Mitteilungen Johanni 2006 - Rudolf Steiner Schule Aargau
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18 Lehrerschaft<br />
Verabschiedungen<br />
Andreas Günther<br />
Es war im Tschernobyl-Jahr 1986.<br />
Man ass keine Pilze mehr, dafür war das<br />
Wort «Halbwertszeit» in aller Munde.<br />
Und wir stellten fest, dass die Halbwertszeit<br />
von Erstklasslehrern sehr<br />
kurz geworden war, musste doch unsere<br />
Erstklasslehrerin – nach einem halben<br />
Jahr ausgebrannt – ihre Klasse von<br />
einem Tag auf den andern aufgeben.<br />
Also suchten wir fieberhaft nach jemandem,<br />
dem wir den Brennstab – Entschuldigung,<br />
den Stab – übergeben<br />
könnten. Und da schlug die Stunde von<br />
Andreas Günther.Als Frischling, geradewegs<br />
vom Seminar, sprang er in die Lücke<br />
und führte die Klasse acht Jahre<br />
lang.<br />
Das Einspringen blieb gewissermassen<br />
seine Signatur. Bereits als Klassenlehrer<br />
hatte er in verschiedenen andern<br />
Klassen eine phänomenologische Einführung<br />
in die Informatik gegeben, und<br />
nachdem er seine Klasse nach der<br />
«Richterin», einem 8.KlassSpiel nach<br />
der Novelle von C. F. Meyer, abgegeben<br />
hatte, wurde er zum «Springer vom<br />
Dienst». Wo ist er nicht überall eingesprungen!<br />
Kaum eine Klasse oder Stufe,<br />
wo er nicht eine Spur hinterlassen<br />
hätte. Zählen wir deshalb der Einfachheit<br />
halber lieber auf, was er nicht<br />
unterrichtet hat: Kindergarten, Eurythmie,Französisch.<br />
Im Laufe der Jahre lernte er die<br />
<strong>Schule</strong> wie seine Westentasche kennen:<br />
Keiner,der auf ein solch breites Einsatzspektrum<br />
zurückblicken kann. Zum einen<br />
oblag ihm die Vorbereitung oder<br />
Leitung verschiedenster Konferenzen<br />
und Arbeitsgruppen. Ein besonderes<br />
Anliegen war ihm eine seriöse Arbeit an<br />
den geistigen Grundlagen unserer Pädagogik.<br />
In diesem Zusammenhang ist<br />
auch sein Einsatz für die Erarbeitung eines<br />
Leitbilds zu sehen. Und er verstand<br />
es, die für eine Entscheidungsfindung<br />
wichtigen Informationen zu ordnen<br />
und übersichtlich darzustellen.<br />
Nebst vielen andern Verwaltungsarbeiten<br />
betreute er jahrelang den Stundenplan.Dabei<br />
gelang ihm der unmögliche<br />
Zaubertrick, die Kolleginnen und<br />
Kollegen zufrieden zu stellen! Auf die<br />
Meteorologie übertragen entspricht<br />
dies dem Kunststück, gleichzeitig den<br />
Bauern mit dem ersehnten Regen, die<br />
Hochzeitsgesellschaft mit einem wolkenlosen<br />
blauen Himmel und den Segler<br />
mit einer steifen Brise zu versorgen!<br />
Nach dem Rückzug der Task Force<br />
war Andreas Günther während eineinhalb<br />
Jahren in der Schulleitung. Neue<br />
Strukturen, neue Aufgaben, reger Personalwechsel<br />
im Sekretariat – all dies<br />
brachte eine beträchtliche Überlastung<br />
bei gleichzeitig unterdotiertem Verwaltungspensum.Meinungsverschiedenheiten<br />
mit dem Vorstand insbesondere<br />
bezüglich strategischer und operativer<br />
Verantwortung führten schliesslich zu<br />
seinem Rückzug aus der Schulleitung.<br />
In seinem Freijahr hat sich Andreas<br />
Günther entschieden, an einer neuen<br />
<strong>Schule</strong> neue Herausforderungen zu suchen.Wir<br />
wünschen ihm von Herzen alles<br />
Gute, wohl wissend, dass wir mit<br />
ihm eine unserer kräftigsten Stützen<br />
verlieren.<br />
Tom Keller<br />
P. S. Lieber Andreas, weisst du, dass<br />
uns ein neuer Französischlehrer nach<br />
einer mündlichen Zusage nun plötzlich<br />
unverhofft abgesagt hat? Und wenn ich<br />
mich recht entsinne, gehört Französisch<br />
nebst Eurythmie und Kindergarten<br />
zu den Erfahrungen, die dir noch<br />
fehlen. Suchst du eine echt neue Herausforderung?<br />
Wir hätten anzubieten:<br />
Französische Kindergarteneurythmie.<br />
T.K.<br />
<strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> <strong>Schule</strong> <strong>Aargau</strong> <strong>Mitteilungen</strong> <strong>Johanni</strong> <strong>2006</strong><br />
Hans Studerus<br />
Schaut man sich in unserem Schulgartengelände<br />
um, dem grössten «Klassenzimmer»<br />
der <strong>Schule</strong>, so kann man<br />
eine besondere Atmosphäre bemerken,<br />
eine sympathische Ausstrahlung, die als<br />
erholsam und heilsam empfunden<br />
wird. Das ist kein Zufall, sondern das<br />
Werk eines Menschen, der hier zwei<br />
Jahrzehnte Aufbauarbeit leistete und<br />
Generationen von SchülerInnen grundlegende<br />
Fähigkeiten und Kenntnisse<br />
vermittelte. Hans Studerus war erst als<br />
Klassenlehrer tätig in der Pionierphase<br />
unserer <strong>Schule</strong> und übernahm dann<br />
von Brigitte Müller den Gartenbauunterricht.<br />
Draussen im Gartengelände gab es<br />
für die Klassen viel zu tun. Graben und<br />
Hacken, Säen und Jäten, Mähen und<br />
Ernten,Bergen und Verarbeiten der Gartenfrüchte<br />
und, nicht zu vergessen, das<br />
Kompostieren mit den biologisch-dynamischen<br />
Präparaten. Selbst die Obstbäume<br />
der weiteren Umgebung wurden<br />
unter sachkundiger Anleitung von<br />
den ZehntklässlerInnen gepflegt. Auch<br />
mussten grössere und kleinere Tiere<br />
versorgt werden, von den Ziegen über<br />
Hühner und Fische bis hin zu den wilden<br />
und zahmen Bienen: alles zusammen<br />
eine ökologische Basisarbeit – global<br />
denken, lokal handeln, welche die<br />
Jugendlichen wesentlich bereicherte.<br />
Auch viele andere schulische Aufgaben<br />
wurden von Herrn Studerus übernommen.<br />
Nicht immer wurde seine Arbeit<br />
gebührend wahrgenommen und anerkannt,<br />
das spektakuläre In-Erscheinung-<br />
Treten war nicht seine Sache.So konnte<br />
es eines Tages passieren, dass man einen<br />
riesigen Atombunker mitten ins<br />
Gartenbaugelände klotzen wollte –<br />
schlaflose Nächte für den Gartenbaulehrer!