OST trifft WEST - Aktuell ASIA
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Wirtschaft China<br />
den in der Politik zu Entscheidungen kommen könnte.<br />
Gleichzeitig tauschen sich die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten<br />
in regelmäßigen Treffen aus. Auch aus Gesprächen<br />
mit Wissenschaftlern, Unternehmern, Nichtregierungsorganisationen<br />
und Journalisten erhält ein Botschafter wichtige<br />
Einblicke in die Situation in China. Im Gegensatz dazu lass<br />
ich es mir aber nicht nehmen, auch mit unserem Botschaftskoch<br />
gemeinsam auf dem Markt einzukaufen. Dabei treffe<br />
ich auf die ganz normalen Menschen und kann so ein Gefühl<br />
dafür entwickeln, was die Menschen hier bewegt.<br />
Die Erfahrungen aus früheren Tätigkeiten fließen also ein in<br />
die Tätigkeiten, die hier gemacht werden.<br />
Die Erfolgsgeschichten österreichischer<br />
Unternehmen sorgen für ein positives<br />
Image<br />
<strong>Aktuell</strong> <strong>ASIA</strong>: Aus chinesischer Sicht ist Österreich ein<br />
sehr kleines Land, das hier vor allem wegen seiner sauberen<br />
Umwelt und seiner Kultur bekannt ist. Wie können<br />
Sie dieses Image so umgestalten, dass Ihr Land auch als<br />
ernstzunehmender Wirtschaftspartner im Reich der Mitte<br />
wahrgenommen wird?<br />
Martin Sajdik: In einem Land wie China muss bedacht<br />
werden, dass neben den Mitgliedsländern der Europäischen<br />
Union auch die EU selbst vertreten ist. Jedoch gewinnen<br />
vor allem die kleineren Mitgliedstaaten wie Österreich, das<br />
mit 8 Millionen Einwohnern doch eher als klein betrachtet<br />
werden muss, an Gewichtung. In China zählt die Autorität<br />
eines Botschafters noch etwas, so dass Österreich durchaus<br />
einen gewichtigen Stellenwert hat. So ist „Audili“, wie<br />
Österreich auf Mandarin heißt, vor allem aufgrund einer<br />
guten Imagekampagne als Land der sauberen Natur und<br />
der Kultur bekannt. Symbole für die wirtschaftliche Rolle<br />
Österreichs in China zu finden ist da sicherlich schwieriger.<br />
Es sind dabei eher die Erfolgsgeschichten österreichischer<br />
Unternehmen, die für ein positives Image sorgen. So hat<br />
beispielsweise das österreichische Unternehmen „Steyr“<br />
eine moderne Lkw-Fertigung in China eingeführt. Jedem<br />
chinesischen Führungskader ist diese österreichische Firma<br />
als erfolgreiches Unternehmen bekannt. Auch in anderen<br />
Branchen wie Papierindustrie, Wasserkraftnutzung und<br />
in der Stahlproduktion sind österreichische Unternehmen<br />
beteiligt. Ohne österreichische Technik wäre China sicher<br />
nicht in dieser Geschwindigkeit vom Stahlimporteur zum<br />
-exporteur avanciert.<br />
Solche erfolgreichen Beispiele zu betonen, verhilft die Stärken<br />
Österreichs in China zu veranschaulichen.<br />
<strong>Aktuell</strong> <strong>ASIA</strong>: Die Zahl der österreichischen Unternehmen,<br />
die in China aktiv sind, wächst und bereits fast 400<br />
Unternehmen haben Niederlassungen im Land. Auch die<br />
Zahl der in China lebenden Österreicher nimmt stetig zu. In<br />
welchen Branchen sehen Sie die Attraktivität österreichischer<br />
Unternehmen?<br />
Martin Sajdik: Ich sehe den Umweltaspekt als einen der<br />
dringendsten Bereiche an, in denen großes Potenzial steckt.<br />
Wenn es die chinesische Regierung wirklich ernst meint und<br />
die Beschlüsse zum Umweltschutz in der Praxis durchsetzt,<br />
hat Österreich eine sehr gute Ausgangsposition. Aufgrund der<br />
Erfahrungen, die wir im Umweltbereich sammeln konnten,<br />
besitzt Österreich einen „Unique Selling Point“, ein Alleinstellungsmerkmal<br />
also, das großes Potenzial in China hat. Bei<br />
chinesischen Politikern ist es durchaus zur Kenntnis genommen<br />
worden, dass in Österreich die wichtigsten Kernelemente<br />
in einem Ministerium vereint sind: das Bundesministerium<br />
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.<br />
Der österreichische Denkansatz einer<br />
ökosozialen Marktwirtschaft beinhaltet<br />
umweltverträgliche Qualität und nachhaltige<br />
Landwirtschaft. Sicherlich ist der<br />
Terminus nicht für China geeignet. Der<br />
Parteikongress des vergangenen Herbstes<br />
hat aber bereits Umweltthematiken<br />
behandelt. In der jüngsten Vergangenheit wurde auch in China<br />
bemerkt, dass mit der Umwelt anders als bisher umgegangen<br />
werden muss. Jetzt müssen wir abwarten, welche Taten diesen<br />
Worten folgen. Wir können China bei dieser Entwicklung<br />
unterstützen. Inzwischen hat das Reich der Mitte die finanziellen<br />
Mittel, sich die Umwelttechnologie zu leisten.<br />
<strong>Aktuell</strong> <strong>ASIA</strong>: China hat sich in der jüngeren Vergangenheit<br />
sehr verändert und macht eine turbulente Zeit durch. Welche<br />
Herausforderungen, Risiken und Chancen sehen Sie in der<br />
Entwicklung der Volksrepublik bezüglich Reformprozess,<br />
Außen- und Sicherheitspolitik und vor allem Wirtschafts- und<br />
Sozialpolitik?<br />
Martin Sajdik: Lassen Sie es mich so ausdrücken: Viele Chinesen<br />
beschweren sich derzeit über gestiegene Lebensmittelpreise.<br />
Vor allem die Schweinepreise sind enorm angestiegen,<br />
was zu einer allgemeinen Erhöhung der Konsumentenpreise<br />
geführt hat. Dennoch können Sie in China nicht in einen österreichischen<br />
Apfel beißen, denn Sie können hier keine kaufen.<br />
Da spielt wohl auf chinesischer Seite eine gewisse Skepsis<br />
eine Rolle, bestimmte Märkte zu öffnen oder zu liberalisieren.<br />
Sicherlich gibt es eine ganze Palette an Produkten in Europa<br />
neben Know-how, was für Chinesen interessant wäre. Dennoch<br />
sind es erstaunliche Fortschritte, die zu beobachten sind. So<br />
lässt sich fast überall in China schon Parmaschinken kaufen –<br />
um bei den Lebensmittelbeispielen zu bleiben.<br />
Es ist erstaunlich, wie es der Regierung gelingt, ein solch großes<br />
und verschiedenartiges Land wie China zu regieren und<br />
welche Maßnahmen in der jüngeren Vergangenheit in Angriff<br />
genommen wurden. Wenn wir dann sehen, wie schwierig ein<br />
Reformprozess zum Beispiel auf EU-Ebene ist, ist der Reformprozess<br />
Chinas zu bewundern.<br />
<strong>Aktuell</strong> <strong>ASIA</strong>: Herr Sajdik, können Sie den folgenden Satz<br />
ergänzen: „Ich engagiere mich in China, weil…<br />
Martin Sajdik: … ich glaube, dass für und in Österreich noch<br />
viel getan werden muss, um für ein großes und starkes China<br />
der kommenden Jahrzehnte fit zu sein.<br />
das gespräch führte danny stötzer in beijing<br />
Seite 20 aktuell <strong>ASIA</strong> 03/2008