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Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts - Unilibrary

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10 Allgemeine Einleitung.<br />

schichte nicht zerlegt wie ein kundiger Anatom, sondern zerhackt<br />

wie ein Fleischer. <strong>Die</strong> Einnahme Roms durch Odoaker und durch<br />

<strong>Die</strong>trich von Bern sind nur Episoden in jenem Eintritt der<br />

Germanen in die Weltgeschichte, der ein Jahrtausend gewährt<br />

hat; das Entscheidende, nämlich die Idee <strong>des</strong> unnationalen<br />

Weltimperiums, hörte hiermit so wenig auf zu sein, dass sie im<br />

Gegenteil aus der Dazwischenkunft der Germanen auf lange<br />

hinaus neues Leben schöpfte. Während also das Jahr 1, als<br />

(ungefähres) Geburtsjahr Christi, ein für die Geschichte <strong>des</strong><br />

Menschengeschlechts und auch für die blosse Historie ewig<br />

denkwürdiges Datum festhält, besagt das Jahr 500 gar nichts.<br />

Noch schlimmer steht es um das Jahr 1500; denn ziehen wir hier<br />

einen Strich, so ziehen wir ihn mitten durch alle bewussten und<br />

unbewussten Bestrebungen und Entwickelungen —<br />

wirtschaftliche, politische, künstlerische, wissenschaftliche — die<br />

auch heute unser Leben ausfüllen und einem noch fernen Ziele<br />

zueilen. Will man durchaus den Begriff „Mittelalter“ festhalten, so<br />

lässt sich leicht Rat schaffen: dazu genügt die Einsicht, dass wir<br />

Germanen selber, mitsamt unserem stolzen <strong>19.</strong> Jahrhundert, in<br />

einer „mittleren Zeit“ (wie die alten Historiker zu schreiben<br />

pflegten), ja, in einem echten Mittelalter mittendrin stecken. Denn<br />

das Vorwalten <strong>des</strong> Provisorischen, <strong>des</strong> Übergangsstadiums, der<br />

fast gänzliche Mangel an Definitivem, Vollendetem,<br />

Ausgeglichenem ist ein Kennzeichen unserer Zeit; wir sind in der<br />

„Mitte“ einer Entwickelung, fern schon vom Anfangspunkte,<br />

vermutlich noch fern vom Endpunkte.<br />

Einstweilen möge das Gesagt zur Abweisung anderer<br />

Einteilungen, genügen; die Überzeugung, dass hier nicht<br />

willkürliches Gutdünken, sondern die Anerkennung der einen,<br />

grossen, grundlegenden Thatsache aller neueren Geschichte<br />

vorliegt, wird sich aus dem Studium <strong>des</strong> ganzen Werkes ergeben.<br />

Doch kann ich nicht umhin, meine Wahl <strong>des</strong> Jahres 1200 als<br />

eines mittleren bequemen Datums noch kurz zu motivieren.<br />

Das Jahr 1200<br />

Fragen wir uns nämlich, wo die ersten sicheren Anzeichen sich<br />

merkbar machen, dass etwas Neues im Entstehen begriffen ist,<br />

eine neue Gestalt der Welt an Stelle der alten, zer-

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