genehmigung<br />

zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens — mit dem Ziel der Dienstentlassung —<br />

gegen den ersten Vorsitzenden, den Geistlichen Studienrat Dr. Richard Stachnik 89 .<br />

Am 18. Dezember fand eine Aktion der Politischen Polizei gegen das Zentrum<br />

statt, nachdem am 16. Dezember schon Mitglieder der Zentrumspartei verhaftet<br />

worden waren. Unter den Verhafteten befand sich ein Amtsrichter und ein Regierungsrat.<br />

Haussuchungen fanden statt bei Dr. Stachnik, bei dem zweiten Vorsitzenden,<br />

Bergmann, und dem Volkstagsabgeordneten Posack, der nebenamtlich Sekretär<br />

der Partei war. Bergmann wurde dabei verhaftet. Zur gleichen Zeit wurde das<br />

Sekretariat der Zentrumspartei polizeilich durchsucht.<br />

In der dritten Woche des Februar 1937 führte die Politische Polizei einen neuen<br />

gefährlichen Schlag gegen die Zentrumspartei. Dr. Stachnik wurde verhaftet, ohne<br />

daß vorher seine Immunität vom Parlament aufgehoben worden war. Zusammen<br />

mit dem Herausgeber des „Das Kleine Blatt", Grzenia, wurde er verurteilt, weil<br />

dieses Blatt angeblich eine Ersatzzeitung der verbotenen „Danziger Volks-Zeitung"<br />

war. Dr. Stachnik erhielt sechs, Grzenia vier Monate Gefängnis.<br />

Jetzt befanden sich drei der prominentesten Führer der Opposition hinter Gefängnismauern<br />

: Dr. Stachnik, Dr. Blavier, der eine führende Rolle bei den Deutsch-<br />

nach Berlin gerufen wurden und daß die Danziger Politische Polizei in der 2. Oktoberhälfte<br />

20 Gestapo-Leute aus dem Reich neu einstellte.<br />

88 Neuer Vorwärts (Karlsbad) Nr. 178 v. 8. 11. 1936.<br />

89 Der Grund des Disziplinarverfahrens war fingiert. Dr. St. hatte — wie jeder andere beamtete<br />

Abgeordnete — von dem ihm nach Artikel 24 der Danziger Verfassung zustehenden<br />

Recht — und jahrelang unangefochten — Gebrauch gemacht, keinen Urlaubsantrag <strong>für</strong> die Ausübung<br />

seines Amtes als Abgeordneter zu stellen. — Diese und die folgenden Auskünfte wurden<br />

dem Autor von Dr. R. Stachnik selbst gegeben. Siehe außerdem Neuer Vorwärts (Karlsbad)<br />

Nr. 183 v. 13. 12. 1936, Nr. 187 v. 10. 1. und Nr. 193 v. 21. 2. 1937.

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