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Titelstory<br />
lange an einen Stabilitätskurs glauben<br />
und sich mit niedrigen Zinsen für Staatspapiere<br />
zufriedengeben.<br />
Die weiter expansive Geldpolitik der<br />
Notenbanken legt jedenfalls den Schluss<br />
nahe, dass sich ein gewisses Maß an<br />
Infl a tion gar nicht mehr vermeiden lässt.<br />
Die großen Notenbanken der Industrieländer<br />
dürften erst 2011 damit beginnen,<br />
die Zinsschraube wieder vorsichtig anzuziehen.<br />
Wie viel wird gespart? Es bleibt der dritte<br />
und zugleich schmerzhafte Weg: das<br />
Sparen. Die Wirtschaftssubjekte müssen<br />
ihre Ausgaben senken bzw. ihre Einnahmen<br />
erhöhen, um den Schuldendienst<br />
leisten zu können und ihre Kreditwürdigkeit<br />
zu stärken. Doch diese Strategie hat<br />
den Nachteil, dass sie die Wirtschaftsaktivität<br />
abwürgt und sich somit als der<br />
direk teste Weg zu einem erneuten Rückfall<br />
in die Rezession erweisen kann.<br />
Fast jeden Tag werden derzeit in einem<br />
Industrieland neue Sparprogramme<br />
verkündet, um die hohen Defi zite abzubauen.<br />
Griechenland hat sich vorgenommen,<br />
sein strukturelles Primärdefi zit in die-<br />
sem Jahr um 8 Prozent des BIP zu vermindern,<br />
auch Spanien und Portugal haben<br />
ambitionierte Sparprogramme verkündet.<br />
Das britische Sparprogramm sieht unter<br />
anderem eine Erhöhung der Mehrwertsteuer<br />
und der Kapitalertragssteuer vor,<br />
außerdem Kürzungen im Sozial bereich<br />
und eine Erhöhung des Renteneintrittsalters<br />
auf 66 Jahre. Binnen fünf Jahren soll<br />
mit diesem Maßnahmenbündel das Haushaltsdefi<br />
zit von derzeit 10 Prozent des BIP<br />
auf 1 Prozent herunter gedrückt werden.<br />
Anders sieht die Situation jedoch für<br />
die USA, Deutschland und Japan aus.<br />
Bei diesen Schwergewichten unter den<br />
Industrieländern wird nur mäßig konsoli-<br />
diert. So werden die Staatsausgaben<br />
in den USA erst<br />
in der zweiten Hälfte dieses<br />
Jahres leicht sinken.<br />
Für Deutschland ergibt sich<br />
aus den anstehenden Konsolidierungsmaßnahmen<br />
für 2010 noch keine Bremswirkung<br />
für die Konjunktur. Für den gesamten<br />
Euroraum rechnen die Analysten<br />
der Commerzbank mit einem Rückgang<br />
des strukturellen Defi zits um etwa<br />
1 Prozent des BIP. Es zeigt sich, dass die<br />
gefährdeten Peripherieländer der Eurozone<br />
zwar kräftig sparen werden, für die<br />
Industrieländer insgesamt ergibt sich jedoch<br />
ein anderes Bild: In diesem Jahr<br />
wird sich den Commerzbank-Berechnungen<br />
zufolge das strukturelle Primär defi zit<br />
im Durchschnitt dieser Länder kaum verändern.<br />
Für 2011 ergibt sich ein moderater<br />
Rückgang um 1,3 Prozent.<br />
Wie wahrscheinlich ist ein Double Dip?<br />
Insgesamt ergibt sich das Bild einer Weltwirtschaft,<br />
die versucht, zwischen der<br />
Skylla einer Inflation und der Charybdis<br />
einer Deflation hindurchzusteuern.<br />
Während die Geld politik weiter expan-<br />
siv bleibt, unternehmen die<br />
Staaten und die Verbraucher<br />
– nach Ländergruppen<br />
ungleich verteilt – moderateKonsolidierungsanstrengungen,<br />
die mehrheitlich jedoch<br />
erst ab 2011 ihre Bremswirkung ent falten<br />
werden.<br />
Ein Double Dip im Weltmaßstab dürfte<br />
daher kein Szenario für dieses Jahr<br />
sein, auch wenn für einzelne Staaten, wie<br />
etwa Griechenland, sich die Rezession<br />
Notenbanken bleiben locker „Problemländer“ mit geringem Gewicht<br />
reale Leitzinsen in Prozent<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
-1<br />
Prognose<br />
-2<br />
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />
Anteil am BIP der Industrieländer in Prozent<br />
60<br />
Deutschland<br />
50<br />
Japan<br />
40<br />
USA<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
„Ein Double Dip<br />
dürfte 2010 noch<br />
kein Thema sein.“<br />
USA, Japan, Deutschland Portugal, Griechenland, Spanien, Irland<br />
Sparbemühungen treffen die Weltwirtschaft kaum<br />
MÄRKTE & ZERTIFIKATE | 05/2010<br />
EZB Fed<br />
Sparanstrengungen müssen vor allem die Problemländer Griechenland, Spanien,<br />
Portugal und Irland vornehmen. Doch sie haben zusammen nur wenig weltwirtschaft-<br />
Real negative Leitzinsen*<br />
liches Gewicht, der direkte Effekt ihrer Sparbemühungen auf die Weltwirtschaft ist<br />
Die EZB, aber insbesondere die Fed laden mit real negativen Leitzinsen dazu ein, sich daher relativ gering. Die Großen (USA, Japan, Deutschland) sparen hingegen nur<br />
bei ihnen zu verschulden. Die Niedrigzinsen dürften aus der Sicht von Volkswirten moderat. Die Gefahren, die von den Ländern der Euro-Peripherie ausgehen, sind viel-<br />
auch im neuen Jahr bestehen und die Geldpolitik extrem locker bleiben.<br />
* Reale Leitzinsen in den USA und in der Eurozone, defl ationiert mit der Infl ationsrate (ohne<br />
Nahrung und Energie); Prognose ab Juni 2010; Quellen: Global Insight, Commerzbank<br />
mehr indirekter Natur. Im Falle eines Staatsbankrotts könnte es vor allem deutsche und<br />
französische Banken treffen, die als Kreditgeber für diese Länder groß im Geschäft sind.<br />
Research; Stand: Juni 2010 Quellen: IWF, Commerzbank Research; Stand: Juni 2010<br />
12<br />
Die Performance in der Vergangenheit ist kein verlässlicher<br />
Indikator für die künftige Wertentwicklung.