<strong>Das</strong> <strong>Buch</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Propheten</strong> <strong>Jeremia</strong> (M.A.) Kapitel 4 Der Schmerz <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Propheten</strong> „Meine Eingewei<strong>de</strong>, meine Eingewei<strong>de</strong>! Mir ist angst! Die Wän<strong>de</strong> meines Herzens! Es tobt in mir mein Herz! Ich kann nicht schweigen! Denn du, meine Seele, hörst <strong>de</strong>n Schall <strong>de</strong>r Posaune, Kriegsgeschrei: Zerstörung über Zerstörung wird ausgerufen. Denn das ganze Land ist verwüstet; plötzlich sind meine Zelte zerstört, meine Zeltbehänge in einem Augenblick. Wie lange soll ich das Banner sehen, <strong>de</strong>n Schall <strong>de</strong>r Posaune hören? Denn mein Volk ist närrisch, mich kennen sie nicht; törichte Kin<strong>de</strong>r sind sie und unverständig. Weise sind sie, Böses zu tun; aber Gutes zu tun, verstehen sie nicht. Ich schaue die Er<strong>de</strong> an, und siehe, sie ist wüst und leer; und zum Himmel, und sein Licht ist nicht da. Ich schaue die Berge an, und siehe, sie beben; und alle Hügel schwanken. Ich schaue, und siehe, kein Mensch ist da; und alle Vögel <strong><strong>de</strong>s</strong> Himmels sind geflohen. Ich schaue, und siehe, <strong>de</strong>r Karmel ist eine Wüste; und alle seine Städte sind nie<strong>de</strong>rgerissen vor <strong>de</strong>m Herrn, vor <strong>de</strong>r Glut seines Zorns“ (4,19–26). Angesichts <strong>de</strong>r Torheit <strong><strong>de</strong>s</strong> Volkes, das sich bis zum En<strong>de</strong> weigerte, <strong>de</strong>n Warnungen <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Propheten</strong> Gehör zu schenken, kommt <strong>de</strong>r Schmerz <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Propheten</strong> in ergreifen<strong>de</strong>n Worten zum Ausdruck. Der Herr bedient sich <strong>de</strong>r Feinfühligkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Herzens <strong>Jeremia</strong>s, das mit seinem Volk innig verbun<strong>de</strong>n war, um seinen eigenen Schmerz ein wenig begreiflich zu machen, wenn er verpflichtet sein wür<strong>de</strong>, sein Volk <strong>de</strong>rart zu schlagen. Um die Verwüstung zu zeigen, die das Einschreiten <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> zur Folge hätte, <strong>de</strong>r das Volk aus seinem Land wegfegen wür<strong>de</strong>, benutzt <strong>de</strong>r Geist Gottes <strong>de</strong>n Ausdruck, <strong>de</strong>r in 1. Mose 1,2 <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> beschreibt: „wüst und leer“ (hebr. „tohu bohu“). Jesaja sagt uns, dass <strong>de</strong>r Herr die Er<strong>de</strong> „nicht als eine Ö<strong>de</strong> geschaffen“ hat (Jes 45,18), genauso wenig wie er Israel nach Kanaan eingeführt hatte, damit es wie<strong>de</strong>r daraus verjagt wür<strong>de</strong>. Dennoch ist genau das das Ergebnis <strong>de</strong>r törichten Rebellion <strong><strong>de</strong>s</strong> Geschöpfes. Ein Hoffnungsschimmer „Denn so spricht <strong>de</strong>r Herr: <strong>Das</strong> ganze Land soll eine Wüste wer<strong>de</strong>n; doch will ich es nicht völlig zerstören. Darum wird die Er<strong>de</strong> trauern und <strong>de</strong>r Himmel oben schwarz wer<strong>de</strong>n, weil ich es gere<strong>de</strong>t, beschlossen habe; und ich wer<strong>de</strong> es nicht bereuen und nicht davon abgehen. Vor <strong>de</strong>m Geschrei <strong>de</strong>r Reiter und <strong>de</strong>r Bogenschützen flieht je<strong>de</strong> Stadt; sie gehen ins Dickicht und ersteigen die Felsen. Je<strong>de</strong> Stadt ist verlassen, und kein Mensch wohnt darin. Und du, Verwüstete, was wirst du tun? Wenn du dich auch in Karmesin klei<strong><strong>de</strong>s</strong>t, wenn du mit gol<strong>de</strong>nem Geschmei<strong>de</strong> dich schmückst, wenn du <strong>de</strong>ine Augen mit Schminke aufreißt: Vergeblich machst du dich schön. Die Liebhaber verschmähen dich, sie trachten nach <strong>de</strong>inem Leben. Denn ich höre eine Stimme wie von einer Kreißen<strong>de</strong>n, Angst wie von einer Erstgebären<strong>de</strong>n, die Stimme <strong>de</strong>r Tochter Zion; sie seufzt, sie breitet ihre Hän<strong>de</strong> aus: Wehe mir! Denn kraftlos erliegt meine Seele <strong>de</strong>n Mör<strong>de</strong>rn“ (4,27–31). Vor <strong>de</strong>m Hintergrund dieser Katastrophe und trotz <strong>de</strong>r Bestätigung, dass er nicht von seiner Entscheidung abrücken wür<strong>de</strong>, kündigt <strong>de</strong>r Herr an, dass er das Land nicht völlig zerstören wür<strong>de</strong>. Dieser Vermerk lässt – für <strong>de</strong>n Glauben – <strong>de</strong>r Hoffnung die Tür geöffnet im www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 24
<strong>Das</strong> <strong>Buch</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Propheten</strong> <strong>Jeremia</strong> (M.A.) Kapitel 4 Angesicht <strong>de</strong>r kommen<strong>de</strong>n Verwüstung. Es war nicht vergebens, dass so viele Warnungen wie<strong>de</strong>rholt wur<strong>de</strong>n, da einige ihnen Aufmerksamkeit schenken wür<strong>de</strong>n. Wenn wir unter <strong>de</strong>r Züchtigung Gottes stehen, laufen wir Gefahr, diese zu verachten o<strong>de</strong>r uns entmutigen zu lassen. Aber sie gibt <strong>de</strong>nen Frucht, „die durch sie geübt wor<strong>de</strong>n sind“ (Heb 12,5.6.11). www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 25