Die historisch-kritische Methode – kritisch betrachtet - Kurt Bangert.de
Die historisch-kritische Methode – kritisch betrachtet - Kurt Bangert.de
Die historisch-kritische Methode – kritisch betrachtet - Kurt Bangert.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wir sehen an Hand dieser Vergleiche, dass das Neue Testament, wenn es <strong>de</strong>nn das Alte<br />
Testament zitiert, offensichtlich von <strong>de</strong>r griechischen Übersetzung ausging, nicht vom<br />
hebräischen Original. In <strong>de</strong>n zitierten Beispielen ist das inhaltlich kaum von großer<br />
Relevanz. Allerdings fällt es schwer, die Zitate <strong>–</strong> zumin<strong>de</strong>st in dieser Form <strong>–</strong> als<br />
ursprüngliche, originale und überlieferte Herrenworte zu verstehen. Vielmehr wird man hier<br />
eine Hellenisierung <strong>de</strong>r neutestamentlichen Überlieferung voraussetzen müssen, da die<br />
neutestamentlichen Zitate ein<strong>de</strong>utig auf die Septuaginta zurückzuführen sind. Aber sehen<br />
wir uns einige an<strong>de</strong>re Beispiele an, in <strong>de</strong>nen durchaus auch von einem inhaltlichen Wan<strong>de</strong>l<br />
gere<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n muss:<br />
Hebräisches AT:<br />
(Jes. 11, 10) Und es wird<br />
geschehen zu <strong>de</strong>r Zeit, dass<br />
das Reis aus <strong>de</strong>r Wurzel Isais<br />
dasteht als Zeichen für die<br />
Völker. Nach ihm wer<strong>de</strong>n<br />
die Hei<strong>de</strong>n fragen, und die<br />
Stätte, da er wohnt, wird<br />
herrlich sein.<br />
Septuaginta (LXX):<br />
(Jes. 11, 10) Es wird kommen<br />
zu <strong>de</strong>r Zeit die Wurzel Jesse.<br />
Und er wird aufstehen zu<br />
herrschen über die Hei<strong>de</strong>n;<br />
auf <strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n die Hei<strong>de</strong>n<br />
hoffen.<br />
Neuest Testament:<br />
(Röm. 15, 12) Es wird<br />
kommen die Wurzel Jesse<br />
und wird aufstehen zu<br />
herrschen über die Hei<strong>de</strong>n;<br />
auf <strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n die Hei<strong>de</strong>n<br />
hoffen.<br />
Was sich ursprünglich auf einen Rest Israels bezog (siehe dazu auch Jes. 11, 11f), <strong>de</strong>n<br />
Gott aus <strong>de</strong>r Diaspora zurückführen wür<strong>de</strong> und <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Hei<strong>de</strong>n als Beispiel für Gottes Treue<br />
zu seinem Volk dienen sollte, wur<strong>de</strong> <strong>–</strong> nicht zuletzt dank <strong>de</strong>r griechischen Formulierung in<br />
<strong>de</strong>r LXX <strong>–</strong> von Paulus auf Jesus angewandt sowie auf die Hei<strong>de</strong>nchristen, die ihn als ihren<br />
Erlöser anerkannten. Ein weiteres Beispiel von recht großer Tragweite ist folgen<strong>de</strong>s Zitat:<br />
Hebräisches AT:<br />
(Jes. 7, 114) Siehe, eine junge<br />
Frau wird schwanger und<br />
wird einen Sohn gebären,<br />
<strong>de</strong>n wird sie nennen<br />
Immanuel.<br />
LXX:<br />
(Jes. 7, 14) Siehe, eine<br />
Jungfrau wird schwanger<br />
sein und einen Sohn<br />
gebären, und du wirst seinen<br />
Namen Immanuel heißen.<br />
NT:<br />
(Matt. 1, 23) Siehe, eine<br />
Jungfrau wird schwanger<br />
sein und einen Sohn<br />
gebären, und sie wer<strong>de</strong>n<br />
seinen Namen Immanuel<br />
heißen.<br />
Was sich ursprünglich wenig spektakulär anhört, dass nämlich eine junge, heiratsfähige<br />
Frau schwanger wird, um einen Sohn mit Namen Immanuel („<strong>de</strong>r Herr sei mit uns“) zu<br />
gebären, wird aufgrund <strong>de</strong>s Begriffes „Jungfrau“ in <strong>de</strong>r LXX auf die Mutter Jesus<br />
angewandt. Man kann <strong>de</strong>r LXX noch nicht einmal vorwerfen, <strong>de</strong>n hebräischen Text ungenau<br />
wie<strong>de</strong>rgegeben zu haben, da es ja <strong>–</strong> an<strong>de</strong>rs als heutzutage <strong>–</strong> zu jener Zeit nichts<br />
Ungewöhnliches war, dass junge Ehefrauen zu <strong>de</strong>m Zeitpunkt, da sie von ihren Ehemännern<br />
erstmals geschwängert wur<strong>de</strong>n, durchaus noch jungfräulich waren. Ob Jes. 7, 14 nun eine