"Krebsstation" aus psychologischer Sicht
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ES GILT DAS GESPROCHENE WORT<br />
Djomka ist der Junge mit dem kranken Bein, was amputiert werden muß. Djomka hat<br />
in einer älteren kranken Frau, Stefa, von der Frauenstation eine Vertraute gefunden:<br />
„Warum, fragt (er) jetzt Tante Stefa, warum behandelte das Schicksal die Menschen<br />
so ungerecht? Den einen gelingt alles auf Anhieb, und den anderen geht alles schief.<br />
Und dann heißt es noch, dass des Menschen Schicksal von ihm selbst abhänge.<br />
Nichts kann er dazu tun.“ „Von Gott hängt es ab“, besänftigte ihn Tante Stefa, „Gott<br />
kann alles sehen. Man muß sich nur fügen, Djomuschka.“ (114)<br />
Wer kriegt den Krebs, ist es Schicksal, verdient man es, kann man unter<br />
schwierigsten Bedingungen aufgewachsen oder weitergelebt mithalten mit den<br />
Normen von Erfolg, Leistung, Anpassung, Kreativität, Selbstmanagement? NLP, PSI,<br />
ZRM, Coaching – es gibt viele Methoden, um erfolgreicher zu sein. Dazu gehört nicht<br />
der Glaube sondern das Machen.<br />
Der von mir sehr geschätzte Kollege, der Theologe Frieder Burkhardt, sagte neulich<br />
in einer Predigt: Er verzichte auf weitere Diagnostik. Aber diese verspricht Erfolg,<br />
Weiterentwicklung, Entwicklung des Selbst, des Ichs. Ich lese Ihnen etwas <strong>aus</strong> der<br />
empirischen Persönlichkeitspsychologie des von mir ebenfalls geschätzten Professor<br />
Julius Kuhl vor.<br />
„Die Kommunikation zwischen dem Ich und dem Selbst 13 wird durch Gefühle<br />
gesteuert. Negative Gefühle (Angst, Sorge) aktivieren mehr das bewusste Ich (li<br />
Hirnhälfte). Positive Gefühle (Freude, Bejahung) aktivieren mehr das fühlende Selbst<br />
(re Hirnhälfte). Selbstberuhigung und Selbstmotivierung sind zwei wichtige<br />
Kompetenzen. Durch Selbstberuhigung regulieren wir negative Gefühle herab und<br />
lösen uns von Fixierungen und vom Grübeln. Gleichzeitig wird dadurch der Zugang<br />
zum Selbst gebahnt. Das Herstellen von positiven Gefühlen aktiviert das Selbst und<br />
die Selbstmotivierung. Wer in einer guten Stimmung ist, dem fällt es leicht zu<br />
handeln. Wichtig ist also, dass wir lernen, wie wir negative Gefühle herabregulieren<br />
und positive Gefühle herstellen können.“ „Wer einen guten Zugang zum Selbst hat,<br />
sein Leben intuitiv fühlend und nicht nur denkend lebt, hat die besten<br />
Vor<strong>aus</strong>setzungen für Krisenfestigkeit, Ressourcenorientierung, Selbstmotivierung<br />
und Selbstwachstum.“<br />
Das klingt gut, verspricht gute Handlungsfähigkeit in unserem modernen Leben,<br />
gestützt durch T<strong>aus</strong>ende von empirischen Daten. Ist Kosatoglotov in seinem Selbst,<br />
wenn er um Selbstbehauptung ringt, Soja und Wera als Frau wahrnimmt und ist<br />
Rusanow in seinem Ich, wenn er kleinkariert darüber nachdenkt, wie er wen, wann,<br />
wo <strong>aus</strong> dem Kosmos Krebsstation Nr. 13 denunzieren kann? Was helfen diese<br />
Erkenntnisse weiter?<br />
13 Selbst: Intuitive Verhaltenssteuerung, spontanes Handeln, autobiographisches Gedächtnis,<br />
Extensionsgedächtnis. Ppt-Präsentation über Julius Kuhls PSI-Theorie (Persönlichkeits-System-<br />
Interaktionen) von dem Logotherapeuten, Manfred Hillmann, Meppen.<br />
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