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Auseinandersetzungen mit der Liebe - TOBIAS-lib - Universität ...

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Leistungen gewonnen werden.“ 179 So erklärt Freud die Kreativität und Schöpferkraft, die<br />

bisweilen aus unerfülltem <strong>Liebe</strong>n hervorgeht.<br />

Der späte Freud unterscheidet nicht mehr zwischen zärtlicher und sinnlicher Strömung,<br />

son<strong>der</strong>n faßt beide zum Sexual- und (Über)Lebenstrieb Eros zusammen, dessen Gegenpol<br />

vom Aggressions- und Todestrieb Thanatos gebildet wird. 180 <strong>Liebe</strong> im Sinne dieses Eros ist<br />

untrennbar <strong>mit</strong> zerstörerischen Elementen wie Haß verbunden, die sich bereits in <strong>der</strong><br />

frühkindlichen Entwicklung äußern. 181 Beide Triebe sind insofern konservativ, als sie auf die<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung eines früheren Zustandes gerichtet sind. Während <strong>der</strong> Sexualtrieb<br />

einerseits das Überleben des Individuums und <strong>der</strong> Spezies sichert, will er an<strong>der</strong>erseits doch<br />

zum primären Narzißmus regredieren. Der Todestrieb ist ihm diametral entgegengesetzt, da er<br />

sich noch darüber hinaus auf einen davorliegenden Zustand <strong>der</strong> Nichtexistenz richtet. 182 Freud<br />

weist allerdings darauf hin, daß das entsprechende Verhalten „ein rein triebhaftes im<br />

Gegensatz zu einem intelligenten Streben“, 183 also keine bewußte, aktive Todessehnsucht, ist.<br />

Mit <strong>der</strong> Etablierung <strong>der</strong> sexuellen Vereinigung und da<strong>mit</strong> <strong>der</strong> Fortpflanzung als Ziel allen<br />

Lebens bei gleichzeitigem Streben zum Tod steht Freuds <strong>Liebe</strong>sauffassung <strong>der</strong> Philosophie<br />

Arthur Schopenhauers sehr nah. 184 <strong>Liebe</strong> ist egoistisch und regressiv, im Grunde sogar<br />

„tierisch geblieben“, 185 also ein Überbleibsel einer nie<strong>der</strong>en Entwicklungsstufe. Sie muß<br />

daher für Freud notwendigerweise in Konflikt <strong>mit</strong> zivilisatorisch-kulturellen Entwicklungen<br />

und <strong>der</strong> daraus resultierenden Disziplinierung des Trieblebens kommen. 186 Einerseits werden<br />

die Sexualtriebe durch bestimmte Konventionen gelenkt und da<strong>mit</strong> in ihrer Befriedigung<br />

eingeschränkt, an<strong>der</strong>erseits ist aber auch ihr ungehemmtes Ausleben weniger befriedigend als<br />

179<br />

Freud, „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ 85, zur Sublimierung siehe auch die Zusammenfassung <strong>der</strong><br />

„Drei Abhandlungen“ 140f.<br />

180<br />

Vgl. Sigmund Freud, „Jenseits des Lustprinzips,“ 1920, Psychologie des Unbewußten, Studienausgabe Bd. 3<br />

(Frankfurt am Main: Fischer, 1975) 261ff. Überlegungen zu aggressiven bzw. destruktiven Tendenzen finden<br />

sich allerdings auch schon in früheren Werken Freuds. Für eine kurze Zusammenfassung <strong>der</strong> Entwicklung von<br />

Freuds Denken zum Aggressions- bzw. Todestrieb siehe die editorische Vorbemerkung zu „Das Unbehagen in<br />

<strong>der</strong> Kultur,“ 1930 [1929], Fragen <strong>der</strong> Gesellschaft. Ursprünge <strong>der</strong> Religion, Studienausgabe Bd. 9 (Frankfurt am<br />

Main: Fischer, 1974) 194-196.<br />

181<br />

Vgl. Freud, „Jenseits des Lustprinzips“ 262f, dort <strong>mit</strong> Bezug auf „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ 67ff<br />

zum Sadismus und Masochismus, siehe auch „Das Ich und das Es“ 308ff. Auch die „sadistische Auffassung des<br />

Sexualaktes“ durch das Kind, also die Wahrnehmung des „Sexualakt[es] als eine Art von Mißhandlung o<strong>der</strong><br />

Überwältigung“ (Freud, „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ 102), zeigt diese Verbindung von Sexual- und<br />

Aggressionstrieb.<br />

182<br />

Vgl. Freud, „Jenseits des Lustprinzips“ 246-248.<br />

183<br />

Freud, „Jenseits des Lustprinzips“ 249.<br />

184<br />

Freud ist sich dieser Verwandtschaft durchaus bewußt, vgl. sein Vorwort zur vierten Auflage <strong>der</strong> „Drei<br />

Abhandlungen zur Sexualtheorie“ 46 und „Jenseits des Lustprinzips“ 259.<br />

185<br />

Freud, „Über die allgemeinste Erniedrigung des <strong>Liebe</strong>slebens“ 209.<br />

186<br />

Zur Divergenz von sexuellen Bedürfnissen und zivilisatorischen Bemühungen siehe v.a. „Das Unbehagen in<br />

<strong>der</strong> Kultur“, aber auch schon frühere Schriften wie „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ 144 und „Über die<br />

allgemeinste Erniedrigung des <strong>Liebe</strong>slebens“ 206-209.<br />

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