Jahresbericht - Diakonie Neumünster
Jahresbericht - Diakonie Neumünster
Jahresbericht - Diakonie Neumünster
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Füreinander da sein<br />
Laut einer Studie des Instituts für Demoskopie in Allensbach<br />
ist die typische Pflegende 61 Jahre alt, verheiratet und<br />
hat zwei erwachsene Kinder. Manchmal ist sie berufstätig –<br />
und der Job hat oft nichts mit Pflege zu tun, denn die<br />
Beispielpflegende kümmert sich um einen pflegebedürftigen<br />
Angehörigen, meist mehrere Stunden am Tag.<br />
Die Pflege <strong>Diakonie</strong> und die Ev. Familienbildungsstätte<br />
unterstützen Familien im anstrengenden Alltag.<br />
Pflegende Angehörige bewältigen in Schleswig-Holstein mit 38,4 %<br />
gleich nach der Betreuung im Heim (40,5 %) den Löwenanteil der<br />
täglichen Pflege. Ausschließlich von ambulanten Pflegediensten<br />
werden nur 21,1 % der Pflegebedürftigen versorgt. Über Jahre, teilweise<br />
Jahrzehnte, helfen Ehefrauen ihren Männern bei der täglichen<br />
Körperpflege, heben Söhne ihre Mütter in den Rollstuhl und sorgen<br />
Schwiegertöchter dafür, dass sich die bettlägerige Schwiegermutter<br />
nicht wund liegt. Füreinander da zu sein gilt in der Familie immer<br />
noch als selbstverständlich, doch oft führt die pflegerische Versorgung<br />
die Angehörigen an ihre Grenzen.<br />
„Sieben Jahre habe ich keinen Urlaub gemacht, dann bin ich<br />
zusammengebrochen“, berichtet Elisabeth Hoffmeister von dem Ereignis,<br />
das sie zum Umdenken brachte. Die 72Jährige pflegt seit inzwischen<br />
30 Jahren ihren an Multipler Sklerose erkrankten Ehemann.<br />
Nie habe sie gedacht, dass sie einmal so mitbetroffen sei von der<br />
schleichenden Krankheit, sagt sie im Rückblick. Ihr damaliger Ausfall<br />
hat auch ihren Mann alarmiert, er besteht seitdem darauf, dass<br />
sie jedes Jahr zur Erholung wegfährt, während er in eine Kurzzeitpflegeeinrichtung<br />
geht. Herr Hoffmeister war es auch, der seine Frau<br />
1992 auf eine Zeitungsnotiz aufmerksam machte, die die Gründung<br />
einer Gruppe für pflegende Angehörige in der Ev. Familienbildungsstätte<br />
<strong>Neumünster</strong> ankündigte. Im November 2012 feierte die Gruppe<br />
Seite 33 · <strong>Jahresbericht</strong> 2012 · SENIOREN UND PFLEGE<br />
ihr 20jähriges Bestehen, Elisabeth Hoffmeister ist von Beginn an<br />
dabei. Und auch nach zwei Jahrzehnten haben die 14tägigen Treffen<br />
nicht an Wert verloren: „Im Austausch mit den anderen ist es immer<br />
wieder interessant, welche Parallelen es gibt“, findet die Teilnehmerin<br />
der ersten Stunde. Eine „Wegbegleitung auf Zeit“ wurde der<br />
Gesprächskreis für pflegende Angehörige in der Andacht zum Jubiläum<br />
genannt. Ganz im Sinne des biblischen Vers „Einer trage des anderen<br />
Last“ finden hier die 13 Teilnehmer eine Stütze in der Gruppe,<br />
fachlich und persönlich. Denn auch beim abschließenden Kaffeetrinken<br />
einfach mal abschalten zu können, gehört zum Schatz der Treffen.<br />
Die Nachmittage im Gesprächskreis laufen nach einem festen<br />
Ritual ab: Anfangs erzählt jeder Teilnehmer, wie es ihm und dem<br />
betreuten Patienten geht. Moderatorin Elke Weber, ehemalige Pflegekraft<br />
der Pflege <strong>Diakonie</strong>, geht auf einzelne Fragen ein, gibt fachliche<br />
Tipps oder dringt auch mal auf eine Auszeit von der Pflege. In<br />
diesem Punkt haben alle gelernt: Die eigenen Grenzen zu erkennen<br />
und Hilfe zu holen, gehört zu den wichtigsten Fähigkeiten, wenn<br />
man nahe stehende Menschen pflegt. Doch dafür müssen auch die<br />
Bedenken und Widerstände thematisiert werden: Wie verkraftet mein<br />
Partner die Urlaubspflege? Er will doch nur von mir versorgt werden!<br />
Im November feierte der Gesprächskreis für pflegende Angehörige in <strong>Neumünster</strong> sein<br />
20jähriges Bestehen. Moderiert wird er von Elke Weber (5. von rechts in der zweiten Reihe)