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Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts - Unilibrary

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292 Das Erbe der alten Welt. <strong>Die</strong> Erscheinung Christi.<br />

Christum als moralisch zu den Juden gehörig erkennen. Ja, wenn<br />

wir sehr tief hinabsteigen, bis zu jenem Mittelpunkt der<br />

Erscheinung Christi, der U m k e h r d e s W i l l e n s, so<br />

müssen wir erkennen — und ich habe es am Anfang dieses<br />

Kapitels in dem Vergleich mit Buddha schon angedeutet — dass<br />

hier ein Jüdisches vorliegt, im Gegensatz zur arischen Verneinung<br />

<strong>des</strong> Willens. Letztere ist eine Frucht der Erkenntnis, der<br />

übergrossen Erkenntnis; Christus dagegen wendet sich an<br />

Menschen, bei denen der Wille übermächtig ist, nicht der<br />

Gedanke; was er um sich erblickt, ist der unersättliche, ewig<br />

gierige, ewig beide Hände nach aussen ausstreckende jüdische<br />

Wille; er erkennt die Macht dieses Willens und gebietet ihm —<br />

nicht Schweigen, sondern eine andere, neue Richtung. Hier muss<br />

man sagen: Christus i s t ein Jude, und seine Erscheinung<br />

kann nur verstanden werden, wenn wir diese speziell jüdischen<br />

Anschauungen, die er vorfand und sich zu eigen machte, kritisch<br />

begreifen gelernt haben.<br />

Ich sagte soeben, Christus gehöre „moralisch“ zu den Juden.<br />

<strong>Die</strong>ses ziemlich zweideutige Wort „Moral“ muss hier in einer<br />

engeren Bedeutung gefasst werden. Denn gerade in der<br />

moralischen A n w e n d u n g dieser Vorstellungen von Gottes<br />

Allmacht und Vorsehung, von den daraus folgenden<br />

unmittelbaren Beziehungen zwischen dem Menschen und der<br />

Gottheit und von dem Gebrauch <strong>des</strong> freien menschlichen Willens<br />

wich der Heiland in toto von den Lehren <strong>des</strong> Judentums ab; das<br />

liegt Jedem offen dar und ich habe es ausserdem im<br />

Vorhergehenden deutlich fühlbar zu machen gesucht; die<br />

Vorstellungen selbst aber, der Rahmen, in welchen die moralische<br />

Persönlichkeit sich einfügte und aus welchem sie nicht<br />

herausgelöst werden kann, die fraglose Annahme dieser<br />

Voraussetzungen, Gott und den Menschen betreffend, welche dem<br />

menschlichen Geist durchaus nicht ohne Weiteres zu eigen sind,<br />

sondern im Gegenteil die ganz individuelle Errungenschaft eines<br />

bestimmten Volkes im Laufe einer Jahrhunderte währenden<br />

geschichtlichen Entwickelung darstellen: das ist das Jüdische in<br />

Christus. Schon in den Kapiteln über hellenische Kunst und<br />

römisches Recht machte ich auf die Macht der I d e e n<br />

aufmerksam; hier haben wir wieder ein leuch-

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