Mitteilungen Johanni 2006 - Rudolf Steiner Schule Aargau
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11 Provinz des freien Menschen<br />
Ignaz Paul Vital Troxler<br />
(1780–1866) 3. Teil<br />
Der amerikanische Philosoph und<br />
Dichter Ralph Waldo Emerson (1803–<br />
1882), ein jüngerer Zeit- und Gesinnungsgenosse<br />
Troxlers,schreibt:<br />
«All our progress is an unfolding,<br />
like the vegetable bud.You have first<br />
an instinct, then an opinion, then<br />
knowledge, as the plant has root, bud<br />
und fruit. Trust the instinct to the<br />
end, though you can render no reason.<br />
It is vain to hurry it. By trusting<br />
it to the end, it shall ripen into truth<br />
and you shall know why you believe.»<br />
(vermutlich aus «Essays» 1844)<br />
Aus Troxlers philosophischer Feder<br />
klingt eine verwandte Aussage so:<br />
«Der eigentliche Geist, der Urgeist<br />
im Menschen, ist im Glauben und<br />
Fühlen nicht weniger als im Denken<br />
und Begreifen; und seine Offenbarung<br />
und Verwirklichung durch das<br />
Fühlen und Glauben ist vielmehr der<br />
Art und Beschaffenheit, als dem<br />
Grad und der Rangordnung nach<br />
verschieden von der Offenbarung<br />
und Verwirklichung des Geistes<br />
durch Gedanken und Begriffe. Der<br />
Urgeist im Menschen ist, wie gezeigt,<br />
das Gemüt, die höchste und innigste<br />
Einheit von Geist und Herz in ihrer<br />
ursprünglichen Ungeschiedenheit,<br />
daher das eigentliche philosophische<br />
Erkennen so innig verwandt mit<br />
dem religiösen Schauen und als<br />
innerster, tiefster Sinn gleich weit erhaben<br />
ist über blosse Spekulation<br />
und Sentimentalität oder über den<br />
blossen Verstandesgeist und Gefühlsgeist<br />
im Menschen.»<br />
(Aus «Naturlehre des menschlichen<br />
Erkennens», Aarau 1828)<br />
Studiert man Troxlers soeben zitiertes<br />
Werk,so lässt sich ein wichtiger<br />
Aspekt vielleicht wie folgt zusammenfassen,<br />
Troxlers zentrale Entdeckung<br />
und tiefes Anliegen: Alle philosophische<br />
Erkenntnis, alle menschliche<br />
Weisheit und geistige Entwicklung<br />
strömt vom Zentrum des Menschen<br />
aus. Der Mensch ist von Natur aus auf<br />
dem rechten Weg, er verbaut sich den<br />
eigenen Pfad nur oft selbst durch ein-<br />
<strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> <strong>Schule</strong> <strong>Aargau</strong> <strong>Mitteilungen</strong> <strong>Johanni</strong> <strong>2006</strong><br />
seitige, falsche Gedanken. Die rechte<br />
Erkenntnis, das wahre Wissen, ist eine<br />
gesamtmenschliche Angelegenheit. Sie<br />
strahlt vom ganzen Menschen aus,<br />
stammt zunächst in der Kindheit von<br />
seinem Willlenswesen, sammelt sich<br />
im Herzen, wird vom Kopf erhellt und<br />
erleuchtet und wirkt von da bewusst<br />
ins Herz, ins Gemüt zurück und führt<br />
dann zur zielvoll geführten Tat, zum<br />
rechten, verantwortungsvollen Handeln.<br />
Die letztgenannte Einsicht bewies<br />
Troxler durch die Tat. Durch sein<br />
aktives, wirkungsvolles Eingreifen in<br />
die gesellschaftlichen, politischen Verhältnisse<br />
und namentlich durch seine<br />
nachhaltige Heranbildung junger Menschen<br />
zu mündigen, verantwortungsbewussten<br />
Persönlichkeiten, was ihm<br />
am besten in Aarau gelingen konnte.<br />
Felix Bauer