Die historisch-kritische Methode – kritisch betrachtet - Kurt Bangert.de
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2. Mose 20, 8-11:<br />
Ge<strong>de</strong>nke <strong>de</strong>s Sabbattages, dass du ihn<br />
heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten<br />
und alle <strong>de</strong>ine Werke tun. Aber am<br />
siebenten Tage ist <strong>de</strong>r Sabbat <strong>de</strong>s Herrn,<br />
<strong>de</strong>ines Gottes. Da sollst du keine Arbeit<br />
tun, auch nicht <strong>de</strong>in Sohn, <strong>de</strong>ine Tochter,<br />
<strong>de</strong>in Knecht, <strong>de</strong>ine Magd, <strong>de</strong>in Vieh,<br />
auch nicht <strong>de</strong>in Fremdling, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>iner<br />
Stadt lebt. Denn in sechs Tagen hat <strong>de</strong>r<br />
Herr Himmel und Er<strong>de</strong> gemacht und das<br />
Meer und alles, was darinnen ist, und<br />
ruhte am siebenten Tage. Darum egnete<br />
<strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>n Sabbattag und heiligte ihn.<br />
5. Mose 5, 12-15:<br />
Den Sabbattag sollst du halten, dass du ihn<br />
heiligest, wie dir <strong>de</strong>r Herr, <strong>de</strong>in Gott, geboten<br />
hat. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle <strong>de</strong>ine<br />
Werke tun. Aber am siebenten Tag ist <strong>de</strong>r Sabbat<br />
<strong>de</strong>s Herrn, <strong>de</strong>ines Gottes. Da sollst du keine<br />
Arbeit tun, auch nicht <strong>de</strong>in Sohn, <strong>de</strong>ine Tochter,<br />
<strong>de</strong>in Knecht, <strong>de</strong>ine Magd, <strong>de</strong>in Rind, <strong>de</strong>in Esel,<br />
all <strong>de</strong>in Vieh, auch nicht <strong>de</strong>in Fremdling, <strong>de</strong>r in<br />
diener Stadt lebt, auf dass <strong>de</strong>in Knecht und diene<br />
Magd ruhe gleichwie du. Denn du sollst daran<br />
<strong>de</strong>nken, dass auch du Knecht in Ägyptenland<br />
warst und <strong>de</strong>r Herr, <strong>de</strong>in Gott, dich von<br />
dort herausgeführt hat mit mächtiger Hand<br />
und ausgerecktem Arm. Darum hat dir <strong>de</strong>r<br />
Herr, <strong>de</strong>in Gott, geboten, dass du <strong>de</strong>n Sabbattag<br />
halten sollst.<br />
Während die 10 Gebote ansonsten nahezu völlig gleichlauten, fin<strong>de</strong>n wir beim<br />
4. Gebot, <strong>de</strong>m Sabbatgebot, unterschiedliche Begründungen für das Halten <strong>de</strong>s Sabbats. Im<br />
einen Fall wird <strong>de</strong>r Sabbat mit <strong>de</strong>r Befreiung aus Ägypten begrün<strong>de</strong>t, jenem befreien<strong>de</strong>n<br />
Ereignis, das für die Existenz Israels gera<strong>de</strong>zu konstitutive Be<strong>de</strong>utung hat. Im an<strong>de</strong>rn Fall<br />
wird die Verpflichtung zur Sabbathaltung durch die Schöpfung begrün<strong>de</strong>t, von <strong>de</strong>r es heißt,<br />
dass sie in sieben Tagen stattfand.<br />
Man darf, bezogen auf diese Unterschie<strong>de</strong>, einerseits <strong>historisch</strong> nach <strong>de</strong>n Quellen und<br />
damit auch <strong>de</strong>n Ursachen für die verschie<strong>de</strong>nen Überlieferungen fragen; man kann<br />
an<strong>de</strong>rerseits theologisch nach <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung und <strong>de</strong>m Grund dafür fragen, warum die<br />
Ju<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong> Traditionen tradierten. Dass es diese bei<strong>de</strong>n Überlieferungen gab, ist<br />
offensichtlich und nicht zu bestreiten. Dass bei<strong>de</strong> <strong>historisch</strong> nicht ursprünglich sein können,<br />
ist auch klar. Dennoch haben bei<strong>de</strong> Traditionen Eingang in die Torah gefun<strong>de</strong>n, weil sie für<br />
die Existenz Israels wichtig sind. Als Volk, das aus <strong>de</strong>r Knechtsschaft, aus Ägypten,<br />
herausgeführt wur<strong>de</strong> ins gelobte Land, verbin<strong>de</strong>t Israel mit <strong>de</strong>r Sabbathaltung das Ge<strong>de</strong>nken<br />
an diese <strong>historisch</strong>e Befreiungstag Gottes. Der Exodus ist für Israel i<strong>de</strong>ntitätsstiftend.<br />
I<strong>de</strong>ntitätsstiftend ist für gläubige Ju<strong>de</strong>n aber auch die Überzeugung, dass sie allesamt, als<br />
Einzelne wie als Kollektiv, Geschöpfe Gottes sind, <strong>de</strong>ren Existenz und Selbstverständnis von<br />
<strong>de</strong>r ursprünglichen Schöpfung her begrün<strong>de</strong>n lassen.<br />
Von <strong>de</strong>r Schöpfung zu re<strong>de</strong>n gibt uns auch Gelegenheit, über die unterschiedlichen<br />
Schöpfungsgeschichten von Gen. 1 und Gen. 2 zu sprechen. Historisch-<strong><strong>kritisch</strong>e</strong><br />
Wissenschaftler haben hier schon seit langem zwei Überlieferungsstränge ausgemacht und<br />
von daher auch <strong>de</strong>n mythologischen Ursprung dieser Erzählungen begrün<strong>de</strong>t. Bibelgläubige<br />
Leser haben sich schon immer schwer getan mit dieser „Mythologisierung“ (o<strong>de</strong>r<br />
„Entmythologisierung“), weil sie dahinter die Leugnung <strong>de</strong>s Schöpfungsgedankens<br />
vermuten. <strong>Die</strong> meisten heutigen Christen akzeptieren nicht nur die evolutive Entstehung <strong>de</strong>s