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VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...

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170 Ernst Sodeikat<br />

in einer Rede vor den Danziger Juristen zugegeben. Er sagte: „Meine Herren,<br />

glauben Sie nicht, daß die oppositionellen Zeitungen noch erscheinen werden. Die<br />

sind ein <strong>für</strong> allemal verboten, und auch <strong>für</strong> ihre Hintermänner ist das letzte Stündlein<br />

bald gekommen. Gewiß, wir wissen noch nicht, wie wir das machen. Es wird<br />

aber gemacht, denn wir haben ja immer Glück gehabt." 83<br />

Zu dieser Vernichtung der Danziger demokratischen Oppositionspresse hatte der<br />

Völkerbundsrat - wenn auch ungewollt - Mithilfe geleistet. Er hatte im Januar 1936<br />

zum Schutz der Pressefreiheit in Danzig ein Pressegericht gefordert 84 . Es war von<br />

Greiser konzediert, bereits in der zweiten Februarhälfte errichtet, aber mit ausgesuchten,<br />

absolut linientreuen nationalsozialistischen Richtern besetzt worden 88 .<br />

Im September 1936 konnte dann der Völkerbund bereits zur Kenntnis nehmen, daß<br />

das von ihm geforderte Pressegericht in wenigen Monaten ganze Arbeit geleistet<br />

hatte: die Danziger Oppositionspresse war tot!<br />

Ganze Arbeit wurde jetzt von Forster auch in anderer Weise noch geleistet. Durch<br />

zwei „Rechtsverordnungen", beide vom 16. Juli 1936 86 , setzte sich der nationalsozialistische<br />

Senat über die Bestimmungen der Danziger Verfassung völlig hinweg,<br />

und zwar auf den Gebieten des Vereinsrechtes, des Versammlungsrechts, des Pressewesens,<br />

des Waffentragens und der Schutzhaft. Damit war der Weg <strong>für</strong> eine völlige<br />

Vernichtung der Opposition frei, und die Nationalsozialisten konnten sich dabei sogar<br />

„im Rahmen der Gesetze halten", wie Greiser es zugesagt hatte.<br />

Am 3. Oktober 1936 setzten schlagartig Polizeiaktionen gegen die Sozialdemokratische<br />

Partei ein. 74 Teilnehmer einer Parteikonferenz wurden am 4. Oktober in<br />

Haft genommen. Eine Anzahl sozialdemokratischer Führer war verhaftet worden,<br />

weil sie angeblich unbefugte Waffen in ihrem Besitz hatten. Dieser Vorwand war <strong>für</strong><br />

ein Verbot der Sozialdemokratischen Partei notwendig, weil nach der Rechtsverordnung<br />

vom 16. Juli 1936 ein Verein aufgelöst werden konnte, wenn drei seiner<br />

Vorstandsmitglieder oder aber Mitglieder mit Wissen des Vorstandes Waffen besaßen.<br />

Die <strong>für</strong> diese Anschuldigungen notwendigen Haussuchungen wurden in Abwesenheit<br />

der Betroffenen durchgeführt und fanden ohne Zeugen statt. In der<br />

zweiten Oktoberhälfte befanden sich etwa 120 Sozialdemokraten in polizeilicher<br />

Schutzhaft. Am 14. Oktober wurde die Sozialdemokratische Partei verboten, nachdem<br />

zwei, vermutlich von politischen Polizei-Spitzeln hinter Aktenordnern versteckte<br />

Revolver von der Politischen Polizei im Parteibüro der SPD „gefunden"<br />

und beschlagnahmt worden waren 87 .<br />

83 Neuer Vorwärts (Karlsbad) Nr. 178 v. 8. 11. 1936.<br />

84 Siehe Anmerkung 59, S. 37.<br />

85 Vgl. auch Leonhardt, a. a. O., S. 244/245.<br />

86 Rechtsverordnung zur Abänderung einiger Verwaltungsvorschriften v. 16. 7. 1936;<br />

Rechtsverordnung betreffend Änderung der Rechtsverordnung über Waffen und des Reichsvereinsgesetzes<br />

v. 16. 7. 1936. Gesetzblatt f. d. P. St. D., Nr. 50/1936.<br />

87 Vgl. Leonhardt, a. a. O., S. 266f. - Gutachten der „Vertretung der Freien Stadt Danzig"<br />

(Lübeck) v. 22. 4. 1954. - Aufzeichnungen des Senators a. D. Willy Moritz v. 30. 1. 1960. -<br />

Siehe auch Forster/Löbsack, a. a. O., S. 276. — Bezeichnend ist auch, daß vor dem Erlaß des<br />

Verbots der Danziger Polizeipräsident Froböß und der Leiter der Politischen Polizei, Grötzner,

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