Mitteilungen Johanni 2006 - Rudolf Steiner Schule Aargau
Mitteilungen Johanni 2006 - Rudolf Steiner Schule Aargau
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aus der Sicht von zwei Zehntklässlern<br />
Anatevka<br />
«Ein Fiedler auf dem Dach. Klingt<br />
verrückt, nicht wahr?» Das sind Worte,<br />
die ich nicht so schnell vergessen werde.<br />
Und das ist nun schon zwei Jahre<br />
her. «Unglaublich! Ein Witz! Andererseits...»<br />
– was sind schon zwei Jahre?<br />
Auf jeden Fall war es damals endlich<br />
so weit. Gegen Ende des Jahres<br />
sollte unser Achtklassspiel aufgeführt<br />
werden. Aber was sollten wir denn<br />
aufführen? «Turandot»? «Haus der vier<br />
Temperamente»? «Anatevka»? Wir waren<br />
zwar an einer Aufführung in der<br />
<strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> <strong>Schule</strong> Kreuzlingen,<br />
aber wir hatten damals wahrscheinlich<br />
kaum die Hälfte verstanden.<br />
Es war ein schwerer Entscheid,<br />
aber die Wahl fiel am Ende doch auf<br />
«Anatevka» und heute weiss ich, dass<br />
es so am besten war.<br />
Dann hiess es: Frühzeitig mit Proben<br />
beginnen, damit wir am Ende<br />
nicht in Verzug kamen. Doch liess sich<br />
der obligate Stress in der Zielgeraden<br />
nicht vermeiden. Bettgestelle wurden<br />
in Fronarbeit bis um 19 Uhr zusammengenagelt,Bahnhofsschilder<br />
gemalt<br />
und dazu unzählige kleine Detailarbeiten<br />
erledigt!<br />
Und schon war es soweit:Die erste<br />
Aufführung, Begrüssung und Ansprache<br />
von Herrn Hess, Milchwagen beladen,<br />
die Eingangsmusik beginnt, ein<br />
leichtes Herzklopfen macht sich bemerkbar.<br />
Dann, mein Einsatz. Ich stosse<br />
den Milchwagen in einem Bogen<br />
auf die Bühne. Jetzt den Mund öffnen<br />
– ach, der Bart kitzelt so. Die ersten<br />
Worte:Sie kommen,es geht! Und in Sekundenschnelle<br />
habe ich mich in einen<br />
Milchmann namens «Tevje» verwandelt.Und<br />
Tevje weiss,was er sagen<br />
und wo er stehen muss.<br />
Das Dorf und seine Bewohner zeigen<br />
sich in der vollen Pracht der Einfachheit.<br />
Sie singen «Tradition».<br />
Danach kleinere Probleme mit<br />
Pferd, Frau und Geld. Und dann: «If I<br />
were a rich man», aus voller Kehle gesungen.Tosender<br />
Applaus!<br />
<strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> <strong>Schule</strong> <strong>Aargau</strong> <strong>Mitteilungen</strong> <strong>Johanni</strong> <strong>2006</strong><br />
Und jetzt der Streit über Milchkühe<br />
und Töchter, ausartend in einem<br />
Saufgelage.<br />
Das Musical findet seinen Höhepunkt<br />
während der Hochzeit von Zeitel<br />
und Mottel,dem Schneider.<br />
Tragische Abschieds- und Liebesszenen<br />
drücken den Zuschauern auf<br />
die Tränendrüsen. Die Dorfbewohner<br />
werden aus ihrem Dorf vertrieben. Sie<br />
ziehen davon, das schwere und traurige<br />
Lied «Anatevka» singend.<br />
Die sechs Aufführungen gehen<br />
schnell vorbei. Zu schnell! Und wir<br />
schauen überglücklich, aber dennoch<br />
mit einem leisen Schmerz zurück auf<br />
eine wunderschöne Zeit. Eine Zeit, die<br />
wir nie wieder auf diese Weise miteinander<br />
erleben werden.<br />
Dominik Baumann, zehnte Klasse