Peter Böhmer: Die österreichische Finanzverwaltung und die ...
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2. Das Gesetz über <strong>die</strong> Erfassung arisierter /.../<br />
Vermögenschaften<br />
Regierung <strong>und</strong> Behörden wollten in der unmittelbaren Nachkriegszeit zunächst einen<br />
Überblick über <strong>die</strong> Vermögensentziehungen während der NS-Zeit gewinnen. <strong>Die</strong>s<br />
zeigt unter anderem das „Gesetz über <strong>die</strong> Erfassung arisierter <strong>und</strong> anderer im<br />
Zusammenhange mit der nationalsozialistischen Machtübernahme entzogenen<br />
Vermögenschaften“ vom 10. Mai 1945. 9 <strong>Die</strong>ses Gesetz sah vor, dass jeder Inhaber<br />
eines Vermögens, das während der NS-Zeit entzogen worden war, <strong>die</strong>ses anmeldet–<br />
das war in der Regel der Entzieher, bei jüdischem Vermögen also der „Ariseur“. <strong>Die</strong><br />
Anmeldefrist betrug ursprünglich ein Monat (§ 3), eine vorsätzliche Unterlassung der<br />
Anmeldung konnte bei größeren Vermögenschaften mit bis zu 10 Jahren Kerker<br />
bestraft werden (§ 6).<br />
In der Realität war <strong>die</strong>ses Gesetz zahnlos: Anfangs galt es nur in der sowjetischen<br />
Zone – <strong>die</strong> Westalliierten hatten ja <strong>die</strong> Regierung noch nicht anerkannt. Zweitens<br />
existierte <strong>die</strong> zuständige Stelle, bei dem <strong>die</strong> Anmeldung erfolgen sollte, noch gar nicht.<br />
Im Herbst 1945 kam Bewegung in <strong>die</strong> Sache. Mit der Ersten Länderkonferenz im<br />
September 1945 gelang es erstmals, Vertreter aller B<strong>und</strong>esländer an einen Tisch zu<br />
bringen. Dabei wurden verschiedenste Maßnahmen besprochen – für <strong>die</strong> Frage der<br />
Rückstellung relevant war der Beschluss, ein „Staatsamt zur Sicherung, Verwaltung,<br />
Planung <strong>und</strong> Verwertung öffentlicher Vermögenswerte“, das spätere<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Vermögenssicherung <strong>und</strong> Wirtschaftsplanung (BMVS), zu<br />
gründen. Staatskanzler Karl Renner wurden dabei folgende Worte zugeschrieben:<br />
„Der Begriff „Arisierung“ umfasst aber wieder verschiedene Rechtsformen,<br />
denen nur <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>lage gemeinsam ist, dass <strong>die</strong> früheren Eigentümer Juden<br />
waren. Sie wurden entweder gezwungen, ihr Vermögen zu verkaufen, wobei<br />
ihnen allerdings vom Kaufpreis in den seltensten Fällen viel verblieb, da<br />
Steuern in bedeutender Höhe zu leisten waren <strong>und</strong> auch sonst der ihnen<br />
9 StGBl 1945/10 vom 10. Mai 1945.