OST trifft WEST - Aktuell ASIA
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Foto: oksanaperkins<br />
Insbesondere durch Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation<br />
(WTO) wurde Hongkongs Funktion als Kapitalmarkt mit<br />
„Tor zur Welt“-Charakter für festlandchinesische Unternehmen<br />
nochmals gestärkt, da er einen Anstieg der Handels- und<br />
Investitionsströme zur Folge hatte.<br />
Jedoch erschwert die nach wie vor bestehende Grenze zwischen<br />
Hongkong und Festlandchina den freien und problemlosen<br />
Handel durch umständliche Grenzkontrollen, bürokratische<br />
Hemmnisse und zeitaufwendige Sicherheitsüberprüfungen.<br />
Hongkong erfüllt somit eine Doppelrolle, einerseits als international<br />
anerkanntes Dienstleistungszentrum Asiens, auf der<br />
anderen Seite aufgrund seiner gut entwickelten Infrastruktur<br />
und Lage als Dreh- und Angelpunkt für den Zugang zum chinesischen<br />
Markt. Die ehemalige britische Kolonie ist größter<br />
Investor in Festlandchina, genauso wie China andererseits<br />
wichtigster Handelspartner Hongkongs ist, gefolgt von der<br />
Europäischen Union (EU). EU-weit ist Deutschland Hongkongs<br />
wichtigster Handelspartner, da deutsche Produkte wie<br />
beispielsweise Pkw einen sehr guten Ruf<br />
im Reich der Mitte genießen. Der Groß-<br />
teil des Warenverkehrs mit Hongkong<br />
setzt sich jedoch aus Reexporten im<br />
Verkehr mit Festlandchina zusammen.<br />
Die Exportnachfrage nach Waren aus<br />
Hongkong, inklusive der Reexporte aus<br />
Festlandchina, stieg 2006 um 10,2 Prozent an, die Dienstleistungsexporte<br />
einschließlich der Einnahmen aus dem Tourismussektor<br />
nahmen um 8,7 Prozent zu.<br />
Über 6.000 internationale Unternehmen und Bankinstitute<br />
haben ihren Sitz in Hongkong, über 60 Prozent von ihnen als<br />
regionale Hauptniederlassung oder Regionalbüro, wobei lediglich<br />
die Hauptsitze von Industriebetrieben zunehmend nach<br />
Hongkong verlagert werden, die Produktionsstätten jedoch<br />
zumeist in Festlandchina liegen, da dort wesentlich niedrigere<br />
Lohnkosten anfallen.<br />
Die Anzahl deutscher Unternehmen liegt laut deutscher Auslandshandelskammer<br />
bei rund 450. Von Hongkong aus werden<br />
neben Festlandchina vor allem Geschäfte mit Südostasien,<br />
Indien, Japan und Australien abgewickelt.<br />
Insbesondere die zwischen 2003 und 2006 abgeschlossenen<br />
„Closer Economic Partnership Arrangements“ zwischen Hongkong<br />
und Festlandchina, CEPA I bis IV, steigern die Anziehungskraft<br />
Hongkongs für internationale Unternehmen als<br />
Tor zur chinesischen Welt. Sie gewähren sowohl nationalen<br />
als auch ausländischen, in Hongkong niedergelassenen Unternehmen<br />
gegenüber der Konkurrenz aus anderen Ländern einen<br />
Vorsprung auf dem festlandchinesischen Markt in Form von<br />
Steuervergünstigungen und erhöhter Rechtssicherheit. Mit<br />
Hilfe der CEPA können Firmen mit Sitz in Hongkong leichter<br />
eine Geschäftsrepräsentanz in China eröffnen und sich zeit- und<br />
arbeitsaufwendige Genehmigungsprozeduren ersparen. Von<br />
diesen Vorteilen machen bisher speziell Hongkonger Unternehmen<br />
aus dem Dienstleistungsbereich, wie beispielsweise<br />
in der Rechtsberatung, Gebrauch. Doch nicht nur die Sonderkonditionen<br />
bezüglich eines Markteintritts in Festlandchina<br />
ziehen internationale Unternehmen nach Hongkong. Sie finden<br />
aktuell <strong>ASIA</strong> 03/2008<br />
Wirtschaft China<br />
darüber hinaus dort ausgezeichnete Rahmenbedingungen vor.<br />
Der Spitzensatz der Einkommensteuer liegt bei 16 Prozent,<br />
es gilt ein modernes, westlich orientiertes Rechtssystem, das<br />
insbesondere Chinaneulingen zu Gute kommt. Amtssprache ist<br />
unter anderem Englisch, die SVR verfügt über eine hohe Verwaltungseffizienz,<br />
praktisch keine Korruption und vor allem<br />
über eine optimale Infrastruktur mit einem schnell erreichbaren<br />
Flughafen. Argumente, die viele internationale Unternehmen<br />
überzeugen, ihren Sitz in die Stadt zu verlegen.<br />
Doch nicht nur Firmen fühlen sich von Hongkong magisch<br />
angezogen, nicht umsonst versteht sich die Sonderverwaltungsregion<br />
darüber hinaus als touristische Topdestination.<br />
Im Jahr 2006 kamen mehr als 25 Millionen Besucher nach<br />
Hongkong, davon 13,5 Millionen aus Festlandchina und 11,7<br />
Millionen aus anderen Ländern. Die Besucherzahlen steigen<br />
stetig an, unterstützen somit wiederum die Wirtschaft Hongkongs<br />
und helfen, den Status als weltweit freieste Wirtschaft<br />
zu sichern.<br />
Die Hongkonger Börse gilt als idealer Ort<br />
um ausländisches Kapital zu sammeln<br />
Die Volksrepublik China rangierte beim „Index der Wirtschaftsfreiheiten“<br />
übrigens auf Platz 126 von 157 untersuchten Nationen,<br />
was belegt, dass das Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ sich<br />
für Hongkong durchaus bezahlt gemacht hat. Dies zeigen auch<br />
die Zuwachsraten des Bruttoinlandsprodukts: 7,5 Prozent mehr<br />
im Jahre 2005, 6,8 Prozent 2006 und mehr als fünf Prozent im<br />
vergangenen Jahr. Dass dies möglich ist, obwohl Hongkong<br />
schwer unter der Asienkrise 1997 und dem Ausbruch der Lungenkrankheit<br />
SARS 2003 zu leiden hatte, ist der Stadtregierung<br />
zu verdanken. Nachdem die Wirtschaft der Stadt nach 2000 um<br />
fünf Prozent schrumpfte und 2003 die Arbeitslosenquote bei acht<br />
Prozent lag, konnte sich das als Finanz- und Dienstleistungszentrum<br />
bekannte Tor nach China wieder erholen. Der schnellen<br />
Umorientierung zu einem Servicezentrum verdankt Hongkong,<br />
dass es seine hervorgehobene Stellung behaupten konnte. So gilt<br />
die Hongkonger Börse als idealer Ort für festlandchinesische<br />
Unternehmen, um mit Börsengängen ausländisches Kapital zu<br />
mobilisieren. Inzwischen ist die Börse der Insel zur sechstgrößten<br />
der Welt angewachsen, denn mehr als die Hälfte der Marktkapitalisierungen<br />
ist den chinesischen Unternehmen zu verdanken.<br />
Größter bisheriger Börsengang und ebenso spektakulär war der<br />
Schritt der Industrial and Commercial Bank of China, die im<br />
Oktober 2006 16 Milliarden US-Dollar einstreichen konnte.<br />
Hongkongs Schlüsselposition und auch seine Chance wird auch<br />
in Zukunft darin liegen, zwischen China und anderen Ländern<br />
das Tor zu sein, durch das gegangen werden sollte. Mit einem<br />
transparenten Rechtssystem, niedrigen Steuern und stabiler<br />
Wirtschaftspolitik behält es seinen Vorteil, um auch in den kommenden<br />
Jahren, den „Index der Wirtschaftsfreiheiten“ anführen<br />
zu können.<br />
Von Christine Maukel aus shanghai<br />
Seite 29