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frauen sagen, wann eine Grenze erreicht ist,<br />
dass sie sich nicht alles von ihren Männern gefallen<br />
lassen.<br />
Gibt es auch in der Mayakultur Machismo? –<br />
Die Kolonisierung Lateinamerikas hat mit einer<br />
Vergewaltigung begonnen (Malinche). Die Vermischung<br />
von Mayakultur und spanischer Kultur<br />
ist typisch für Guatemala. Die Mayas sind<br />
bezüglich Frauendiskriminierung auch nicht<br />
besser als andere Völker. Die eigentliche Kosmovision<br />
der Mayas unterscheidet sich von<br />
dem, was die meisten Männer in sie hinein interpretieren.<br />
Bis heute sind zwei ganz unterschiedliche<br />
Vorstellungen über die Rollen von<br />
Frauen und Männern vorhanden. Es gibt eine<br />
Gruppe von feministischen Mayafrauen, die<br />
sich damit auseinandersetzen.<br />
Was geschah mit Kindern, die im Krieg durch<br />
eine Vergewaltigung gezeugt worden waren? –<br />
Viele Frauen brachten solche Kinder zu Nonnen.<br />
Andere behielten sie, haben den Kindern<br />
aber nie etwas von diesen Ereignissen erzählt.<br />
Es gibt auch Fälle, in denen die ehemaligen<br />
Soldaten die Kinder wollten, die Mütter sie<br />
aber nicht hergaben. Die Situation dieser Kinder<br />
ist sehr schwierig. Als bei einer Selbstmordwelle<br />
unter Jugendlichen im Ixcán nach<br />
den Gründen geforscht wurde, fand man heraus,<br />
dass viele dieser Jugendlichen Kinder<br />
von im Krieg vergewaltigten Frauen waren.<br />
Vier Jahre sind eine kurze Zeit für ein Projekt<br />
wie «De Víctimas de Violencia Sexual a Actoras<br />
de Cambio». Es sind nicht nur indigene Frauen,<br />
die sich nicht trauen, über sexuelle Gewalt<br />
zu sprechen. Es gibt auch Ladinofrauen, die<br />
nun zum ersten Mal über die Gewalt reden, die<br />
sie zu Hause von ihren Ehemännern erleben.<br />
Ein Beispiel für die Komplexität dieser Thematik:<br />
In einer der Gruppen des Projekts wurde<br />
die Frage aufgeworfen, weshalb nur Frauen<br />
vergewaltigt worden waren. Die Antwort der<br />
Frauen war: Weil die Soldaten ihre eigenen<br />
Frauen nicht dabei hatten. – Es geht hier u.a.<br />
um die Internalisierung des Täters: Die Frauen<br />
denken sich in die Täter hinein, machen sich<br />
seine Interessen zu eigen und finden es selbstverständlich,<br />
Opfer zu sein. Yolanda und ihre<br />
Mitarbeiterinnen arbeiten nun mit einer Maya-<br />
Frauengruppe daran, diese Denkweise zu dekonstruieren.<br />
Wie ist es möglich, dass Männer Frauen systematisch<br />
vergewaltigen? – Das ganze patriarchale<br />
System basiert auf der Kontrolle der<br />
weiblichen Sexualität. Im Krieg potenziert sich<br />
das, der Höhepunkt dieser potenzierten Männ-<br />
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lichkeit drückt sich in systematischer Vergewaltigung<br />
aus. In den PAC (Zivilpatrouillen)<br />
gab es z.B. eine Hymne über den patrouillierenden<br />
Macho, welche die Männer sangen,<br />
wenn sie Tiere töteten, lebende Tiere assen<br />
oder compañeros folterten (solche Handlungen<br />
gehörten zur Ausbildung der PAC). Es gibt eine<br />
Analogie zwischen Männlichkeit und Militär, das<br />
eine potenziert sich mit dem anderen.<br />
Es gibt aber auch Frauen im Militär (z.B. in<br />
den deutschen Konzentrationslagern während<br />
des Zweiten Weltkriegs oder momentan im<br />
Irak)… – Weder Frauen noch Männer haben die<br />
Gewalt gepachtet. Um sich im Militär behaupten<br />
zu können, stehen den Frauen zwei Rollen<br />
zur Verfügung: jene des weiblichen Opfers und<br />
jene der «vermännlichten» Frau. Diese Rollen<br />
sind kulturelle und soziale Konstruktionen. In<br />
diesem System ist es genauso schwierig, Mann<br />
zu sein, wie Frau zu sein. Auch den Männern<br />
werden Rollen aufgezwungen (Familienernährer,<br />
starker Mann etc.), die sie erfüllen müssen<br />
– ob sie wollen oder nicht. Beide Geschlechter<br />
müssen in der patriarchalen Gesellschaft gleichermassen<br />
zeigen, dass sie die ihnen zugedachten<br />
Rollen erfüllen. Es gibt nicht nur eine<br />
Frauen-, sondern auch eine Männerbewegung,<br />
die sich für alternative Männlichkeitsbilder einsetzt.<br />
Wir wird Schwangerschaftsabbruch in Guatemala<br />
gehandhabt, wie war es speziell während<br />
des Kriegs? – Wir gehen davon aus, dass die<br />
meisten im Krieg vergewaltigten Frauen ihre<br />
mit Gewalt gezeugten Kinder geboren haben.<br />
Sichere Daten dazu gibt es aber nicht. Abtreibung<br />
ist in Guatemala illegal, obwohl der Staat<br />
behauptet, laizistisch zu sein. Tatsächlich ist<br />
das Verhältnis von Staat und katholischer Kirche<br />
in Fragen der Familie und der Familienplanung<br />
sehr eng. Erst vor ein paar Monaten hat<br />
der Kongress ein Gesetz verabschiedet, das<br />
den Frauen das Recht zuspricht, Verhütungsmittel<br />
und Kondome zu gebrauchen sowie<br />
selbst über die Anzahl Kinder, die sie gebären<br />
wollen, zu entscheiden. Als dieses Gesetz den<br />
Kongress passiert hatte, feierten viele Frauen<br />
auf der Strasse. In der Folge erklärte die katholische<br />
Kirche, sie sei gegen dieses Gesetz.<br />
Deshalb legte schliesslich Präsident Berger<br />
sein Veto gegen das Gesetz ein, so dass es<br />
dann doch nicht zustande kam.<br />
Die Doppelmoral der katholischen Kirche wird<br />
z.B. darin sichtbar, dass der Zölibat u.a. ein<br />
Mittel ist um zu verhindern, dass der ganze<br />
Reichtum der Kirche in den Unterhalt der Familien<br />
der Priester fliesst.