OST trifft WEST - Aktuell ASIA
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Millionen Pkw abgesetzt wurden. Zwei Drittel davon waren<br />
Kleinautos, weshalb heute jeder internationale Player eine<br />
Präsenz in diesem Boommarkt anstrebt und Milliarden Euro in<br />
den Bau von Montagewerken investiert werden. Volkswagen<br />
will so beispielsweise ab 2010 in Indien jährlich bis zu 110.000<br />
Autos produzieren, während Ford bis dahin seinen Jahresausstoß<br />
gleich auf 200.000 Motorfahrzeuge verdoppeln wird.<br />
Daher wird Nanos Markteintritt zweifellos die Motorisierung<br />
der indischen Massen maßgeblich ankurbeln.<br />
„Rigorose Rationalisierung und zeitgenössischer Look sind<br />
der Schlüssel zu unserem Nano-Konzept“, summiert Girish<br />
Wagh, Direktor des Tata Motors Engineering Research Centre,<br />
„daher wurde beim Grundmodell auf Klimaanlage, Radio<br />
und Servolenkung verzichtet.“ Abgespeckt wurde das Auto<br />
auch sonst, so gibt es<br />
aktuell <strong>ASIA</strong> 03/2008<br />
„Trotz spitzer Preiskalkulation<br />
machen wir mit unserem Nano<br />
selbstverständlich Gewinn“<br />
beispielsweise nur<br />
je einen Scheibenwischer<br />
und einen<br />
Außenspiegel. Allerdings<br />
werden diese<br />
Annehmlichkeiten<br />
bei den Nano-Luxusausführungen wieder Standard sein. Vor<br />
allem die Geräumigkeit des Zwerges beeindruckt selbst die<br />
Mitbewerber: Dank effizienter Raumnutzung bietet das derzeit<br />
billigste Auto der Welt seinen Insassen merklich mehr Platz<br />
als Indiens Kleinwagenbestseller und Erzrivale Maruti-800-<br />
Pkw.<br />
Trotz hipper Nano-Schlagzeilen sorgt sich die selbstbewusste<br />
Suzuki-Tochter Maruti Suzuki India kaum um ihre Marktdominanz.<br />
„Weder werden wir einen „One Lakh Car“ auf den<br />
Markt bringen noch unsere Verkaufspreise des Maruti 800 senken“,<br />
beschwört Shinzo Nakanishi, Geschäftsführer und CEO<br />
von Maruti Suzuki India, „doch für die diesjährigen hiesigen<br />
Modelldebüts wie den 1.0-L A-Star-Subkompaktwagen haben<br />
wir inzwischen eine komplett neue, hocheffiziente Aluminium-<br />
Benzinmotorenserie mit Euro-V-Emissionsstandard entwikkelt.“<br />
Offenbar wollen die Japaner Tatas Volksautooffensive<br />
mit globaler Qualität zu Tiefstpreisen kontern. Allerdings<br />
werden die A-Star-Produktion in Indien erst im Oktober und<br />
die Exporte nach Europa nicht vor Ende des Jahres anlaufen.<br />
Zudem wird Nakanishi auch das indische Verkaufsnetz bis<br />
2010 um 40% auf 3.500 Outlets ausbauen. Schließlich soll<br />
dann die indische Tochter nach dem Geschäftsplan ein Drittel<br />
zur globalen Suzuki-Produktion und 14% zum Weltabsatz<br />
beitragen.<br />
Vor nächstem Jahr werden sich allerdings Tata und Suzuki<br />
nicht duellieren, da an der Auto Expo in New Delhi erst Nano-<br />
Prototypen gezeigt wurden. Auch werden die ersten Volksautos<br />
kaum vor Dezember aus dem jüngsten Tata-Werk in der Stadt<br />
Singur nordwestlich der Megacity Kolkata rollen. Dann aber<br />
wird es rund gehen: Im ersten Produktionsjahr sollen in Singur<br />
250.000 Nanos gebaut werden, was 2010 auf jährlich ein<br />
Million Kleinautos anschwellen soll.<br />
„Look und Preis passen“, kommentiert der prominente Londoner<br />
Automobilanalyst Ashvin Chotai, „so dass sich der Nano<br />
nun bloß noch auf der Straße bewähren muss.“ Nach Indi-<br />
Wirtschaft Indien<br />
ens führendem Rating-Institut Crisil Research werden sich<br />
in Indien dank Nano rund Zwei Drittel mehr der Familien mit<br />
einem Durchschnittsjahreseinkommen um 200.000 Rupien ein<br />
Auto leisten können als bisher. „Unser Volksauto ermöglicht<br />
abertausenden Familien, sich den Komfort und die Bequemlichkeit<br />
eines Pkw zu leisten“, räsoniert Tata, „trotz spitzer<br />
Preiskalkulation machen wir mit unserem Nano selbstverständlich<br />
Gewinn.“ Sein Zielmarkt sind Indiens rund 50 Millionen<br />
Motorradfahrer, die täglich mit ihrer bis zu 4-köpfigen Familie<br />
und oft noch Gepäck oder Gütern unterwegs sind. Für dieses<br />
Heer der Inder mit kleinem Geldbeutel suchte und fand Tata<br />
mit dem Nano eine sichere und erschwingliche Alternative, so<br />
dass jetzt Indiens Massenmotorisierung kaum noch etwas im<br />
Wege steht. „Allein letztes Jahr wurden in Indien rund sieben<br />
Millionen Motor-<br />
räder abgesetzt“,<br />
fährt der Konzernchef<br />
fort, „davon<br />
s i n d e t w a 5 %<br />
potentielle Nano-<br />
Umsteiger.“<br />
Seit Nanos Weltpremiere steht die Automobilwelt Kopf.<br />
Schließlich glaubte bislang keiner, dass man ein Auto für 3.000<br />
Dollar produzieren könne. Dabei könnte der Nano mit einem<br />
simpleren Design noch preiswerter sein, doch Tata war ein<br />
attraktiver Look wichtig, schließlich soll sein Billigauto nicht<br />
auch noch billig aussehen. Wie Henry Ford schreibt nun Ratan<br />
Tata ein neues Kapitel der globalen Automobilindustrie mit<br />
Fokus auf rigorosen Kostenabbau und größtmöglichste Funktionalität.<br />
Zugleich schuf er ein völlig neues Marktsegment.<br />
Einige Autobauer kritisieren den Neuling zwar als „Sicherheitsrisiko“,<br />
doch andere treiben fieberhaft die Entwicklung<br />
ähnlicher Billigautokonzepte für die preisbewussten Massen<br />
der Schwellenländer voran. Ford will so in 24 Monaten ein<br />
Kleinauto auf den indischen Markt bringen, während Renault<br />
und Nissan mit Indiens Dreirad- und Motorrollerprimus Bajaj<br />
Auto einen „unter 3.000 Dollar Pkw“ entwickeln und bauen<br />
wollen. Diese Allianz stieß jedoch Mahindra & Mahindra vor<br />
den Kopf, der nun den Ausstieg aus dem Joint Venture mit<br />
Renault und Nissan zum Bau des Billigautos Logan in Indien<br />
erwägt. Unbekümmert kommentiert Carlos Ghosn, Konzernboss<br />
von Renault und Nissan: „Wir schließen so viele Allianzen,<br />
bis wir den indischen Markt im Griff haben.“<br />
Es ist durchaus möglich, dass der Nano die globalen Absatzrekorde<br />
von rund 22 Millionen Käfern und über 15 Millionen<br />
Tin Lizzies brechen kann. Schließlich ist allein Indien heute<br />
schon ein 1,1 Milliardenvolk, wovon rund ein Fünftel zum<br />
Mittelstand zählt. Überdies will Tata seinen „One Lakh Car“<br />
ab 2009 ebenso in Thailand für südostasiatische Märkte bauen<br />
wie ein Jahr später von Indien nach Afrika, Lateinamerika<br />
und Südosteuropa exportieren. Bis Tatas Zwerg jedoch zur<br />
Eroberung des Weltmarktes aufbrechen kann, muss er erst<br />
Indiens potentielle „One Lakh Car“-Käufer von seiner Qualität<br />
überzeugen. Schließlich weiß jedermann in Indien, dass Tata<br />
bisher bei jedem seiner Pkw-Modelle im ersten Produktionsjahr<br />
„Kinderkrankheiten“ lösen musste. Auch überschatten<br />
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