Mitteilungen Johanni 2006 - Rudolf Steiner Schule Aargau
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12 Denkanstoss<br />
Die 12 Organ-Systeme des menschlichen Organismus –<br />
mit kosmologischen Aspekten vor historischem Hintergrund<br />
«Wer aber nicht geistlos je einen<br />
Blick in sein eigenes Wesen geworfen,<br />
dem wird das Herz vorzugsweise als<br />
Organ des Geistes sich offenbaren,<br />
und er wird als die Funktion des Herzens<br />
die Begeisterung des irdischen Lebens<br />
anerkennen …»<br />
Ignaz Paul Vital Troxler<br />
Der Schwerpunkt der Biologie-Epochen<br />
in der achten, neunten und zehnten<br />
Klasse heisst Menschenkunde (Anthropologie).<br />
Und zwar in der achten<br />
und neunten Klasse: Die wunderbaren<br />
Zusammenhänge des Knochen- und<br />
Muskelsystems sowie exemplarisch die<br />
Sinnesorgane. Diese Bereiche können<br />
in ihren physikalischen Gesetzmässigkeiten<br />
mit einfachen, klaren Begriffen<br />
erfasst werden,wobei aber die genialen<br />
Konstruktionen und Kombinationen in<br />
ihrem lebendigen Zusammenwirken<br />
jede Maschine,die je konstruiert wurde<br />
und auch jede, die je konstruiert werden<br />
wird, himmelhoch übertreffen.<br />
Hier von Intelligent Design zu reden,ist<br />
stark untertrieben.<br />
In der zehnten Klasse kommen dazu<br />
die Lebensprozesse, zentriert in den inneren<br />
Organen, die physiologischen<br />
Vorgänge des menschlichen Organismus<br />
in ihrer offensichtlichen Zwölfgliedrigkeit.<br />
Davon soll weiter unten<br />
die Rede sein.<br />
Historische Aspekte: Die These, der<br />
Mensch-ein Mikrokosmos<br />
Die Welt als der Makro-Kosmos und<br />
der Mensch als kleines Abbild, gleichsam<br />
ein Konzentrat desselben – Makro-<br />
Kosmos und Mikro-Kosmos – ein Riesen-Organismus<br />
und ein Zwergen-Organismus,<br />
beide nach gleichartigen Gesetzmässgkeiten<br />
gestaltet. Das war die<br />
Welt- und Menschanschauung durch<br />
die Jahrtausende hin. Noch bis weit in<br />
die Neuzeit hinein fanden sich in den<br />
medizinischen Lehrbüchern auf den ersten<br />
Seiten jene Mensch- und Tierkreis-<br />
Schemen abgebildet, die die Tierkreisbilder<br />
dem räumlichen Aufbau des<br />
menschlichen Leibes zuordnen, vom<br />
Scheitel bis zur Sohle<br />
- Stirne - Widder<br />
- Nacken – Stier<br />
- Schultern – Zwillinge<br />
- Brustkorb – Krebs<br />
- Herz – Löwe<br />
- Bauch – Jungfrau<br />
- Hüften – Waage<br />
- Genitalien – Skorpion<br />
- Oberschenkel – Schütze<br />
- Knie – Steinbock<br />
- Unterschenkel – Wassermann<br />
- Füsse – Fische.<br />
Aus uralten Traditionen – etwa aus<br />
dem Alten Mesopotamien – überliefert,<br />
konnten die Ärzte und Forscher damit<br />
offenbar etwas Konkretes verbinden,<br />
sonst wäre diese Ansicht nicht so lange<br />
gepflegt und in immer neuen Auflagen<br />
erhalten worden. Bis dann schliesslich<br />
das Verständnis mehr und mehr<br />
verblasste und degenerierte und damit<br />
eine Art natürlichen Todes starb.<br />
Nur in astrologisch interessierten<br />
Kreisen blieb es lebendig auf seriöse<br />
und auf weniger seriöse Weise.<br />
Die Anti-These: Der Mensch als Mechanismus<br />
– und eine untergründige<br />
Gegenströmung<br />
Im 16., 17. und 18. Jahrhundert<br />
übernahmen dann die exakten Wissenschaften<br />
mit Baco v. Verulam, Galilei<br />
und Co.das Ruder.<br />
Die quantitativen Methoden triumphierten,<br />
optimal geeignet für physikalisch-technische<br />
Erfolge. Das Erforschbare<br />
erforschen und das nicht Erforschbare<br />
erforschbar machen, galt als ein<br />
Forscher-Ideal.Im Klartext:Man schlage<br />
den lebendigen Organismus tot um ihn<br />
erforschen zu können. Eine deutliche<br />
Blüte auf diesem Weg war das Buch L’homme<br />
machine, (Der Mensch, eine<br />
Maschine) von dem Militärarzt Julien de<br />
Lamettrie,im Jahre 1748 veröffentlicht.<br />
<strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> <strong>Schule</strong> <strong>Aargau</strong> <strong>Mitteilungen</strong> <strong>Johanni</strong> <strong>2006</strong><br />
Es gab aber auch eine Unterströmung<br />
in der medizinischen Forschung,<br />
die den Menschen wie er leibt und lebt,<br />
fühlt und denkt ernst zu nehmen versuchte.<br />
An vorderster Front der mit allen<br />
spirituellen Wassern gewaschene,<br />
schweizerisch-europäische Philippus<br />
Aureolus Theophrastus von Hohenheim,<br />
genannt Paracelsus (1493–1541)<br />
und seine Nachfolger, die Paracelsisten,<br />
darunter bedeutende Gestalten wie Jan<br />
van Helmont.<br />
Im 19. Jahrhundert waren es dann<br />
Gesinnungsgenossen von Schelling und<br />
Goethe, namentlich Ignaz Paul Vital<br />
Troxler und Carl Gustav Carus, die die<br />
Fackel einer Geist-reichen Humanphysiologie<br />
weitertrugen.<br />
Die Syn-These: Der menschliche<br />
Organismus als wissenschaftlich<br />
erfassbare Ganzheit im Zusammenspiel<br />
der irdischen und kosmischen<br />
Kräfte<br />
Im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts<br />
versuchte dann <strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong><br />
den alten spirituellen Traditionen eine<br />
neue, phänomenologische Basis zu geben<br />
und sie damit zu rationalen Forschungs-Instrumenten<br />
zu machen, vergleichbar<br />
der Mathematik und Geometrie,<br />
die ja auch geistig-phänomenologische<br />
Forschungs-Instrumente sind. In<br />
mehreren Bereichen, etwa der Zoologie,<br />
der Landwirtschaft, den Künsten,<br />
der Medizin, der Architektur, der Pädagogik<br />
regte <strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> exemplarisch<br />
dazu an, neue Forschungswege zu<br />
gehen und dabei die guten alten Urbilder<br />
zum kreativen Zusammenfassen der<br />
Tatsachenmaterialien, welche die moderne<br />
Naturwissenschaft und eigene<br />
Beobachtungen liefern,zu benutzen.<br />
Sorgfältig herausgearbeitet hat der<br />
holländische Waldorflehrer F. H. Julius<br />
die offenbaren Geheimnisse der Tierwelt<br />
anhand der Tierkreisbilder und hat<br />
damit diese Qualität sichtbar und auch<br />
für andere Gebiete verfügbar gemacht.