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VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...

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184 Albrecht Götz von Olenhusen<br />

lingen" nicht mehr gewährt werden 47 . Ausgenommen waren nur Frontkämpfer<br />

oder Studenten, deren Väter im Weltkrieg gefallen waren. Auf Anordnung des<br />

RMdl stellte das Studentenwerk die Unterstützung jüdischer Studenten ein.<br />

Schließlich setzte die Führung der DSt einen noch radikaleren Kurs durch, der die<br />

Förderung von der Mitgliedschaft in der Studentenschaft abhängig machte, wie man<br />

auch die „Nichtarier" aus der Studienstiftung des Deutschen Volkes ausschloß 48 .<br />

Bei der Vielzahl der an der Gestaltung des Hochschulrechts beteiligten oder sich<br />

Rechte anmaßenden Ministerien oder Parteiinstanzen waren allerdings widersprüchliche<br />

und wechselnde Anordnungen unausbleiblich. Nicht zu Unrecht hat<br />

man das Chaos der Kompetenzen in diesem äußerlich so monolithisch wirkenden,<br />

tatsächlich aber von Rivalitätskämpfen wuchernden Staat als „totalitäre Anarchie"<br />

bezeichnet 49 . Beispielhaft da<strong>für</strong> sind die unterschiedlichen Entscheidungen in der<br />

Frage, ob „nichtarische" Medizinstudenten an staatlichen Anstalten wie Universitätskliniken<br />

zum Famulieren zugelassen werden dürften. Das wurde vom Badischen<br />

KM verneint 50 , während das im allgemeinen etwas maßvollere preußische<br />

Kultusministerium die zum Studium zugelassenen „Nichtarier" anderen Studenten<br />

grundsätzlich gleichgestellt wissen wollte 51 . Dieser Auffassung folgte schließlich<br />

das REM mit der Begründung, die Famulatur sei als wesentlicher Bestandteil<br />

des Studiums anzusehen 52 .<br />

Bei der „Gleichschaltung" der Hochschulen durch die Nationalsozialisten spielten<br />

bekanntlich auch große Teile der Studenten, die schon lange vor der Machtergreifung<br />

den Weg zum NSDStB gefunden hatten und sich jetzt durch bedeutende Gelehrte<br />

bestätigt fühlen durften, eine wesentliche Rolle 53 . Der NSDStB kontrol-<br />

47<br />

FUA XIV/2, 18, RdErl. d. PrMWKV v. 22. 4. 1933 -1 U 21086 -, zit. nach einem Erl.<br />

d. PrMWKV v. 9. 12. 1933 (Ahschr.); vgl. auch H. David, Die Rechtsstellung der Juden und<br />

jüdischen Mischlinge in Deutschland, Berlin 1936, S. 81; B. Hoffmann, Die Ausnahmegesetagebung<br />

gegen die Juden von 1933-1945 unter besonderer Berücksichtigung der Synagogengemeinde<br />

Köln, Diss. jur. Köln 1963, S. 72. Allerdings hat man dennoch an einigen Universitäten<br />

(z. B. Frankfurt a. M., Freiburg i. Br., München) Studenten jüdischer Abstammung Gebührenerlaß<br />

gewährt (Mitt. an den Verf.).<br />

48<br />

Vgl. H. Schlömer, a. a. O., S. 68ff., 71 f.<br />

49<br />

W. Petwaidic, Die autoritäre Anarchie, Hamburg 1946.<br />

50<br />

FUA XIV/2, 18, Erl. d. Bad. KM v. 17. 4. 1934 - Nr. A 10503 -, mit der Begründung,<br />

daß dort auch keine „nichtarischen" Medizinalpraktikanten zugelassen seien. Vgl. auch FUA<br />

XIV/2, 20, Erl. d. Bad. KM v. 23. 4. 1935 - Nr. A 7004 -; FUA XIV/2, 18, Erl. d. RMdl<br />

v. 5. 4. 1934 - Nr. II 2111/24. 3. -, zit. n. einem Erl. d. Bad. KM v. 13. 11. 1934 - Nr. 29647.<br />

51<br />

FUA XIV/2, 18, RdErl. d. PrMWKV v. 11. (16.?) 6. 1933 - U I1331 -, zit. n. einem Erl.<br />

d. PrMWKV v. 9. 12. 1933 (Abschr.).<br />

52<br />

FUA XIV/2, 18, vertraul. Erl. d. REM v. 18. 6. 1936 - W I i Nr. 1020 -: dabei überließ<br />

das REM allerdings bei den in der Prüfungsordnung vorgeschriebenen Tätigkeiten in den<br />

Frauenabteilungen die Entscheidung im Einzelfall „dem taktvollen Ermessen der Klinikdirektoren".<br />

53<br />

Zur „Gleichschaltung" der Hochschulen vgl. Bracher, Sauer, Schulz, a. a. O., S. 317ff.,<br />

565ff.; J. C. Fest, Das Gesicht des Dritten Reiches, München 1963, S. 338ff., besonders<br />

S. 342ff.; Th. litt, The National-Socialist Use of Moral Tendencies in Germany, in: The<br />

Third Reich, London, 1955; frühe Versuche einer zusammenfassenden Darstellung: E. J.

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