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OST trifft WEST - Aktuell ASIA

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schwerpunkt Vietnam<br />

Investitionen Vietnam<br />

onsentwicklung in der internationalen Zusammenarbeit. „Die<br />

Vietnamesen schätzen die Art und Weise der Deutschen. Und<br />

auch die Vietnamesen, die noch nie in Deutschland waren,<br />

sind häufig bereit, die für sie fremde Sprache zu lernen“, sagt<br />

Taube. Bei all dem wundert es auch nicht, dass das deutschvietnamesische<br />

Unternehmen Duc-Viet in Vietnam bereits seit<br />

dem Jahr 2000 in Hanoi thüringische Bratwürste an Hotels,<br />

Restaurants, Supermärkte und sogar die vietnamesische Fluggesellschaft<br />

Vietnam Airlines verkauft.<br />

Duc-Viet ist ein Beispiel dafür, wann es sinnvoll ist, über ein<br />

Joint Venture in den vietnamesischen Markt einzusteigen.<br />

Dann nämlich, wenn ein Vertriebsnetz vor Ort aufgebaut werden<br />

muss. In allen anderen Fällen rät Noether, eine hundertprozentige<br />

Tochtergesellschaft zu gründen. „Wir haben ein<br />

umfangreiches Kontaktnetz zu Steuer- und Rechtsanwälten<br />

in Vietnam und helfen deutschen Mittelständlern gern beim<br />

Markteintritt“, so Noether. Er warnt jedoch davor, die vietnamesischen<br />

Mitarbeiter nach europäischen oder gar deutschen<br />

Maßstäben zu bewerten. Zwar seien die Vietnamesen überdurchschnittlich<br />

gut gebildet, sehr fleißig und trügen ihren<br />

Ruf als „Preußen Asiens“ nicht zu Unrecht. Trotzdem gebe es<br />

kulturelle Unterschiede: „Wer möchte, dass sich seine Mitarbeiter<br />

mit dem Unternehmen identifizieren, darf es nicht von<br />

Deutschland aus steuern, sondern benötigt einen deutschen<br />

Produktionsleiter vor Ort“, sagt Noether. Die Loyalität zum<br />

Arbeitgeber sei in Vietnam nicht sehr stark ausgeprägt, schon<br />

ein geringes Mehrgehalt könne ausreichen, um die gerade erst<br />

eingearbeiteten Fachkräfte wieder abzuwerben. „Vor allem<br />

in den Industriezonen Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt werden<br />

gute Arbeitskräfte zunehmend knapper und die Unternehmen<br />

buhlen um die besten Mitarbeiter.“<br />

Der Kampf um die besten Mitarbeiter ist eine Folge der positiven<br />

Entwicklung, die Vietnam auch von neutraler Seite<br />

immer wieder bescheinigt wird. So kam die Berliner Stiftung<br />

Wissenschaft und Politik zu dem Schluss, dass sich gerade<br />

für mittelständische Firmen dort zahlreiche Chancen böten.<br />

Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG<br />

bezeichnete Vietnam in seiner Studie als „einen der sichersten<br />

Investitionsstandorte weltweit“.<br />

Dies liege an der stabilen politischen und wirtschaftlichen<br />

Situation. Zudem biete ein Standort in Vietnam hervorragende<br />

Absatzchancen: Einerseits verbessert sich die wirtschaftliche<br />

Situation der 83 Millionen Vietnamesen zusehends und damit<br />

wachsen auch ihre Konsummöglichkeiten. Andererseits bietet<br />

ein Standort in Vietnam Zugang zur Freihandelszone der<br />

ASEAN (AFTA) mit fast 570 Millionen Verbrauchern.<br />

Den vielen Gründen, in Vietnam zu investieren, stehen jedoch<br />

auch einige ungelöste Herausforderungen gegenüber. „Die<br />

gesamte Entwicklung in dem Land ist längst noch nicht so<br />

weit fortgeschritten wie etwa in China“, sagt Taube. So habe<br />

das Wirtschaftszentrum Hanoi zwar deutlich mehr Charme als<br />

Shanghai, die Infrastruktur sei jedoch bislang kaum ausgebaut.<br />

„Für mögliche Investoren ist das natürlich ein Nachteil“, so<br />

der Experte. Noch schlimmer wird es, wenn man die Wirtschaftszentren<br />

verlässt: In abgelegenen Landesteilen sind die<br />

politischen Entscheidungskompetenzen nicht geklärt und keine<br />

Auch bei der Bausanierung gibt es mehr als genug zu tun<br />

ausreichenden Rechtssicherheiten gewährleistet. Auch die<br />

Korruption nimmt immer größere Ausmaße an: Im aktuellen<br />

Corruption Perceptions Index der Organisation Transparency<br />

International liegt Vietnam gerade einmal auf Platz 111, gleichauf<br />

mit Albanien, Sambia, Osttimor und Kasachstan. Darüber<br />

hinaus schätzten deutsche Unternehmen die Zeiträume häufig<br />

falsch ein. „Eine Investitionslizenz bekommt man zwar innerhalb<br />

von sechs Wochen ausgestellt, es müssen jedoch zahlreiche<br />

weitere Unterlagen eingereicht werden“, sagt Noether.<br />

Daher sollten Unternehmen von der Investitionsentscheidung<br />

bis zur Produktionsreife einen Zeitraum von mindestens einem<br />

Jahr einplanen.<br />

Und trotz aller Freundschaft und guter Konditionen bekommen<br />

deutsche Unternehmen häufig nicht den Zuschlag, wenn<br />

vietnamesische Großprojekte vergeben werden. So kamen<br />

laut unabhängigen Gutachtern sowohl bei einer Zementfabrik<br />

in Hai Phong als auch beim neuen Stadion in Hanoi die besten<br />

Angebote aus Deutschland, die Aufträge gingen jedoch an ein<br />

chinesisches und ein dänisches Unternehmen. Ein möglicher<br />

Grund: Deutsche Anlagen sind in der Anschaffung häufig teurer,<br />

dafür sind die Folgekosten geringer. „Vietnamesen sind<br />

konfuzianisch geprägt“, erklärt Noether. „Sie leben im Hier<br />

und Jetzt, das spiegelt sich auch in ihren Investitionsentscheidungen<br />

wider - die Anschaffungskosten einer Anlage zählen,<br />

nicht die Gesamtkosten.“<br />

Auch aus wirtschaftspolitischer Sicht gibt es noch einige<br />

Herausforderungen, wenn auch lösbare: “Die Vietnamesen<br />

schätzen zwar die deutsche Qualität, sind aber auch ein wenig<br />

enttäuscht, dass sich nur so wenige Unternehmen für das Land<br />

interessieren“, so Noether. Im Vergleich zu den mehr als acht<br />

Milliarden US-Dollar, die in den ersten elf Monaten des vergangenen<br />

Jahres als ausländische Direktinvestitionen nach<br />

Vietnam geflossen sind, ist der deutsche Anteil von gerade<br />

einmal 20 Millionen Dollar verschwindend gering. Andere<br />

Länder wie etwa die Niederlande, die Schweiz, Großbritannien<br />

oder Frankreich haben deutlich mehr investiert.<br />

Von dieter kühner<br />

Seite 44 aktuell <strong>ASIA</strong> 03/2008<br />

Foto: Don Tran

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