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Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts - Unilibrary

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999 <strong>Die</strong> Entstehung einer neuen Welt. Politik und Kirche.<br />

5. Politik und Kirche (von der Einführung <strong>des</strong><br />

Beichtzwanges, 1215, bis zur französischen Revolution).<br />

<strong>Die</strong> Kirche<br />

Inwiefern ich bei diesem Überblick Politik und Kirche als<br />

zusammengehörig betrachte, habe ich S. 735 auseinandergesetzt;<br />

die tieferen Gründe dieser Zusammengehörigkeit sind in der<br />

Einleitung zum Abschnitt „Der Kampf“ berührt.¹) Ausserdem wird<br />

wohl Niemand leugnen, dass in der Entwickelung Europa‘s seit<br />

dem 13. Jahrhundert die thatsächlich bestehenden Beziehungen<br />

zwischen Kirche und Politik in manchen wichtigsten Dingen von<br />

ausschlaggebender Bedeutung waren, und praktische Politiker<br />

behaupten einstimmig, eine vollkommene Trennung der Kirche<br />

vom politischen Staate — d. h. also die Indifferenz <strong>des</strong> Staates in<br />

Bezug auf kirchliche Dinge — sei auch heute noch<br />

undurchführbar. Prüft man die darauf bezüglichen Argumente der<br />

konservativsten Staatsmänner, so wird man sie stichhaltiger<br />

finden als die ihrer doktrinären Gegner. Man schlage z. B. das<br />

Buch Streitfragen der Gegenwart von Constantin Pobedonoszew<br />

auf. <strong>Die</strong>ser bekannte russische Staatsminister und Oberprocureur<br />

<strong>des</strong> heiligen Synods kann als vollendeter Typus eines Reaktionärs<br />

gelten; ein freidenkender Mann wird nicht häufig in der Lage sein,<br />

in politischen Dingen mit ihm übereinzustimmen; ausserdem ist<br />

er ein orthodox kirchlicher Christ. Er meint nun, die Kirche k ö n<br />

n e vom Staat nicht getrennt werden, nicht auf die Dauer<br />

wenigstens, und zwar weil sie dann unfehlbar „bald das<br />

Übergewicht über den Staat gewinnen“ und zu einem Umsturz im<br />

theokratischen Sinne führen würde! <strong>Die</strong>se Behauptung seitens<br />

eines Mannes, der in kirchliche Dinge so genau eingeweiht ist und<br />

der Kirche die grösste Sympathie entgegenbringt, scheint mir<br />

höchst beachtenswert. Er fürchtet ebenfalls, dass, sobald der<br />

Staat die Indifferenz gegen die Kirche als Prinzip einführt, „der<br />

Priester sich in die Familie hineindrängen wird, an die Stelle <strong>des</strong><br />

—————<br />

¹) Siehe auch Allgemeine Einleitung, S. <strong>19.</strong>

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