Die Dokumentation im PDF-Format - Friedenskonferenz
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<strong>Die</strong>se Aktion habe international<br />
Aufmerksamkeit erregt. Ruanda<br />
stehe seither unter internationaler<br />
Beobachtung. Schweden habe<br />
Entwicklungshilfegelder für Ruanda<br />
ausgesetzt.<br />
In Angola habe die Zivilgesellschaft<br />
bemerkenswerte Erfolge durch den<br />
Aufruf zur massenhaften Kriegsdienstverweigerung<br />
erzielt. <strong>Die</strong><br />
Weigerung der Bevölkerung, sich für<br />
Kriege „missbrauchen“ zu lassen, ist<br />
nach Matondo das eff ektivste Mittel,<br />
dem Krieg den Boden zu entziehen.<br />
Einfl uß von Außen<br />
In Angola sei der seit 1975 mit<br />
Unterbrechungen geführte Bürgerkrieg<br />
zwischen Regierungstruppen<br />
und der Rebellenbewegung Unita<br />
1998 erneut aufgefl ammt. Der Bürgerkrieg<br />
sei jahrelang von außen<br />
angeheizt worden, da es letztlich<br />
um die Ausbeutung der Öl- und<br />
Diamantenvorkommen des Landes<br />
gehe. <strong>Die</strong> rechtsgerichtete Unita sei<br />
von den USA unterstützt worden, die<br />
linksgerichtete MPLA von Russland,<br />
Kuba und China. <strong>Die</strong> Erdölvorkommen<br />
Angolas seien in texanischer<br />
Hand. Es bestünden also einerseits<br />
geschäftliche Beziehungen zwischen<br />
der linksgerichteten Regierung und<br />
den Amerikanern wegen des Öls.<br />
Andererseits unterstützen die USA<br />
die Rebellen, die die Regierungspartei<br />
bekämpften. Auf Regierungsseite<br />
kämpften kubanische Soldaten gegen<br />
die Rebellen und damit auch für den<br />
Schutz der Ölförderung durch die<br />
amerikanische Firma Chevron.<br />
<strong>Die</strong> angolanische Regierung habe<br />
jedes Jahr <strong>im</strong> Januar einen Einberufungserlass<br />
verfügt, der alle kriegsfähigen<br />
Männer aufrief, sich registrieren<br />
zu lassen.<br />
Wer registriert war, sei dann auch<br />
einberufen worden; wer sich nicht<br />
habe registrieren lassen, sei sozial<br />
ausgegrenzt, indem er z.B. keine Studienbescheinigung<br />
erhalten könnte<br />
ohne Registrierungsnachweis, keine<br />
Möglichkeit auf einen guten Arbeitsplatz<br />
hätte und kaum eine Möglichkeit<br />
hätte, eine Ausreisegenehmigung<br />
aus dem Land zu erhalten.<br />
Wurde die jährlich „erforderliche“<br />
Rekrutenregistrierung zahlenmäßig<br />
nicht erreicht, so habe die Regierung<br />
ein Dekret zur Zwangsrekrutierung<br />
erlassen. Um wehrfähige,<br />
nicht registrierte Männer ausfi ndig<br />
zu machen, seien Straßensperren<br />
errichtet und Hausdurchsuchungen<br />
durchgeführt worden, wobei oftmals<br />
ganze Stadtviertel zuvor abgeriegelt<br />
worden seien. Es habe Kontrollen<br />
an Flughäfen und Bahnhöfen etc.<br />
gegeben.<br />
Kriegsdienstverweigerung<br />
Viele auf diese Weise ausfi ndig<br />
gemachte nicht registrierte Männer,<br />
die versucht hätten, sich der<br />
Zwangsrekrutierung durch Flucht zu<br />
entziehen, seien auf off ener Straße<br />
erschossen worden.<br />
Seit 1999 sei von der Zivilgesellschaft<br />
gezielt über Zeitungen und<br />
- der katholischen Kirche nahe stehende<br />
- Radiosender zur Verweigerung<br />
des Militärdienstes aufgerufen<br />
worden. <strong>Die</strong> Aufrufe waren begleitet<br />
von Berichten über Kriegsverbrechen.<br />
<strong>Die</strong> Bevölkerung sei über geschehene<br />
Zwangsumsiedelungen und<br />
Deportationen aufgeklärt worden.<br />
Bereits in 1999 hätten die Information<br />
der Bevölkerung und die Aufrufe<br />
zur Kriegsdienstverweigerung dazu<br />
geführt, dass die Rekrutierungsquote<br />
nicht erreicht worden und die<br />
Regierungstruppen in Bedrängnis<br />
gekommen sei. <strong>Die</strong> Regierung habe<br />
mit verstärktem Druck u. a. auf die<br />
Presse reagiert; es sei Journalisten<br />
wegen „Beleidigung des Militärs“<br />
und/oder wegen Landesverrats der<br />
Prozess gemacht worden. Weiter<br />
sei ein Dekret an die Botschaften<br />
und diplomatischen Vertretungen<br />
Angolas ergangen, welches eine<br />
weitergehende Kooperation mit potentiellen<br />
Asylstaaten verlangte - um<br />
zu erreichen, dass dort abgelehnte<br />
Asylbewerber nach Angola abgeschoben<br />
würden. Da Desertion nach<br />
wie vor kein anerkannter Asylgrund<br />
sei, habe dieses Dekret zu verstärkten<br />
Rückschiebungen nach Angola<br />
geführt und dazu, dass viele der abgeschobenen<br />
in „gehe<strong>im</strong>en Gefängnissen“<br />
verschwunden seien.<br />
Aus diesen Maßnahmen der Regierung<br />
habe man aber ablesen können,<br />
dass die Regierung durch die Kriegsdienstverweigerungswelle<br />
in ernster<br />
Bedrängnis war, wenn sie darauf<br />
angewiesen war, ihr „Kanonenfutter“<br />
unter denen zu suchen, die aus<br />
dem Land gefl üchtet waren.<br />
Trotz verschärfter Repressionen<br />
sei die Antirekrutierungskampagne<br />
verstärkt worden und habe dazu<br />
geführt, dass sich <strong>im</strong> Jahr 2000 nur<br />
noch 20% der kriegsfähigen Männer<br />
registrieren ließen.<br />
Als daraufhin die Zwangsrekrutierung<br />
begann, sei vehementer ziviler<br />
Widerstand geleistet worden.<br />
Beispielsweise habe es Aktionen von<br />
Müttern gegeben, die sich in Scharen<br />
vor den „Rekrutierern“ aufgestellt<br />
und sich als Ausdruck ihres Widerstandes<br />
vor ihnen entblößt hätten.<br />
<strong>Die</strong>se Form des Protestes bzw. der<br />
„Gefahrabwehr“ gehe auf einen in<br />
der angolanischen Tradition verwurzelten<br />
Glauben an die Wirksamkeit<br />
des „Verfl uchens“ zurück und werde<br />
dort von jedermann verstanden:<br />
Wenn eine Mutter sich bzw. ihr Kind<br />
bedroht fühle und sich vor dem<br />
Angreifer entblößt und diesen „verfl<br />
ucht“, könne die Gefahr - so die<br />
traditionelle Überzeugung - abgewendet<br />
werden.<br />
Tatsächlich seien diese Aktionen<br />
wirksam gewesen. <strong>Die</strong> Zwangsrekrutierungen<br />
seien vielerorts eingestellt<br />
worden. Allerdings seien die Frauen<br />
z. T. brutal verprügelt worden.<br />
Zivilgesellschaftlicher Widerstand<br />
Letztlich habe der zivile Widerstand<br />
gegen den Militärdienst zu einer<br />
Schwächung des Militärs geführt<br />
und damit die Regierung zu verstärkter<br />
Gesprächsbereitschaft gezwungen.<br />
Nach der Ermordung des<br />
Unita-Chefs sei ab 2001 zwischen<br />
Unita und der Regierung verhandelt<br />
worden. Als Vermittler hätten kirchliche<br />
Kreise und Abgesandte mehrerer<br />
europäischer Länder fungiert.<br />
<strong>Die</strong> Zivilgesellschaft, die auch von<br />
der UNO als politische Kraft bis dato<br />
nicht anerkannt sei, sei nicht mitein-<br />
FK 2006 - 31