Jahresbericht - Diakonie Neumünster
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SOZIALES · <strong>Jahresbericht</strong> 2012 · Seite 14<br />
<strong>Diakonie</strong> und Gemeinde<br />
Wie sich gemeindliche <strong>Diakonie</strong>, professionelle Beratung<br />
und ehrenamtliches Engagement ergänzen, zeigt das Beispiel<br />
der Thomas-Gemeinde in Kiel-Mettenhof.<br />
Montagmittag, die letzten Besucher verlassen das Birgitta-Thomas-<br />
Haus in Kiel-Mettenhof, einige bleiben noch im Gespräch vor der Tür<br />
stehen. Drinnen sind Menschen in Schürzen damit beschäftigt, leere<br />
Gemüsekisten zu stapeln und lange Tischreihen abzubauen. Die Kieler<br />
Tafel hat ihre wöchentliche Lebensmittelausgabe beendet, und<br />
damit ist für heute auch die Sprechstunde der Ämterlotsen vorbei.<br />
Drei Gespräche hat Ämterlotsenkoordinator Uwe Dorendorf in<br />
den letzten beiden Stunden geführt, jetzt nimmt er die Faltblätter<br />
und den Aufsteller von dem weißen Stehtisch in einem Flur neben<br />
der Ausgabe. „Wir haben schon verschiedene Plätze im Gemeindehaus<br />
ausprobiert“, berichtet er. Einerseits sollen die ehrenamtlichen<br />
Helfer der <strong>Diakonie</strong> gut zu sehen sein, andererseits dürften die Gespräche<br />
über Probleme mit Ämtern oder der Kampf mit Formularen<br />
auch nicht „auf dem Präsentierteller“ stattfinden. Keine leichte Aufgabe<br />
in dem offenen Haus mit den großen Fenstern.<br />
Ein offenes Haus ist auch der Wunsch von Pastorin Jutta Weiß.<br />
Die Gemeinde in Mettenhof ist in einer besonderen Situation. Der<br />
Kieler Stadtteil ist geprägt von der Hochhaussiedlung, die die Kirche<br />
gegenüber weit überragt. Menschen mit geringem Einkommen leben<br />
hier, viele Nationen auf engem Raum. Immer wieder gerät das Viertel<br />
in die Schlagzeilen, trotz aller Stadtentwicklungsprogramme. Jenseits<br />
der Hauptstraße liegt das andere Mettenhof: Einfamilienhäuser<br />
mit Garten, die Bewohner gutbürgerlich und kirchlich gebunden.<br />
„Die Mitglieder unseres Kirchgemeinderats haben wenig Berührungspunkte<br />
mit Hilfesuchenden“, konstatiert Jutta Weiß. Es seien eher<br />
die Pastoren, bei denen die Menschen mit der Bitte um Geld und<br />
Unterstützung an der Tür klingelten. Nur Lebensmittelgutscheine<br />
auszugeben, sei auf Dauer nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen<br />
Stein, das war bald klar. „Das diakonische Handeln können wir nicht<br />
weglassen in diesem Stadtteil!“, betont Jutta Weiß. Die Gemeinde<br />
stellt sich dieser Diskussion, ein ständiges Thema sei es, wie die<br />
Kirche auch in ihrer diakonischen Verantwortung besser im Stadtteil<br />
wahrnehmbar werden könne. Dazu wünschten sich die Gemeindemitglieder<br />
professionelle Beratung.<br />
Das war 2010 und Jutta Weiß erinnert sich an die Situation<br />
ein Jahr nach der Fusion der Kirchenkreise: „Die <strong>Diakonie</strong> streckte<br />
ihre Arme in Richtung Gemeinde aus und wir suchten Unterstützung.“<br />
Das Ergebnis der Gespräche war, dass die 2009 in Kiel wiederbelebte<br />
Kirchenkreissozialarbeit abwechselnd mit den ehrenamtlichen<br />
Ämterlotsen während der wöchentlichen Ausgabezeiten der<br />
Kieler Tafel vor Ort war. Ein stimmiges Konzept: Die Kirchenkreissozialarbeiterin<br />
bot den Hilfesuchenden dort, wo sie regelmäßig Lebensmittel<br />
abholten, fachliche Beratung, z.B. über die ihnen zustehenden<br />
Leistungen. Auch in Auseinandersetzungen mit Ämtern konnte<br />
sie Bescheide erläutern und rechtliche Fragen klären. Die Ämterlotsen<br />
hingegen übernehmen die Begleitung: Sie gehen mit zum Jobcenter,<br />
wenn ein Hilfebezieher nach einem Wortgefecht mit der<br />
Sachbearbeiterin seine Termine nicht mehr wahrnehmen mag. Sie<br />
lesen aber auch einfach mal den Rentenbescheid vor, wenn die Rentnerin<br />
die winzige Schrift nicht mehr entziffern kann. Wenn der Wust<br />
an Papieren zu groß ist, nehmen die Ehrenamtlichen sich die Zeit,<br />
gemeinsam mit den Hilfesuchenden zu Hause die Unterlagen zu sortieren,<br />
die schon lange nur noch im Schuhkarton gelandet sind und<br />
zwischen denen sicher der vom Amt geforderte Nachweis steckt.<br />
„Wir sind eher eine moralische Unterstützung“, sagt Uwe Dorendorf,<br />
„eine rechtliche Beratung leisten wir aber nicht!“ 40 Ämterlotsen<br />
gibt es im Kirchenkreis, in Kiel, Bordesholm, <strong>Neumünster</strong>, Bad<br />
Bramstedt, Henstedt-Ulzburg und Kaltenkirchen helfen sie bei den<br />
Dingen, die in den Fachberatungsstellen zu viel Zeit binden würden,