Die historisch-kritische Methode – kritisch betrachtet - Kurt Bangert.de
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Maßstäben angegangen wird, unter <strong>de</strong>r Zielsetzung, dabei das Wort Gottes zu ent<strong>de</strong>cken“. 7<br />
Maier lehnte die Bibelkritik grundsätzlich ab, wie dies viele streng bibelgläubige Theologen<br />
heute noch tun.<br />
Das Dilemma mit <strong>de</strong>r <strong>historisch</strong>en Kritik hat <strong>de</strong>r Alttestamentler Gerhard von Rad einmal<br />
pointiert so formuliert: „<strong>Die</strong> <strong>historisch</strong>e Forschung sucht ein <strong>kritisch</strong> gesichertes Minimu; das<br />
kerygmatische Bild tendiert nach einem theologischen Maximum.“ 8<br />
Peter Stuhlmacher, <strong>de</strong>r die <strong>Metho<strong>de</strong></strong> an sich nicht verwarf, beklagte jedoch <strong>de</strong>n stark<br />
hypothetischen Charakter <strong>de</strong>r wissenschaftlichen Exegese, die <strong>de</strong>shalb ein „in ihrer<br />
Erkenntnisfähigkeit und Wirksamkeit durchaus beschränktes Unternehmen“ ist. 9 Er<br />
kritisierte, dass viele Anwen<strong>de</strong>r aus ihrer heutigen aufgeklärten Sicht antike Texte und<br />
Situationen beurteilten, aber damit we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Texten noch <strong>de</strong>r Zeit, in <strong>de</strong>r sie geschrieben<br />
wur<strong>de</strong>n, gerecht wür<strong>de</strong>n. „Der Historiker geht aus von seiner gegenwärtigen<br />
Wirklichkeitserfahrung und beurteilt von ihr her <strong>kritisch</strong>, was auch in <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />
möglich und wirklich, und gleichzeitig, was unmöglich und unwirklich gewesen sein<br />
dürfte.“ 10 Gera<strong>de</strong> weil so vieles in und außerhalb <strong>de</strong>r Schrift obskur und nur schwer<br />
aufzuhellen sei, neige die <strong>historisch</strong>e Kritik zu einer „chaotischen Hypothesenbildung“ 11 ,<br />
und Stuhlmacher schlussfolgert: „Wer <strong>de</strong>n exuberanten Wucherungen Einhalt gebietet, leicht<br />
hingesetzten Thesen ihre ungeprüften Voraussetzungen nachweist und damit einen nur<br />
formalen Progressismus an seine Grenzen erinnert, ist in Wahrheit ‚<strong>kritisch</strong>’. 12<br />
Theologen, die sich als „bibeltreu“ o<strong>de</strong>r „evangelikal“ bezeichnen, neigen meist dazu,<br />
außer <strong>de</strong>r Textkritik alle an<strong>de</strong>ren Schritte <strong>de</strong>r Bibelkritik abzulehnen, doch viele unter ihnen,<br />
haben inzwischen festgestellt, dass auch Literarkritik, Redaktionskritik, Formgeschichte<br />
usw. für die biblische Auslegung wertvolle Hinweise für ein Gesamtverständnis <strong>de</strong>r Texte<br />
liefern können. <strong>Die</strong>ses Verstehen <strong>de</strong>r damaligen Situation und das Verstehen <strong>de</strong>r<br />
ursprünglichen Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Texte kann uns auch heute wichtige Erkenntnisse vermitteln.<br />
Erst wenn wir <strong>de</strong>n biblischen Text in seinem ursprünglichen Zusammenhang verstehen,<br />
vermögen wir ihn auch richtig auf unseren heutigen Geschehenszusammenhang<br />
anzuwen<strong>de</strong>n.<br />
Gleichwohl: Angesichts <strong>de</strong>r Begrenzungen <strong>de</strong>r <strong>historisch</strong>-<strong><strong>kritisch</strong>e</strong>n <strong>Metho<strong>de</strong></strong> und <strong>de</strong>r<br />
recht hypothetischen Schlussfolgerungen, die zuweilen aus ihr gezogen wer<strong>de</strong>n, beschleicht<br />
insbeson<strong>de</strong>re streng bibelgläubige Christen das Gefühl, dass die Bibel, die doch als Wort<br />
Gottes <strong>betrachtet</strong> wird, hier mit einer unzulässigen <strong>Metho<strong>de</strong></strong> untersucht wird, die <strong>de</strong>m<br />
Gegenstand <strong>de</strong>r Untersuchung nicht angemessen ist. Viele wünschen sich <strong>de</strong>shalb statt <strong>de</strong>r<br />
<strong>historisch</strong>-<strong><strong>kritisch</strong>e</strong>n <strong>Metho<strong>de</strong></strong> eine „biblische“, eine „<strong>historisch</strong>-biblische“ o<strong>de</strong>r eine<br />
„biblisch-theologische“ <strong>Metho<strong>de</strong></strong> <strong>de</strong>r Bibelauslegung.<br />
<strong>Die</strong> mo<strong>de</strong>rn Theologie ist im Allgemeinen <strong>de</strong>r Meinung, dass die <strong>historisch</strong>-<strong><strong>kritisch</strong>e</strong><br />
<strong>Metho<strong>de</strong></strong> im Namen <strong>de</strong>r Wissenschaft unverzichtbar bleibt, aber zum einen nicht je<strong>de</strong>m<br />
7<br />
Gerhard Maier, Das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r <strong>historisch</strong>-<strong><strong>kritisch</strong>e</strong>n <strong>Metho<strong>de</strong></strong>, Theologischer Verlag Brockhaus, Wuppertal,<br />
1974.<br />
8<br />
Gerhard von Rad, Theologie <strong>de</strong>s Alten Testaments I, S. 120; zitiert von Hans-Joachim Kraus, Geschichte <strong>de</strong>r<br />
<strong>historisch</strong>-<strong><strong>kritisch</strong>e</strong>n Erforschung <strong>de</strong>s Alten Testaments, Neukirchen Verlag, Neukirchen, 1956/69, S. 363.<br />
9<br />
Peter Stuhlmacher, „These zur Methodologie gegenwärtiger Exegese“, in: ZNW 63 (1972), S. 25.<br />
10<br />
Peter Stuhlmacher, „Neues Testament und Hermeneutik <strong>–</strong> Versuch einer Bestandsaufnahme“, in: ZThK 68<br />
(1971), S. 127.<br />
11 A. a. O., S. 21.<br />
12 A. a. O.