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Die historisch-kritische Methode – kritisch betrachtet - Kurt Bangert.de

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Redaktionsgeschichte<br />

<strong>Die</strong> von <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen Theologen W. Marxen erst relativ spät, nämlich in <strong>de</strong>n Fünfziger<br />

Jahren, entwickelte „Redaktionsgeschichte“ ist <strong>de</strong>r Versuch, nach Herausarbeiten <strong>de</strong>r<br />

Quellen, die <strong>de</strong>n Evangelien zugrun<strong>de</strong> liegen, nunmehr etwas auszusagen über die<br />

Endredaktion durch die Evangelisten, um auf diese Weise <strong>de</strong>ren theologische Absichten zu<br />

erkennen und auch etwas zu lernen über die Situation <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>, aus <strong>de</strong>r sie stammten<br />

bzw. für die sie schrieben. Sie wer<strong>de</strong>n vom Religionsgeschichtler weniger als Autoren <strong>de</strong>nn<br />

vielmehr als „Redakteure“ angesehen wer<strong>de</strong>n. (Im Fachjargon spricht man allerdings von<br />

„Redaktoren“.) <strong>Die</strong> Redaktionsgeschichte fragt: Was ist das Neue, das <strong>de</strong>r Redaktor beim<br />

Zusammenstellen seiner Quellen eingebracht hat? Der Begriff „Redaktionsgeschichte“ ist<br />

inzwischen zu einem terminus technicus nicht nur <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r nicht<strong>de</strong>utschen<br />

Fachwelt gewor<strong>de</strong>n, die ihn im Englischen, Französischen und in an<strong>de</strong>ren<br />

Sprachen unübersetzt verwen<strong>de</strong>n.<br />

In<strong>de</strong>m die Redaktionsgeschichte die editorialen Eigenheiten insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Synoptiker<br />

herausarbeitet, gewinnen Matthäus, Markus, Lukus und auch <strong>de</strong>r Evangelist Johannes an<br />

Eigenprofil, Schärfe und Charakter. <strong>Die</strong> Evangelisten haben keine bloßen Kompilationen<br />

vorgelegt, son<strong>de</strong>rn Kompositionen, keine reinen Zusammenstellungen von Berichten und<br />

Geschichten, son<strong>de</strong>rn theologische Entwürfe.<br />

Um diese redaktions<strong><strong>kritisch</strong>e</strong>n Eigenheiten herauszuarbeiten, untersuchen <strong>historisch</strong><strong>kritisch</strong><br />

arbeiten<strong>de</strong> Theologen stilistische Eigentümlichkeiten, stilistische Verbesserungen,<br />

Än<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Satzkonstruktion, Auslassungen und Zusätze, Umstellungen,<br />

Erläuterungen, Einfügungen an<strong>de</strong>rer Traditionsstücke, Kürzungen, Verknüpfungen (von<br />

ursprünglich selbständiger Einzelüberlieferungen), geographische Angaben, Hinweise auf<br />

Erfüllungen von alttestamentlichen Vorhersagen, Dramatisierungen sowie theologische<br />

Deutungen und Um<strong>de</strong>utungen.<br />

Ohne hier die minutiöse Arbeit <strong>de</strong>r Redaktionskritik hier im Einzelnen darzustellen, will<br />

ich hier kurz einige allgemeine Erkenntnisse aufzeigen, ohne dass ich behaupten möchte,<br />

dass diese Ergebnisse in Stein gemeißelt o<strong>de</strong>r erschöpfend sind.<br />

Das Markus-Evangelium ist stark auf das Lei<strong>de</strong>n und Sterben Jesu ausgerichtet. Ein<br />

wichtiger Höhepunkt ist das Messias-Bekenntnis <strong>de</strong>s Petrus, etwa in <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s<br />

Evangeliums, das die theologische Quintessenz vorwegnimmt, nämlich dass dieser lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Jesus <strong>de</strong>r lang erwartete Messias sei. Das „Messiasgeheimnis“ wird oft als Leitmotiv dieses<br />

Evangeliums angesehen. <strong>Die</strong> älteste Markus-Überlieferung weiß nichts von <strong>de</strong>n<br />

Auferstehungsgeschichten (<strong>de</strong>r Schluss Mark. 16, 9-20 taucht nur in späteren<br />

Überlieferungen auf), son<strong>de</strong>rn scheint sich damit zu begnügen, <strong>de</strong>n Gekreuzigten als <strong>de</strong>n<br />

Christus zu verkündigen. Es gibt einige Hinweise darauf, dass das Markus-Evangelium für<br />

Hei<strong>de</strong>nchristen geschrieben wur<strong>de</strong>; immerhin macht er sich die Mühe, jüdische<br />

Gepflogenheiten zu erklären und aramäische Begriffe ins Griechische zu übersetzen.<br />

Das Matthäus-Evangelium bemüht sich sehr darum, Jesus mit <strong>de</strong>n prophetischen<br />

Vorhersagen <strong>de</strong>s Alten Testamentes in Verbindung zu bringen, um auf diese Weise seine<br />

messianische Legitimität zu untermauern. Matthäus zitiert das AT häufiger als die an<strong>de</strong>ren<br />

Evangelien. Man könnte annehmen, es wäre vorwiegend für Ju<strong>de</strong>nchristen geschrieben,<br />

<strong>de</strong>nen das Alte Testament vertraut und heilig war. Matthäus beschäftigt sich viel mit <strong>de</strong>n<br />

letzten Dingen, <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Welt, <strong>de</strong>m Kommen <strong>de</strong>s Menschensohns und <strong>de</strong>m Endgericht.

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