Die historisch-kritische Methode – kritisch betrachtet - Kurt Bangert.de
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willkommene Belegstelle war für die Kun<strong>de</strong>, Maria, die Mutter Jesu, sei zur Zeit <strong>de</strong>r Geburt<br />
Jesu noch Jungfrau geween, o<strong>de</strong>r ob Jes. 7, 14 womöglich Ursache und Ursprung <strong>de</strong>r<br />
Jungfrauenberichte war, das wollen wir an späterer Stelle etwas näher erläutern.<br />
Während sich in <strong>de</strong>n meisten Fällen, wo das Neue Testament die LXX zitiert, kaum<br />
nennenswerte Konsequenzen ergeben, gibt es doch <strong>de</strong>n einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Fall, da die<br />
Argumentation <strong>de</strong>s neutestamentlichen Autors nur dann stichhaltig erscheint, wenn nach<br />
<strong>de</strong>r LXX zitiert wird, aber hinfällig wird, wenn man <strong>de</strong>n ursprünglichen hebräischen Text<br />
zugrun<strong>de</strong> legt. Eines <strong>de</strong>r anschaulichsten Beispiele hierfür ist ein Zitat aus <strong>de</strong>r Pfingstpredigt<br />
<strong>de</strong>s Petrus:<br />
Hebräischer Text: Psalm 16, 8-10:<br />
Ich habe <strong>de</strong>n Herrn allezeit vor Augen; steht<br />
er mir zur Rechten, so wer<strong>de</strong> ich fest bleiben.<br />
Darum freut sich mein Herz, und meine<br />
Seele ist fröhlich; auch mein Leib wird sicher<br />
liegen. Denn du wirst mich nicht <strong>de</strong>m To<strong>de</strong><br />
überlassen und nicht zugeben, dass <strong>de</strong>in<br />
Heiliger die Grube sehe.<br />
LXX und NT: Apg. 2, 24-27:<br />
Ich habe <strong>de</strong>n Herrn allezeit vor Augen, <strong>de</strong>nn<br />
er ist an meiner Rechten, auf dass ich nicht<br />
wanke. Darum ist mein Herz fröhlich, und<br />
meine Zunge frohlocket; auch mein Fleisch<br />
wird ruhen in <strong>de</strong>r Hoffnung. Denn du wirst<br />
meine Seele nicht bei <strong>de</strong>n Toten lassen, auch<br />
nicht zugeben, dass <strong>de</strong>in Heiliger die<br />
Verwesung sehe.<br />
<strong>Die</strong> ursprüngliche Absicht <strong>de</strong>s Psalmschreibers war es, seiner Zuversicht Ausdruck zu<br />
verleihen, wonach Gott ihm seelischen und leiblichen Schutz gewähren wird, ihn nicht<br />
umkommen lässt und ihn nicht <strong>de</strong>m To<strong>de</strong> überantworten wird.<br />
Dem gegenüber wen<strong>de</strong>t Petrus diesen Text, <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r LXX zitiert wird, ein<strong>de</strong>utig auf<br />
Jesus an, wenn er in <strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Versen sagt:<br />
Deutung durch Petrus:<br />
“Ihr Männer, liebe Brü<strong>de</strong>r, lasset mich frei re<strong>de</strong>n zu euch von <strong>de</strong>m Erzvater David. Er ist<br />
gestorben und begraben, und sein Grab ist bei uns bis auf diesen Tag. Da er nun ein Prophet<br />
war und wußte, dass ihm Gott verheißen hatte mit einem Ei<strong>de</strong>, dass sein Nachkomme sollte<br />
auf seinem Thron sitzen, hat er‘s vorausgesehen und gere<strong>de</strong>t von <strong>de</strong>r Auferstehung <strong>de</strong>s<br />
Christus, dass er nicht bei <strong>de</strong>n Toten gelassen ist und sein Fleisch die Verwesung nicht<br />
gesehen hat. <strong>Die</strong>sen Jesus hat Gott auferweckt; <strong>de</strong>s sind wir alle Zeugen.“ (Apg. 2,29—32)<br />
Was nach <strong>de</strong>m griechischen Text wie eine erstaunliche Verheißung und wie eine<br />
atemberauben<strong>de</strong> Erfüllung ausschaute, sieht nach <strong>de</strong>m hebräischen Text keineswegs<br />
abson<strong>de</strong>rlich aus. Nach <strong>de</strong>m hebräischen Original hätte man <strong>de</strong>n Text nur schwerlich auf<br />
Jesus anwen<strong>de</strong>n können, weil dieser ja zu Grabe getragen und in die Grube gelegt wur<strong>de</strong>,<br />
aber in <strong>de</strong>r Septuaginta ist nicht von Grube, son<strong>de</strong>rn nur von Verwesung die Re<strong>de</strong>, was auf<br />
Jesus angewandt wer<strong>de</strong>n konnte, <strong>de</strong>r ja höchstens drei Tage in <strong>de</strong>r Grube blieb. Dabei muß<br />
man zugestehen, dass <strong>de</strong>r Übersetzer <strong>de</strong>n hebräischen Text im Griechischen kaum hätte<br />
besser wie<strong>de</strong>rgeben können; <strong>de</strong>nnoch ließ es dieser LXX-Text zu, ihn entgegen seiner