Auseinandersetzungen mit der Liebe - TOBIAS-lib - Universität ...
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the demand for steadiness of feeling.“ 114 <strong>Liebe</strong> ist hier ein durch die Verpflichtungen gegenüber<br />
Gott und dem Partner geprägtes Gefühl, das allerdings durch Vernunft generiert wird und<br />
ein maßvolles, ebenfalls vernunftgeregeltes Eheleben bestimmt.<br />
Eine Weiterentwicklung erfährt das rationale puritanische Modell <strong>der</strong> kameradschaftlichen<br />
Ehe im Ideal <strong>der</strong> <strong>Liebe</strong>sehe, das sich um 1800 im Bürgertum durchzusetzen beginnt,<br />
allmählich auch die an<strong>der</strong>en Gesellschaftsschichten erfaßt und so für das gesamte 19.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t bestimmend ist. 115 Mit einer zunehmend säkularen Gesellschaft, die vom Beginn<br />
des Kapitalismus und <strong>der</strong> Industrialisierung geprägt ist, werden traditionelle Hierarchien von<br />
komplexeren, differenzierteren Strukturen abgelöst. Während die Verhältnisse <strong>der</strong> Eheleute<br />
im puritanischen Entwurf als Abbildung <strong>der</strong> Gesellschaft im ganzen verstanden werden,<br />
bringt die nun einsetzende Trennung von Wohn- und Arbeitsstätten auch eine entsprechende<br />
„Trennung in eine öffentliche und eine private Sphäre“ 116 <strong>mit</strong> sich, denen jeweils auch die<br />
Rollen von Mann und Frau zugeordnet werden. Zwar hat <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Aufklärung die Idee <strong>der</strong><br />
Gleichheit <strong>der</strong> Menschen und so<strong>mit</strong> – allerdings nur in <strong>der</strong> Theorie – auch <strong>der</strong> Geschlechter<br />
Einzug gehalten, dieser wird aber durch eine „Ideologie <strong>der</strong> polaren Geschlechtscharaktere“ 117<br />
entgegengesteuert. Die Trennung <strong>der</strong> männlichen Arbeitswelt und <strong>der</strong> weiblichen Häuslichkeit<br />
weist beiden Geschlechtern unterschiedliche Fähigkeiten und Funktionen zu; die Frau<br />
wird dabei teilweise zu einer ihrem Ehemann in <strong>Liebe</strong> ergebenen Hausmutter idealisiert. 118<br />
Entgegen Luhmanns Behauptung, die private Beziehung sei verstärkt durch „die Ablehnung<br />
<strong>der</strong> strukturellen Unterordnung <strong>der</strong> Frau, die Ablehnung auch des Copierens <strong>der</strong> politischen<br />
Hierarchie innerhalb <strong>der</strong> Familie,“ 119 wird in dieser Konstellation letztlich die patriarchalische<br />
Ordnung gefestigt. Die eheliche Beziehung ist jedoch nicht mehr „[d]ie Arbeitsgemeinschaft<br />
von einst [, son<strong>der</strong>n] nimmt immer mehr den Charakter einer Gefühlsgemeinschaft an.“ 120 In<br />
Abgrenzung zu einer im Zuge <strong>der</strong> Urbanisierung und <strong>der</strong> Auflösung von sozialen Netzen<br />
114<br />
Edmund Leites, The Puritan Conscience and Mo<strong>der</strong>n Sexuality (New Haven: Yale University Press, 1986) 7.<br />
115<br />
Einen guten Überblick über die Entwicklungen durch alle Gesellschaftsschichten gibt Regina Mahlmann,<br />
„<strong>Liebe</strong> im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t,“ Das Abenteuer <strong>Liebe</strong>: Bestandsaufnahme eines unordentlichen Gefühls, hg. Peter<br />
Kemper und Ulrich Sonnenschein (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2005) 24-41.<br />
116<br />
Helga Arend, Vom „süßen Rausch“ zur „stillen Neigung“: Zur Entwicklung <strong>der</strong> romantischen <strong>Liebe</strong>skonzeption<br />
(Pfaffenweiler: Centaurus, 1993) 18. Vgl. auch James Hitchcock, „The Emergence of the Mo<strong>der</strong>n<br />
Family,“ Christian Marriage: A Historical Study, ed. Glenn W. Olsen (New York: Crossroad, 2001) 322; Niklas<br />
Luhmann, <strong>Liebe</strong> als Passion: Zur Codierung von Inti<strong>mit</strong>ät (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1982) 165f sowie<br />
Lawrence Stone, The Family, Sex and Marriage in England 1500-1800 (London: Weidenfeld and Nicolson,<br />
1977) 253-257.<br />
117<br />
Mahlmann 30. Zu dieser Problematik <strong>der</strong> Geschlechterdifferenz und ihrer Auswirkung auf die Ehe siehe auch<br />
27f, 30-36, 40.<br />
118<br />
In einem Extrem zeigt sich diese Idealisierung in Coventry Patmores Gedichtzyklus The Angel in the House<br />
(1854-1863), dessen Titel das viktorianische Frauen- bzw. Eheverständnis fortwirkend charakterisiert.<br />
119<br />
Luhmann, <strong>Liebe</strong> als Passion 166.<br />
120<br />
Ulrich Beck und Elisabeth Beck-Gernsheim, Das ganz normale Chaos <strong>der</strong> <strong>Liebe</strong> (Frankfurt am Main:<br />
Suhrkamp, 1990) 69, vgl. auch 106-110.<br />
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