MK_Bericht der BGS - CDU Deutschlands
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18 Präimplantationsdiagnostik (PID)<br />
Dr. Peter Liese<br />
Frau Vorsitzende!<br />
Meine lieben Parteifreundinnen<br />
und Parteifreunde!<br />
In dieser Debatte müssen wir beides berücksich -<br />
tigen: Unsere Prinzipien und die konkrete Lebens -<br />
situation, das konkrete Leiden <strong>der</strong> Familien, die<br />
das Risiko tragen, ein krankes Kind zu bekommen.<br />
Seit über 20 Jahren arbeite ich mit diesen Familien.<br />
Ich habe meine Doktorarbeit am Institut für<br />
Humangenetik geschrieben und dabei viele Familien<br />
mit schweren Konflikten kennengelernt. Ich<br />
habe in einer Kin<strong>der</strong>klinik gearbeitet und schwerkranke<br />
Kin<strong>der</strong>, die an genetisch verursachten Erkrankungen<br />
leiden, behandelt.<br />
Ich bin als Europaabgeordneter für die Gesundheitspolitik<br />
unserer Fraktion verantwortlich. Jede<br />
Woche kommen Familien zu mir, die zum Beispiel<br />
Kin<strong>der</strong> mit Mukoviszidose – dieser Schleimdrüsenerkrankung,<br />
die vor allen Dingen die Lunge<br />
schädigt – o<strong>der</strong> mit an<strong>der</strong>en genetisch bedingten<br />
Erkrankungen haben. Ich nehme das<br />
Leid dieser Familien sehr ernst. Es ist meine tägliche<br />
Arbeit, diesen Familien bestmöglich zu helfen.<br />
Mir geht es bei dieser Arbeit nicht darum,<br />
wie man menschliche Lebewesen, die ein Gen<br />
für eine Erkrankung haben, aussortieren kann.<br />
Mir geht es vielmehr darum, wie man durch Forschung<br />
die Therapie verbessern kann und wie<br />
man lebenswürdige Rahmenbedingungen für<br />
diese Familien schaffen kann, um ihnen – auch<br />
das steht in unserem Grundsatzprogramm – das<br />
Ja zum Kind zu erleichtern.<br />
Über das Thema Mukoviszidose habe ich letzte<br />
Woche sehr intensiv mit Patienten aus ganz Europa<br />
gesprochen. Es ist ein Beispiel dafür, dass man<br />
dieses Leid vorgeburtlich nicht voraussagen kann.<br />
In meinem Büro in Brüssel war eine Mutter aus<br />
Litauen mit ihren erkrankten Kin<strong>der</strong>n. Sie ringt<br />
darum, dass sie überhaupt eine Therapie für ihre<br />
Kin<strong>der</strong> und für an<strong>der</strong>e Betroffene bekommt.<br />
Beim gleichen Gespräch war eine junge Rechts-<br />
anwältin aus Brüssel anwesend, die mit Mukoviszidose,<br />
also mit dem gleichen Gen, geboren<br />
wurde und die durch eine gute Therapie so weit<br />
ist, dass sie ein fast normales Leben führen kann.<br />
Die Mukoviszidose ist eine <strong>der</strong> häufigsten Erkrankungen,<br />
die durch PID in den Län<strong>der</strong>n, in<br />
denen sie zugelassen ist, diagnostiziert wird.<br />
Ich sage: Das Leid, das jemand hat, lässt sich<br />
durch diese Diagnostik überhaupt nicht voraussagen,<br />
son<strong>der</strong>n es hängt viel damit zusammen,<br />
wie die Gesellschaft mit diesen betroffenen<br />
Familien und den betroffenen Kin<strong>der</strong>n hinterher<br />
umgeht. Daran sollten wir arbeiten.<br />
Nun kann man sagen, dass das eine das an<strong>der</strong>e<br />
nicht ausschließt: Warum sollen wir also nicht<br />
die Methode anbieten und trotzdem dann, wenn<br />
sich Paare für ein Kind entscheiden, die bestmögliche<br />
Unterstützung geben? Die Erfahrung<br />
im Ausland und im Inland zeigt lei<strong>der</strong>, dass es<br />
sich eben doch ausschließt. Es wird nämlich von<br />
Verwandten, von Eltern, vom Partner und lei<strong>der</strong><br />
auch von meinen Berufskollegen, also von Ärzten,<br />
die Frage gestellt: Kann man das heute nicht<br />
vermeiden? Es sollte nicht sein, aber aufgrund<br />
des ärztlichen Haftungsrechts sind wir schon in<br />
eine Schieflage gekommen.<br />
Mein früherer Chefarzt hat mir einen ganz<br />
schlimmen Fall geschil<strong>der</strong>t. Die zweithäufigste<br />
Erkrankung, die neben <strong>der</strong> Mukoviszidose im<br />
Ausland diagnostiziert wird, ist das Down-Syndrom.<br />
Er hat mir berichtet, dass <strong>der</strong> Medizinische<br />
Dienst einer Krankenkasse zu einer Familie<br />
gekommen ist, die Hilfen für ein Kind mit Down-<br />
Syndrom, dem sogenannten Mongolismus, beantragt<br />
hat. Die erste Frage, die dieser Arzt vom<br />
Medizinischen Dienst gestellt hat: Warum haben<br />
Sie nicht vorgeburtliche Untersuchungen in Anspruch<br />
genommen und das Kind abtreiben lassen?<br />
– Das ist Gott sei Dank noch eine Ausnahme.<br />
Aber dieses Denken ist in unserer Gesellschaft<br />
lei<strong>der</strong> vielfach verbreitet. Auch das sollten<br />
wir im Hinterkopf haben.<br />
Damit sind wir bei den engen Grenzen. Wir können<br />
von den engen Grenzen in je<strong>der</strong> Debatte