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Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts - Unilibrary

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1009 <strong>Die</strong> Entstehung einer neuen Welt. Politik und Kirche.<br />

Das war die rechte Tonart. Und es ist vollkommen falsch, wenn<br />

Lagarde behauptet, „es blieb alles beim Alten.“ <strong>Die</strong> Trennung von<br />

Rom, die Luther sein Leben lang mit so leidenschaftlichem<br />

Ungestüm verfocht, war die gewaltigste politische Umwälzung,<br />

welche überhaupt stattfinden konnte. Durch sie ist dieser Mann<br />

der Angelpunkt der Weltgeschichte geworden. Denn wie<br />

jämmerlich auch der weitere Verlauf der Reformation sich in<br />

mancher Beziehung gestalten sollte — wo habgierige, bigotte und<br />

(um mit Treitschke zu reden) „beispiellos unfähige“ Fürsten das<br />

endlich erwachte Germanien, so weit sie es vermochten, mit Feuer<br />

und Schwert wieder entgermanisierten und der Pflege der Basken<br />

und ihrer Kinder anvertrauten — Luther‘s That ging doch nicht<br />

unter, und zwar <strong>des</strong>wegen nicht, weil sie auf fester politischer<br />

Grundlage ruhte. Es ist lächerlich, die sogenannten „Lutheraner“<br />

zu zählen und danach Luther‘s Wirken zu ermessen; denn dieser<br />

Held hat die ganze Welt emanzipiert, und der heutige Katholik<br />

verdankt es ihm ebenso sehr wie jeder Andere, wenn er ein freier<br />

Mann ist.¹)<br />

Dass Luther mehr ein Politiker als ein Theolog war, schliesst<br />

natürlich nicht aus, dass die lebendige Kraft zu seinem Thun aus<br />

einem tiefinneren Quell floss: aus seiner Religion, die wir mit<br />

seiner Kirche nicht verwechseln wollen. Doch gehört das nicht in<br />

diesen Abschnitt; hier genügt es, das Eine zu sagen, dass Luther‘s<br />

inbrünstige Vaterlandsliebe ein Teil seiner Religion war. Aber auch<br />

ein Weiteres ist bemerkenswert, dass nämlich, sobald die<br />

Reformation als Schilderhebung gegen Rom aufgetreten war,<br />

—————<br />

¹) Über Luther‘s befreiende That, welche der ganzen Welt, auch den<br />

stockkatholischen Staaten zugute gekommen ist, sagt Treitschke (Politik I,<br />

333): Seit Martin Luther‘s grosser befreienden That ist mit der alten Lehre (der<br />

Überlegenheit der Kirche über den Staat) ganz und für immer nicht bloss in<br />

den evangelischen Ländern gebrochen worden. Man wird es einem Spanier<br />

allerdings nicht begreiflich machen, dass Spanien Martin Luther die<br />

Selbständigkeit seiner Krone verdankt. Luther sprach den grossen Gedanken<br />

aus, dass der Staat an sich eine sittliche Ordnung sei, ohne dass er der Kirche<br />

seinen schützenden Arm zu leihen brauche; hiebei liegt sein grösstes<br />

politisches Verdienst.“

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