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BOLD THE MAGAZINE No.06

SEHNSUCHT INNIGES VERLANGEN | HOFFNUNG STIRBT ZULETZT | BELLA ITAL IA | TOCOTRONIC | FASHION SPECIAL | SPANISH AVIDNESS – BARCELONA | INNER DESIRE – PARIS | HUNDERTWASSER

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Schwerpunkt | Sehnsucht | Hoffnung stirbt zuletzt<br />

<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 17<br />

Farhad Ibrahim (Name geändert) streckt<br />

seinen Unterarm aus und zeigt eine<br />

Narbe. „Während eines Verhörs im Militärgefängnis<br />

hat ein Soldat meine Hand<br />

gepackt und so lange auf den Tisch<br />

geschlagen, bis ich ohnmächtig wurde“,<br />

sagt er. „Drei meiner Finger kann ich<br />

immer noch nicht richtig beugen, beim<br />

Schreiben tut mir die Hand weh“. Sein<br />

Blick ist eindringlich, aber voller Wärme.<br />

Seine Züge lassen keine Spuren von<br />

Verbitterung erkennen.<br />

Erstaunlich gefasst erzählt der 31-jährige<br />

seine Geschichte: Der Leidensweg des<br />

gelernten Bankkaufmanns beginnt<br />

während seines Militärdienstes bei<br />

der syrischen Armee und soll fünf<br />

lange Jahre dauern. Die kurdische<br />

Herkunft wird dem jungen Mann zum<br />

Verhängnis. Der Kreislauf aus Folter,<br />

Demütigung und Gefängnisaufenthalten<br />

geht in seine erste Runde. Ibrahim<br />

flüchtet schließlich in den Nachbarstaat<br />

Libanon. Dort wird er aufgrund einer<br />

Verwechslung verdächtigt, an der Ermordung<br />

des libanesischen Premiers Hariri<br />

beteiligt gewesen zu sein. Der libanesische<br />

Geheimdienst misshandelt den<br />

damals 25-jährigen und liefert ihn dann<br />

an Syrien aus. Seine Familie zahlt für<br />

seine Freilassung, aber Ibrahim muss sich<br />

weiterhin täglich beim Amt melden, wird<br />

geschlagen und gedemütigt. Schließlich<br />

flüchtet er über die Türkei nach<br />

Zypern, beantragt Asyl und wartet zwei<br />

lange Jahre auf eine Entscheidung der<br />

Behörden. Vergeblich ... Der Gestrandete<br />

flieht nach Norwegen, wird aber gleich<br />

zurück nach Zypern geschickt. Dort landet<br />

er im Gefängnis. Statt Hilfe bekommt<br />

er Tritte und Faustschläge. „Die haben<br />

mich nackt mit ausgestreckten Armen<br />

zwischen zwei Bettpfosten angekettet<br />

und mir in den Magen geboxt“, erinnert<br />

er sich. Ich habe geweint und sie gefragt:<br />

Warum macht ihr das?“ Seine Peiniger<br />

lässt das kalt. Verzweifelt wendet sich<br />

Ibrahim ans norwegische Konsulat, wird<br />

auf dessen Druck nach neun Monaten<br />

Haft endlich freigelassen. Sein Asylantrag<br />

aber wird abgelehnt, die Abschiebung<br />

nach Syrien droht erneut.<br />

Gefängnis<br />

statt Schutz<br />

Am 2. April 2011 fliegt Ibrahim über die<br />

Türkei nach Deutschland. Dort unterstützt<br />

ihn die Hilfsorganisation Pro Asyl<br />

und vermittelt ihm erstmalig einen<br />

Anwalt. Der sonst so Geduldige ist von<br />

der Folter gezeichnet und ausgebrannt.<br />

„Ich fahre jetzt seit fünf Jahren durch die<br />

Welt. Bitte sagen Sie mir gleich, wenn ich<br />

in diesem Land keine Chance habe. Ich<br />

will einfach eine Zukunft haben“, sagt<br />

er dem Richter – und bekommt endlich<br />

Unterstützung. Deutschland gewährt<br />

ihm Asyl. Ibrahim zieht nach München<br />

ins Asylbewerberheim, teilt sich den<br />

Raum mit sechs Zimmergenossen und<br />

besucht einen Deutschkurs. Er lernt<br />

schnell, schließt den Sprachunterricht<br />

mit Bestnote ab und hilft nun ehrenamtlich<br />

Anderen bei Übersetzungen oder<br />

Behördengängen. „Deutschland ist das<br />

erste Land, das mich respektiert“, sagt er.<br />

„Ich will etwas zurückgeben.“ Griechisch<br />

und Deutsch, die Sprachen, die er im

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