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Die Beneš-Dekrete und die Vertreibung der Deutschen im ...

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Manfred Kittel/Horst Möller: <strong>Die</strong> Benesˇ-<strong>Dekrete</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Vertreibung</strong> 581<br />

auf Ungarn 1946 ausgeübte Druck, <strong>die</strong> <strong>Vertreibung</strong> <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> einzustellen 187 ,<br />

symptomatisch für das zunehmend an Bedingungen geknüpfte Plazet <strong>der</strong> Anglo-<br />

Amerikaner zu den Zwangsumsiedlungen. Ihre anfängliche, prinzipielle Zust<strong>im</strong>mung<br />

darf jedenfalls nicht zu dem Fehlschluß verleiten, <strong>die</strong> „ethnischen Säuberungen“<br />

<strong>im</strong> Osten stünden auf einer Stufe mit den politischen Säuberungen <strong>im</strong><br />

Westen Europas. Vielmehr waren beide in ihrer kollektiven bzw. individuellen Stoßrichtung<br />

das Ergebnis zweier denkbar unterschiedlicher Politikansätze.<br />

<strong>Die</strong> <strong>im</strong> Osten realisierte <strong>Vertreibung</strong>spolitik kommentierte Willy Brandt 1946<br />

unter <strong>der</strong> Überschrift: „Hitler’s Spirit lives on“ 188 . Zumindest war es ein depr<strong>im</strong>ierendes<br />

Ereignis, wenn 1945/46 mit Billigung <strong>der</strong> Siegermächte Millionen Deutsche<br />

vertrieben wurden, während gleichzeitig <strong>der</strong> Internationale Militärgerichtshof in<br />

Nürnberg tagte <strong>und</strong> <strong>im</strong> Blick auf <strong>die</strong> ethnische Säuberungspolitik <strong>der</strong> Nationalsozialisten<br />

in Polen <strong>und</strong> Frankreich <strong>die</strong> Deportation von Angehörigen <strong>der</strong> Zivilbevölkerung<br />

mit Recht als Kriegsverbrechen <strong>und</strong> Verbrechen gegen <strong>die</strong> Menschlichkeit<br />

unter Strafe stellte 189 . Selbstkritische Tschechen brachten ihre Vorbehalte gegen<br />

<strong>die</strong> Zwangsaussiedlung <strong>der</strong> Sudetendeutschen später zutreffend auf den Punkt:<br />

„Wir haben uns selbst aus Europa vertrieben“ 190 . Auf welch tragische Weise <strong>die</strong>se<br />

Einschätzung zutraf, zeigte sich <strong>im</strong> Februar 1948, als aus den ehemals sudetendeutschen,<br />

jetzt fast ganz von den Kommunisten beherrschten Gebieten des Landes ein<br />

Großteil jener paramilitärischen Verbände kam, <strong>die</strong> dem Staatsstreich zum Erfolg<br />

verhalfen <strong>und</strong> <strong>die</strong> CSR nach nur drei Jahren relativer Freiheit unter das „Joch des<br />

sowjetischen Imperialismus“ 191 zwangen.<br />

187 Wohingegen Moskau bei den zögernden Ungarn massiv auf eine Zwangsaussiedlung <strong>der</strong><br />

<strong>Deutschen</strong> drängte. Vgl. Muller, L’expulsion, S. 138.<br />

188 Zit. bei Aly, Auschwitz, in: Faulenbach/Helle (Hrsg.), Zwangsmigration, S. 44.<br />

189 Alfred M. de Zayas, He<strong>im</strong>atrecht ist Menschenrecht. Der mühsame Weg zu Anerkennung<br />

<strong>und</strong> Verwirklichung, München 2001.<br />

190 Vgl. Leopold Grünwald (Hrsg.), Wir haben uns selbst aus Europa vertrieben. Tschechische<br />

Selbstkritik an <strong>der</strong> <strong>Vertreibung</strong> <strong>der</strong> Sudetendeutschen. Eine Dokumentation, München 1985,<br />

vor allem S. 38. Der Titel des Buches spielt auf ein Wort des Schriftstellers Alexandr Kl<strong>im</strong>ent<br />

aus dessen 1974 in Bern erschienenem Roman „Langeweile in Böhmen“ an.<br />

191 Prinz (Hrsg.), Böhmen <strong>und</strong> Mähren, S. 415.<br />

VfZ 4/2006

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